Stahlreport 2019.10
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Messen<br />
und Märkte<br />
Schwerpunkt Konjunktur<br />
Wie die Metallbearbeitung auf die<br />
Werkzeugmaschinenmärkte reagiert<br />
Fakten und Fantasien<br />
auf der EMO<br />
Wie verbreitet man in Zeiten konjunkturellen Rückgangs trotzdem<br />
optimistisch stimmende Botschaften? Vor dieser Herausforderung<br />
standen Mitte September die Verantwortlichen der EMO in Hannover.<br />
Ihre Antworten für die Werkzeugmaschinenbranche orientierten<br />
sich an Fakten und Fantasien, wobei deren jeweilige Grenzen<br />
schwer auszumachen sind. Dieses Muster galt für den verbandlichen<br />
Akteur VDW ebenso wie für beteiligte Unternehmen.<br />
Im Mittelpunkt der Fakten standen<br />
quantitative und qualitative Markteischätzungen,<br />
wie sie etwa Carl Martin<br />
Welcker, Generalkommissar der<br />
EMO Hannover 2019, oder Dr. Wilfried<br />
Schäfer, Geschäftsführer im Verein<br />
Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken<br />
(VDW), im Rahmen der Eröffnungspressekonferenz<br />
am Messemontag<br />
verbreiteten. Demnach hat dieser<br />
Branchenverband seine Produktionsprognose<br />
für Deutschland und das<br />
Jahr 2019 auf minus 2 % revidiert –<br />
nach acht Jahren der Hochkonjunktur.<br />
Zur Begründung wurde darauf<br />
verwiesen, dass sich die weltweite<br />
Investitionsgüternachfrage seit dem<br />
vierten Quartal 2018 deutlich beruhigt<br />
hat. Entsprechend ist der Auftragseingang<br />
im ersten Halbjahr 2019 in<br />
allen Regionen kräftig ins Minus<br />
gerutscht. Für Deutschland sank dieser<br />
Wert bis einschließlich Juli um<br />
mehr als ein Fünftel (- 21 %). Dabei<br />
stellten sich die Auftragseingänge aus<br />
dem Inland (- 19 %) besser dar, als die<br />
aus dem Ausland (- 23 %).<br />
Die Kapazitätsauslastung betrug<br />
in den ersten sechs Monaten durchschnittlich<br />
88,9 % und entsprach damit<br />
allerdings immer noch dem langjährigen<br />
Durchschnitt.<br />
Neben diesen quantitativen Botschaften<br />
beeinflussten auf der sechstägigen<br />
EMO aber vor allem qualitative<br />
Hinweise die Stimmung der Branche.<br />
Die machte sich nämlich bewusst,<br />
dass die Automobilindustrie ihr größter<br />
Abnehmer ist – ein Marktakteur,<br />
der sich erst am Anfang eines gewaltigen<br />
Transformationsprozesses befindet,<br />
der vor allem auf einem Wechsel<br />
bei den Antriebstechnologien basiert<br />
– mit weitreichenden Folgen, denn:<br />
Forscher von FEV Consulting hätten<br />
bezogen auf 118 Mio. Neuzulassungen<br />
in 2018 für 2030 einen globalen Anteil<br />
voll elektrifizierter Fahrzeuge von<br />
19 % berechnet. Diese Experten wiesen<br />
in diesen Zusammenhängen auf<br />
64 % weniger Wertschöpfungspotenzial<br />
im Fertigungsprozess für den reinen<br />
Elektrobetrieb sowie auf 24 %<br />
mehr beim Plug-in-Hybrid hin.<br />
An solchen Differenzierungen<br />
macht sich auch die bereits angesprochene<br />
Fantasie der Beteiligten fest.<br />
So wurde in der Eröffnungspressekonferenz<br />
darauf hingewiesen, dass<br />
in der Fertigung wegfallende Bereiche<br />
durchaus über neue Anforderungen<br />
kompensiert werden könnten.<br />
Genannt wurden in diesen Zusammenhängen<br />
beispielsweise Effizienzverbesserungen<br />
bei den verbleibenden<br />
Verbrennungsmotoren und Getrieben<br />
durch optimierte Oberflächen, die<br />
Reduzierung von Geräuschemissionen,<br />
der Schutz vor Bauteilverschleiß<br />
oder die Neuauslegung leistungsfähiger<br />
Bremssysteme. Insgesamt gäben<br />
die ehrgeizigen Klimaschutzziele bis<br />
2030 Anlass zur Hoffnung sowie –<br />
ganz generell – die anstehende Digitalisierung,<br />
wie sie sich in der Branche<br />
verbandlich durch die standardisierte<br />
Schnittstelle umati realisiere.<br />
Foto: VDW<br />
Standardisierte Schnittstelle<br />
Zu den Fakten diesseits der Fantasien<br />
gehörten auf der EMO die Vorstellung<br />
und Erprobung von umati: universal<br />
machine tool interface – eine Schnittstelle,<br />
über die unterschiedliche<br />
Maschinen bzw. Softwaren selbstständig<br />
miteinander kommunizieren können.<br />
Vor gut zwei Jahren hatte der VDW<br />
diesen Ansatz auf den Weg gebracht<br />
– mit dem Ziel, auf der Basis von OPC<br />
UA als internationale Basis weltweit<br />
und kostenlos eine neue Ära in der<br />
Produktion einzuläuten. Denn die Verbindung<br />
und eine einheitliche Sprache<br />
von Maschinen, Anlagen und Software<br />
ist eine der wichtigsten Voraussetzungen,<br />
um in der Fertigung aus der<br />
Digitalisierung Nutzen zu ziehen.<br />
Wenn sich die einzelne Firma nicht<br />
darum kümmern muss, dass die Vernetzung<br />
funktioniert, sei dies ein ungeheurer<br />
Fortschritt, sagte Dr. Heinz-<br />
Jürgen Prokop, Vorsitzender des VDW,<br />
im Rahmen einer Pressekonferenz in<br />
Hannover.<br />
Dass der Ansatz funktioniert,<br />
bewiesen auf der Messe 70 Unternehmen<br />
aus zehn Ländern, die auf dem<br />
Ausstellungsgelände in Hannover 110<br />
Werkzeugmaschinen und 28 Mehrwertdienste<br />
zum EMO-Showcase<br />
zusammengeschaltet hatten.<br />
Der eigentliche Startschuss aber<br />
steht erst noch bevor. Nach Einschätzung<br />
von Heinz-Jürgen Prokop dürfte<br />
es noch bis Mitte des kommenden Jahres<br />
dauern, bis die umati-Version 1.0<br />
auf den Markt kommt. Bis dahin stünden<br />
noch zahlreiche Abstimmungen<br />
auf dem Programm – insbesondere<br />
im internationalen Bereich. 2<br />
<strong>Stahlreport</strong> 10|19<br />
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