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WAHL-SPEZIAL 5<br />
Linkekleinlaut: Wir habenPolitik<br />
vonoben gemacht<br />
Partei entsetzt über Absturzinder Gunst der Wähler im Osten<br />
Foto: dpa<br />
Kathrin Dannenberg,<br />
Spitzenkandidatin<br />
der<br />
brandenburgischen<br />
Linken<br />
Sie können es offensichtlich kaum fassen: Linke-Politiker in Sachsen<br />
blicken betroffen auf ihreZahlen.<br />
Potsdam/Dresden –Bei der<br />
Linken herrscht nach den<br />
Landtagswahlenn in Branden-<br />
nacktes<br />
burg und Sachsen<br />
Entsetzen. Die Partei, die<br />
einst als Ost-Partei par exceljeweils<br />
acht<br />
lence galt, hat<br />
Prozentpunkte verloren und<br />
dümpelt hier wie dort nach<br />
den ARD-Hochrechnungen<br />
nur noch bei zehn Prozent<br />
herum. In Sachsen ist die<br />
neue Protestpartei AfD fast<br />
dreimal so stark. Bei der Eudie<br />
Linke le-<br />
ropawahl hatte<br />
diglich knapp sechs Prozent<br />
erzielt.<br />
Kathrin Dannenberg, Spitder<br />
Branden-<br />
zenkandidatin<br />
burgischen Linken, zeig-<br />
te sich<br />
enttäuscht.<br />
„Wir haben Politik<br />
von<br />
oben gemacht,<br />
wir wa-<br />
zu wenig<br />
ren<br />
inden Regionen,<br />
haben zu<br />
wenig mit den<br />
Menschen geredet. Das ist ein<br />
Thema, das wir verpasst<br />
haben und das wir zu spät begonnen<br />
haben“, räumte sie in<br />
der ARD ein. Was die soziale<br />
Frage und die soziale Spaltung<br />
betreffe, seien die Menschen<br />
nicht erreicht worden.<br />
Der Vorsitzende der Linksfraktion<br />
im Bundestag, Dietmar<br />
Bartsch, twitterte: „Meine<br />
Partei hat an diesem Sonntag<br />
ein beispielloses Desaster<br />
erlebt, obwohlviele engagiert<br />
gekämpft haben.“ Sie müsse<br />
nun „strategische, programmatische<br />
und weitere Grundfragen<br />
stellen und beantworten“.<br />
Der Spitzenkandidat der<br />
sächsischen Linken, Rico<br />
Gebhardt, sagte im MDR: „Es<br />
ist eine Katastrophe, die wir<br />
da eingefahren haben. Das Ergebnis<br />
kann uns inkeinster<br />
Weise zufrieden stellen.“<br />
Brandenburgs Sozialministerin<br />
Susanna Karawanskij<br />
sprach von einem „bitteren<br />
DasblankeEntsetzen steht auch den Genossen in Potsdam ins Gesicht geschrieben.<br />
Ergebnis“. Klar sei, „dass es<br />
auf jeden Fall ein Weiter so<br />
nicht gibt“, sagte sie im RBB.<br />
Die Linke war in den vergangenen<br />
Jahren gegenüber der<br />
AfD immer stärker ins Hintertreffen<br />
geraten. Außerdem<br />
waren die Partei- und Fraktionsführung<br />
permanent in persönliche<br />
und strategische Auseinandersetzungen<br />
verstrickt,<br />
allen voran über die Flüchtlingspolitik,<br />
so dass immer unklarer<br />
wurde, wofür die Partei<br />
eigentlich steht.<br />
Zuletzt verzichteteFraktionschefin<br />
Sahra Wagenknecht auf<br />
eine erneute Kandidatur; die<br />
Neuwahl des Fraktionsvorstandes<br />
wurde aus Angst vor erneuten<br />
Konfliktenauf die Zeit nach<br />
