5-19_DER Mittelstand_web
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<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 5 | 20<strong>19</strong><br />
KULTUR<br />
115<br />
Van Gogh (Willem Dafoe) in Südfrankreich.<br />
Trost in der Verzweiflung: Vincent van Gogh mit Bruder Theo (Rupert Friend).<br />
Foto: © DCM<br />
und Schatten. Wir sind im Kopf van Goghs<br />
und sehen seine Hände seine Visionen umsetzen.<br />
Das Ohr und das Ende<br />
Sein einziger Freund – neben dem fürsorglichen<br />
Bruder Theo – ist Künstlerkollege<br />
Paul Gauguin (Oscar Isaac), der ihm bei einem<br />
Besuch in Arles genau das vorwirft: „Du<br />
bist zu schnell, du malst und übermalst, bis<br />
deine Bilder fast Skulpturen sind.“ Die Dialoge<br />
der beiden skizzieren einen der großen<br />
Momente der modernen Kunstgeschichte:<br />
„Irgendwann malst du nicht mehr, was du<br />
siehst, sondern was in dir ist.“ Der Film illustriert<br />
nichts weniger als das Ende der gegenständlichen<br />
Kunst – und taucht auch das<br />
Ende van Goghs in diese fiebrig-verschwommenen,<br />
verstörenden Bilder, die wohl im Kopf<br />
des Malers kreisten. Gauguin verlässt van<br />
Gogh, der Disput klingt nach, und van Gogh<br />
nimmt ihn sich zu Herzen: Er schneidet sich<br />
das linke Ohr ab, dem Freund als Versöhnungsgeschenk<br />
zugedacht. Das ist man im<br />
provinziellen Arles nicht gewohnt – van Gogh<br />
wird in die Anstalt eingeliefert. Der nächste<br />
Freigang mündet in einen ungeklärten Vor-<br />
VAN GOGH – AN <strong>DER</strong> SCHWELLE<br />
ZUR EWIGKEIT<br />
Biographie, Frankreich 2018, FSK 6<br />
Regie Julian Schnabel<br />
Drehbuch Julian Schnabel,<br />
Jean-Claude Carrière<br />
Mit Willem Dafoe, Rupert Friend,<br />
Oscar Isaac, Mads Mikkelsen<br />
Ab 4. Oktober auf Blu-Ray, DVD und VoD<br />
fall mit einer Schäferin, die van Gogh spontan<br />
zeichnen will. Der Vorwurf der Vergewaltigung<br />
hängt drohend über ihm, es folgt auf<br />
Initiative Theos ein Aufenthalt in Auvers-sur-<br />
Oise, wo er innerhalb von 80 Tagen 70 Bilder<br />
malt – bis er bei einem Überfall in den Bauch<br />
geschossen wird und stirbt. Das ist historisch<br />
zweifelhaft, doch bis hierhin hat uns<br />
Julian Schnabel soweit, nur noch unserer eigenen<br />
Innenschau – also der van Goghs – zu<br />
trauen. Das gelingt nur einem Regisseur, der<br />
auch Maler ist.<br />
Bernd Ratmeyer<br />
Journalist<br />
mittelstand@<br />
bvmw.de