DPMA - Erfinderaktivitäten 2005/2006
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Formgedächtnis-Polymere (Shape-Memory Polymers, SMP) als<br />
Materialien der Zukunft<br />
Dr. Thomas J. Reitinger, Abt. 1.44<br />
Polymere haben aufgrund ihres Aufbaus ein eingebautes Formgedächtnis. Wenn Polymere erhitzt<br />
werden, fallen sie aus einem kristalloiden Zustand wieder in ihren amorphen Ausgangszustand zurück.<br />
Bei einigen Polymeren kann dieser Zustand über bis zu zwei Stufen verlaufen. Formgedächtnis-Polymere<br />
sind maßgeschneiderte, intelligente und selbst reparierende Hochleistungskunststoffe, die sich an ihre<br />
frühere äußere Form trotz einer zwischenzeitlich starken Umformung scheinbar „erinnern“ können.<br />
Entsprechend ihrem breiten Eigenschaftsprofil ist das Anwendungspotenzial dieser Shape-Memory-<br />
Polymers (SMP) insbesondere im Bereich der Biowissenschaften sehr groß.<br />
1. Einleitung<br />
Stimuli-sensitive Materialien sind Werkstoffe, die auf einen<br />
äußeren Auslöseimpuls mit einer Änderung ihrer<br />
makroskopischen Eigenschaften reagieren. Ist von dieser<br />
Änderung auch die äußere Form betroffen, so spricht man<br />
von einem Formgedächtniseffekt. Erfolgt die äußere<br />
Verformung in Folge einer Temperaturänderung, spricht<br />
man von einem thermisch induzierten Formgedächtniseffekt<br />
[1]. Es sind aber auch mechanische,<br />
magnetische und elektrische Stimuli realisiert [4][5][7][39].<br />
Ist das stimuli-sensitive Material ein Polymer handelt es<br />
sich um ein Formgedächtnis-Polymer. SMPs beschränken<br />
sich derzeit hauptsächlich auf den thermisch induzierten<br />
Formgedächtniseffekt [2][3].<br />
Formgedächtnis-Polymere können deformiert und wieder<br />
in vordefinierten Formen, wie z.B. gestreckten Filmen und<br />
Röhren, Bögen oder Spiralen fixiert werden. Bei einem<br />
Kotflügel beispielsweise liegt zunächst die unbeschädigte<br />
Ursprungsform vor. Durch einen Aufprall entsteht eine<br />
temporäre Form, die sich u.a. durch Erwärmen wieder in<br />
die ursprüngliche Form zurück verwandelt - der Kunststoff<br />
hat sich sozusagen selbst repariert.<br />
Das Anwendungspotenzial dieser intelligenten<br />
Hochleistungspolymere ist aufgrund ihres breiten<br />
Eigenschaftsprofils enorm. Es umfasst die Bereiche<br />
Medizintechnik (stimuli-sensitive Implantate, Stents, Tissue<br />
Engineering) bzw. Medizin (minimal invasive Chirurgie)<br />
und Kosmetik bis hin zu Hochleistungstextilien und<br />
selbstreparierende<br />
mobiltechnik.<br />
Kunststoffbauteile in der Auto-<br />
2. Molekularer Mechanismus des Formgedächtnis-Effektes<br />
in Polymeren<br />
Unter einem Formgedächtnis-Effekt ist die Fähigkeit eines<br />
Materials zu verstehen, in seine ursprüngliche Form<br />
entweder nach einer mechanischen Verformung, wobei es<br />
sich um einen Ein-Wege-Effekt handelt (Figur 1), oder<br />
durch Abkühlen und Erwärmen (Figur 2), wobei ein<br />
Zweiwege-Effekt vorliegt, zurückzukehren. Die<br />
Formgedächtnis-Kunststoffe erinnern sich also<br />
beispielsweise nach einer unerwünschten oder zufälligen<br />
Deformation („Delle“ in einem Kotflügel) an ihre ursprüngliche<br />
Form, welche z.B. durch einfaches Erwärmen<br />
wieder hergestellt werden kann. Dieses Phänomen basiert<br />
auf einem strukturellen Phasenübergang.<br />
Figur 1: Prinzip des Einwege-Formgedächtnis-Effektes; aus [40].<br />
<strong>Erfinderaktivitäten</strong> <strong>2005</strong>/<strong>2006</strong> 75