5-19_DER Mittelstand_web
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<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 5 | 20<strong>19</strong><br />
SCHWERPUNKT<br />
33<br />
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neue Märkte<br />
Moritz und Julius Kloss gemeinsam mit Carl Foerster in Freyburg an<br />
der Unstrut (Sachsen) gegründet. Sie produzieren unter dem Namen<br />
„Kloss und Foerster“ einen Sekt, den sie nach der roten Kapsel über<br />
dem Korken liebevoll Rotkäppchen taufen. Mit diesem seit 1895 eingetragenen<br />
Warenzeichen beginnt eine veritable deutsche Erfolgsgeschichte<br />
– bis <strong>19</strong>45.<br />
Nach Kriegsende muss Rotkäppchen den Weg der meisten ostdeutschen<br />
Unternehmen gehen: Zwangsverwaltung, Enteignung, Überführung<br />
in Volkseigentum. Doch Rotkäppchen bleibt der beliebteste<br />
Sekt in Ostdeutschland – Parteibonzen wie Bürger stoßen gerne<br />
mit ihm an, sei es beim Staatsakt oder ganz privat. Wacker produziert<br />
der VEB Rotkäppchen-Sektkellerei Freyburg die vorgeschriebenen<br />
15 Millionen Flaschen jährlich. Ein echter sozialistischer Vorzeigebetrieb<br />
- dafür gibt der Staat gerne Valuta, also Devisen, mit denen<br />
Trauben aus dem imperialistischen Ausland gekauft werden, um das<br />
Plansoll zu erfüllen. So geht alles seinen sozialistischen Gang bis<br />
zu jenem historischen Datum <strong>19</strong>89: Die Maueröffnung im November<br />
wird noch begeistert mit Rotkäppchen-Sekt gefeiert, doch schon<br />
das Silvestergeschäft bricht dramatisch ein: Die Ostdeutschen wollen<br />
Westwaren, auch um den Jahreswechsel zu begießen.<br />
Von der „Ostbrause“ zur gesamtdeutschen Marke<br />
Dem Freyburger Schaumwein droht nun das Schicksal von Trabant<br />
und Wartburg. <strong>19</strong>91 gehen nur noch eine Million Flaschen über<br />
den Tresen. Die Treuhandanstalt wandelt die Kellerei in eine GmbH<br />
um. <strong>19</strong>93 trifft eine Gruppe leitender Mitarbeiter eine mutige Entscheidung:<br />
Sie erhalten im „Management Buy Out“ den Zuschlag,<br />
Rotkäppchen zu privatisieren. Unter der Führung des langjährigen<br />
technischen Leiters Günter Heise beginnt eine deutsch-deutsche<br />
Erfolgsgeschichte. Binnen zwei Jahren gelingt es Heise, die<br />
Zehn-Millionen-Marke zu überschreiten. Mit einem auf die neuen<br />
Marktbedingungen abgestimmten Werbekonzept etabliert sich Rotkäppchen-Sekt<br />
auf dem gesamtdeutschen Markt. Dabei setzt das<br />
Unternehmen nicht wie andere überlebende Ostmarken auf Ostalgie<br />
und Retro-Charme, sondern macht aus der Ostbrause eine gesamtdeutsche<br />
Marke. Im Jahr 2002 übernimmt Rotkäppchen die Sektmarken<br />
Mumm, Jules Mumm und MM Extra. Zugleich wird immer<br />
intensiver geworben: Den TV-Werbespot mit der Dame in Rot am<br />
Bahnhof kennt inzwischen jeder. Um die Jahrtausendwende gibt das<br />
Unternehmen mehr als 15 Millionen Euro für Werbung, TV-Sponsoring<br />
und Kooperationen wie beispielsweise mit dem Circus Roncalli<br />
aus. Heute kaufen 40 Prozent der Haushalte in Deutschland einmal<br />
im Jahr eine Flasche Rotkäppchen. Der Marktanteil betrug im vergangenen<br />
Jahr 54 Prozent. Das macht Rotkäppchen zur bekanntesten<br />
ehemaligen Ostmarke und zur Marke, an die Deutsche am häufigsten<br />
denken, wenn sie das Wort Sekt hören.<br />
Gut zu wissen<br />
Werner & Mertz GmbH<br />
Gründung: 1867<br />
Geschäftsführender Gesellschafter: Reinhard Schneider,<br />
Mitglied im Bundeswirtschaftssenat und Vorsitzender der<br />
BVMW Kommission für Energie und nachhaltiges Wirtschaften<br />
www.werner-mertz.de<br />
Reinhard Schneider erhält Deutschen Umweltpreis<br />
Der Deutsche Umweltpreis geht dieses Jahr an Reinhard<br />
Schneider. Der Preis wird am 27. Oktober von Bundespräsident<br />
Frank-Walter Steinmeier überreicht.<br />
Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien GmbH<br />
Gründung: 1856<br />
Geschäftsführer: Christof Queisser, Frank Albers,<br />
Dr. Mike Eberle<br />
BVMW-Mitglied<br />
www.rotkaeppchen-mumm.de<br />
Bernd Ratmeyer<br />
Journalist<br />
mittelstand@bvmw.de