der Thüringer Landtagswahl<br />
am 27. Oktober verschoben. Im<br />
nächsten Jahr steht auch die<br />
Neuwahl des Parteivorstandes<br />
an. Parteichefin Katja Kipping<br />
sagte: „Solche Zahlen schmerzen,<br />
das istganzklar.“ImOsten<br />
habe sich 30 Jahre lang etwas<br />
„in besonderer Art und Weise“<br />
ausgetobt, wasden Rechten den<br />
Boden bereitethabe, dassei der<br />
Marktradikalismus. Dieser erziehe<br />
Menschen dazu, den Ellenbogen<br />
einzusetzen. „Und<br />
von dieser Saat profitiert jetzt<br />
leider die AfD.“<br />
Ein kleiner Lichtblick aus<br />
linker Perspektive: Die Umfragen<br />
für die Linke im von Bodo<br />
Ramelow regierten Thüringen<br />
sind passabel. Denkbar ist,<br />
dass die rot-rot-grüne Koalition<br />
dort nach dem Wahltag<br />
weiter regieren kann.<br />
Markus Decker<br />
Spurten zu den Wahlurnen<br />
Es gaben deutlich mehr Wähler in Brandenburgund<br />
Sachsen ihreStimmen ab, als noch im Jahr 2014<br />
Potsdam/Dresden –Wahlmüdigkeit<br />
–das war gestern. Bei<br />
den Landtagswahlen in Brandenburg<br />
und Sachsen war auffällig,<br />
dass die Wahlbeteiligung<br />
deutlich höher ausfiel als gewöhnlich.<br />
In Sachsen lag sie laut<br />
ARD bei 65 Prozent und damit<br />
deutlich höher als 2014: Damals<br />
waren nur gut 49 Prozent der<br />
Wähler an die Urnen gegangen.<br />
In Brandenburggaben laut ARD<br />
60,5 Prozent der Wahlberechtigten<br />
ihre Stimme ab –gegenüber<br />
47,9 Prozent vor fünf Jahren.<br />
Im Bundesländervergleich<br />
waren bei den vergangenen<br />
Landtagswahlen nirgendwo so<br />
wenige Wahlberechtigte in die<br />
Wahllokale gegangen wie in<br />
Brandenburg und Sachsen.<br />
Allerdings zeichnete sich bereits<br />
bei der Bundestagswahl<br />
vor zwei Jahren ein Aufwärtstrend<br />
ab: In Brandenburg stieg<br />
die Wahlbeteiligung seit 2014<br />
um mehr als fünf Prozentpunkte<br />
auf 73,7 Prozent, in Sachsen<br />
stieg sie um fast sechs Prozentpunkte<br />
auf 75,4 Prozent.<br />
Foto: dpa<br />
60,5 Prozent der Wahlberechtigten gaben in BrandenburgihreStimme ab.<br />
Noch auffälliger war der Anstieg<br />
der Wahlbeteiligung bei<br />
der Europawahl im Mai. Von<br />
2014 auf 2019 stieg der Wert in<br />
Sachsen um 14,4 Prozentpunkte<br />
auf 63,6 Prozent. Auch Brandenburg<br />
erlebte einen Anstieg<br />
um fast 13 Prozentpunkte auf<br />
59,5 Prozent.<br />
Auch interessant: Männer<br />
wählen anders als Frauen –zumindest<br />
wenn es um SPD und<br />
AfD bei der Landtagswahl in<br />
Brandenburg geht. Nach einer<br />
ersten Erhebung der Forschungsgruppe<br />
Wahlen haben<br />
24 Prozent der wahlberechtigten<br />
Männer die Sozialdemokraten<br />
gewählt, aber 29 Prozent<br />
der wahlberechtigten Frauen.<br />
Bei der AfD sah das Verhältnis<br />
der Geschlechter andersherum<br />
aus: Die Partei bekam die Stimmen<br />
von 30 Prozent der wahlberechtigten<br />
Männer, aber nur<br />
von 19 Prozent der wahlberechtigten<br />
Frauen.