19.09.2019 Aufrufe

Berliner Kurier 18.09.2019

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

*<br />

POLITIK<br />

MEINE<br />

MEINUNG<br />

Von<br />

Tim<br />

Szent-Ivanyi<br />

Datenschutz nur<br />

für Gesunde?<br />

Gesundheitsminister Jens<br />

Spahn meint, Datenschutz<br />

sei nur etwas fürGesunde.<br />

So hateres2016 in<br />

einem Buch geschrieben.<br />

Der aufgedeckteFall von<br />

Millionen frei zugänglicher<br />

Patienteninformationen über<br />

Röntgen- und MRT-Aufnahmenzeigt,<br />

wie falsch dieser<br />

Ansatz ist. Fluch undSegen<br />

liegen oftnahe beieinander.<br />

Nicht anders ist es bei der<br />

Digitalisierung. So groß die<br />

Vorteile vonKlinikdatenbanken,elektronischen<br />

Patientenakten,<br />

Onlinerezepten<br />

oder Fitnesstrackernsein<br />

mögen,darfeines nicht vergessen<br />

werden: Es gibtkaum<br />

sensiblere Daten als die über<br />

den eigenen Gesundheitszustand.<br />

Sie sollten nichtindie<br />

falschen Hände geraten.<br />

Gerade für Gesundheitsinformationenmüssen<br />

höchste Standards gelten.<br />

Hier gibteserhebliche Lücken.<br />

Dasist schon deshalb<br />

fatal, weil die Kassen ab 2021<br />

jedem Versicherten eine<br />

elektronischePatientenakte<br />

anbieten müssen, gefüllt mit<br />

hochsensiblenDaten.Spahn<br />

muss praktikable Lösungen<br />

liefern, wie Digitalisierung<br />

undDatenschutz im Gesundheitswesen<br />

besser miteinander<br />

vereint werden<br />

können.<br />

MANN DESTAGES<br />

Manfred Weber<br />

Der CSU-Europapolitiker<br />

Manfred Weber hat den umstrittenen<br />

Titel des designierten<br />

Vizepräsidenten der<br />

EU-Kommission<br />

zum<br />

„Schutz der<br />

europäischen<br />

Lebensweise“<br />

verteidigt.<br />

Die Kritik<br />

an der Idee,<br />

dass die Lebensart<br />

als<br />

Europäer<br />

verteidigt werde in einer globalisierten<br />

Welt, könne er<br />

nicht nachvollziehen: „Zu<br />

meiner Definition von ,European<br />

way of life’ gehört, dass<br />

wir Migranten im Mittelmeer<br />

retten“, so Weber.<br />

Foto: Jean-Francois Badias/AP<br />

Frauen sehenbei der<br />

Rente alt aus<br />

Berlin – Im Berufsleben haben<br />

Frauen mit gravierenden<br />

Nachteilen zu kämpfen –und<br />

auch bei der Alterssicherung<br />

stehen sie deutlich schlechter<br />

da. Laut einer Studie erhalten<br />

sie im Schnitt 26 Prozent weniger<br />

Rente als Männer.<br />

Alexandra Niessen-Ruenzi, Professorin<br />

der Universität Mannheim,<br />

erklärt: „Grund für die<br />

Rentenlücke ist noch immer die<br />

dominierende Rolle der Frauen<br />

bei der Kinderbetreuung.“ Sie<br />

hat die Studie auf Basis von Zahlen<br />

des Instituts für Arbeitsmarkt<br />

und Berufsforschung<br />

(IAB) erstellt. „Im Schnitt hätte<br />

eine Frau, die mit 67 in den Ruhestand<br />

geht, nach heutigerBerechnung<br />

monatlich 140 Euro<br />

weniger gesetzliche Rente als<br />

ein Mann“, sagte sie der „Süddeutschen<br />

Zeitung“. Beziehe<br />

diese Frau 15 Jahre Rente, fehlten<br />

ihr rund 25000 Euro. Heutige<br />

Rentnerinnen erhalten nur 50<br />

Prozent der Altersbezüge von<br />

Männern.Das ist der größte AbstandinganzEuropa.<br />

Interessant: Mit 35 gibt es<br />

kaum Unterschiede zwischen<br />

den Rentenansprüchen der Geschlechter.<br />

Doch ab dann öffnet<br />

sich die Schere. Wenn Paare Familien<br />

gründen, reduzieren in<br />

der Regel die Frauen ihre<br />

Arbeitszeit. „Wenn man sich die<br />

aktuellen Scheidungsraten ansieht,<br />

sind viele Frauen nicht<br />

mehr über ihre Männer abgesichert“,<br />

so Niessen-Ruenzi.<br />

Grafiken: A-Digit/iStock, ./iStock<br />

Laut dem Statistischen<br />

Bundesamt lag die<br />

Scheidungsrate 2018 bei 32,9<br />

Prozent.<br />

Ralf Kapschack, rentenpolitischer<br />

Sprecher der SPD, sagte<br />

dem RedaktionsNetzwerk<br />

Deutschland (RND): „Frauen<br />

übernehmen auch heute noch<br />

den größten Teil der Familienarbeit,<br />

ohne dafür –trotz Mütterrente<br />

etc. – imAlter ausreichend<br />

honoriert zu werden. Gerade<br />

die Diskussion über ein<br />

grundsätzliches, ausnahmsloses<br />

Rentensplitting zwischen Ehepartnern<br />

und die bessere Berücksichtigung<br />

der Pflege von<br />

Angehörigen muss schnell auf<br />

den Tisch. Das sind Ansatzpunkte<br />

für dringend notwendige<br />

Verbesserungen. Die müssen<br />

Erwartete monatliche Rentenansprüche<br />

In Euro je Altersgruppe<br />

1500 €<br />

1200 €<br />

900 €<br />

600 €<br />

300 €<br />

Männer<br />

Frauen<br />

Alter<br />

20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 67<br />

RND-Grafik; Quelle: Niessen-Ruenzi/Schneider (2019)<br />

1419 €<br />

1008 €<br />

in der gesetzlichen Rente organisiert<br />

werden, denn es sind gesellschaftliche<br />

Aufgaben.“ Rentenpolitiker<br />

Peter Weiß (CDU)<br />

sieht die Ergebnisse der Studie<br />

eher kritisch:„Die Unterschiede<br />

bei den Renten von Frauen und<br />

Männern sind keine Folge des<br />

Systems der gesetzlichen Rentenversicherung.“<br />

Sie entstünden<br />

vor allem durch geringere<br />

Erwerbstätigkeit von Frauen,<br />

sobald Kinder geboren werden.<br />

Die Möglichkeit des Rentensplittings,<br />

also eines hälftig geteilten<br />

Rentenanspruchs, sei geeignet,<br />

einen guten partnerschaftlichen<br />

Ausgleich zu finden,<br />

so Weiß.<br />

„Das Studienergebnis ist auch<br />

Ausdruck der schwächeren<br />

Stellung von Frauen am Arbeitsmarkt“,<br />

sagte hingegen Markus<br />

Kurth, Rentenexperte der Grünen,<br />

dem RND. „Die Lage der<br />

Frauen hat sich zwar zuletzt<br />

verbessert. Geht es allerdings in<br />

dem Schneckentempo weiter,<br />

braucht es bis zur Gleichstellung<br />

der Geschlechter in der<br />

Rente noch Jahrzehnte.“ Es liege<br />

nicht zuletzt an den Arbeitgebern<br />

und der Regierung, den<br />

Weg für eine gerechte Arbeitsteilung<br />

freizumachen. Kurth<br />

fordert dafür unter anderem<br />

eine bessere Infrastruktur für<br />

die Pflege von Angehörigen und<br />

eine schärfere Durchsetzung<br />

des Prinzips:„Gleicher Lohn für<br />

gleiche Arbeit.“ Im Schnitt verdienen<br />

Frauen für die gleiche<br />

Arbeit momentan 21 Prozent<br />

weniger als Männer.<br />

Streit über Rüstungsexporte<br />

Unionspolitikerwill WaffenanSaudi-Arabienliefern,Merkelwiderspricht: „Keineveränderte Haltung“<br />

Berlin –Braucht Saudi-Arabien<br />

nach den Angriffen auf seine Ölanlagen<br />

mehr deutsche Waffen?<br />

Jürgen Hardt(CDU), außenpolitischer<br />

Sprecher der Union, hat<br />

das befürwortet. Esfolgten empörte<br />

Proteste des Koalitionspartners<br />

–und ein Machtwort<br />

der Kanzlerin.<br />

Hardt hatte gegenüber dem<br />

RedaktionsNetzwerk Deutschland<br />

(RND) argumentiert, die<br />

Anschläge zeigten, dass der<br />

Selbstschutz Saudi-Arabiens im<br />

Stabilitätsinteresse Deutschlands<br />

liege. Offiziell gilt fürdie islamistische<br />

Diktatur noch ein<br />

Waffenexportverbot bis Ende<br />

September. Seit März ist die Zulieferung<br />

für Gemeinschaftsprojekte<br />

mit Bündnispartnern wieder<br />

erlaubt. SPD-Fraktionsvize<br />

Sören Bartol hatte die Hardt-<br />

Forderung zurückgewiesen.<br />

„Der Unionscheintgerade etwas<br />

der außenpolitische Kompass<br />

abhandenzukommen. Es hat sich<br />

seit der Entscheidung des Bun-<br />

Studie:Bezüge<br />

26 Prozentgeringer<br />

als bei Männern<br />

dessicherheitsrats Ende März<br />

nichtsander Situation in Saudi-<br />

Arabien verbessert“, sagte er<br />

dem RND. „Wo Krieg geführt<br />

wird, gehören keine deutschen<br />

Waffen hin.“ Die Grünen lehnten<br />

Hardts Forderung ebenfalls<br />

strikt ab: „Esist aberwitzig, angesichts<br />

der EskalationimGolf die<br />

Risiken dort mit weiteren Rüstungsexportennoch<br />

mehr zu erhöhen“,<br />

erklärte die Grünen-<br />

Verteidigungspolitikerin Agnieszka<br />

Brugger.<br />

Auch die Kanzlerin schloss<br />

sich dieserSichtweise am Dienstag<br />

überraschend an. „Ich sehe<br />

im Augenblick keine VoraussetzungfüreineveränderteHaltung<br />

der Bundesregierung“, sagte sie<br />

vor Journalisten. Damit scheint<br />

die Entscheidung für eine Verlängerung<br />

des Exportstopps gefallen.<br />

Dieser galt zunächst nur<br />

bis Ende September. Nun wird<br />

erwartet, dass das zuständige Sicherheitskabinett<br />

ihn für weitere<br />

sechsMonate verlängert.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!