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The Red Bulletin November 2019 (DE)

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«Würde ich mich<br />

heute als jungen<br />

Künstler ent decken,<br />

würde ich mich<br />

in zwei Jahren zum<br />

Superstar machen.»<br />

Erzähl von dieser Phase.<br />

2012 hatte ich ein Hoch. Ich hab 20.000 Platten<br />

verkauft, hatte kurz danach ein Nummer-1-Album.<br />

Aber alles, was danach kam, waren Projekte, hinter<br />

denen ich nicht stand. Aber ich dachte, ich müsste sie<br />

machen. Ich war auch viel unerfahrener, hatte noch<br />

nicht meine Intuition von heute. Eines Tages bin ich<br />

aufgewacht, hab mein Handy genommen und mich<br />

gegoogelt. Ich hab mir die Bilder angeschaut und mir<br />

gedacht: Das bin ich nicht. In diese Situation werde<br />

ich nie wieder kommen.<br />

Wie bist du damals wieder rausgekommen?<br />

Ich hab meinem Manager gesagt: Sag alles ab. Ich<br />

muss mich finden. Danach kam eine Tiefphase, ich<br />

hatte nur noch 200 Euro, Stress mit dem Finanzamt.<br />

Da habe ich gemerkt: Die Musikwelt ändert sich, und<br />

ich bin vom alten Eisen. Cloudrap wurde plötzlich<br />

gross, Instagram und Streaming wurden immer wichtiger.<br />

Mir war klar, wenn ich da weiter dazugehören<br />

will, muss ich üben. Wie ein Boxer. Ich war jeden Tag<br />

im Studio. Ich hab bestimmt 50 bis 100 Songs aufgenommen,<br />

von denen die Hälfte nie rausgekommen<br />

ist. Ich hab gearbeitet wie ein Tier, an meinem Flow,<br />

an meiner Technik.<br />

Damit hast du RAF Camora wiederbelebt, Ende<br />

2020 wird es ihn endgültig nicht mehr geben.<br />

Was bringt dein neues Leben?<br />

Es gibt auch noch andere Ziele, eine Familie zum<br />

Beispiel. Vielleicht komm ich da mal weiter. Vielleicht<br />

kann ich das Leben, das ich jetzt führe, mal<br />

abschliessen. Und schlaf nicht mehr jede Nacht im<br />

Hotel und in einer anderen Stadt.<br />

Du hattest im Leben immer wieder Einschnitte,<br />

bist mit fünfzehn nach Marseille gegangen, lebst<br />

seit zwölf Jahren in Berlin. Jetzt begräbst du RAF<br />

Camora. Brauchst du die Neuanfänge?<br />

Ja, sehr. Ich muss mich immer wieder häuten. Sonst<br />

hab ich das Gefühl, stecken zu bleiben. Wenn ich<br />

etwas Neues mache, hab ich das Gefühl, ich will den<br />

Himmel aufbrechen. Als gebe es keine Grenzen. Das<br />

sind auch die Zeiten, in denen ich am besten schlafe.<br />

Du hast heute deine eigene Management-Agentur.<br />

Würdest du mit dem jungen Raf arbeiten, wenn<br />

du ihn finden würdest?<br />

Ganz ehrlich: Wenn ich mich heute finden würde,<br />

würde ich mich innerhalb von zwei bis drei Jahren<br />

zum Superstar machen. Ich war so hungrig, ich hab<br />

so viel gearbeitet. Hätte ich gute Ratschläge bekommen,<br />

hätte ich es viel früher geschafft. Aber ich<br />

glaub, dass alles einen Sinn hat. Vielleicht hätte ich<br />

es damals psychisch nicht verkraftet.<br />

Welche Ratschläge würdest du dir geben?<br />

Erstens die vier grossen Regeln, die wir allen Künstlern<br />

mitgeben: 1. Misch weder Politik noch Religion<br />

in deine Musik. 2. Pass auf, mit wem du Sex hast.<br />

3. Zahl deine Steuern, die können dich richtig fertigmachen.<br />

4. Pass auf mit Drogenkonsum. Aber das<br />

Wichtigste: Beschreib mit drei Worten, wer du bist.<br />

Und sei in allen drei Aspekten der Beste.<br />

Was sind die drei Worte bei dir?<br />

Rabe, Wien und Dancehall. Es gibt in allen drei<br />

Dingen niemanden, der stärker ist als ich. Niemand<br />

wird so sehr mit dem Raben-Symbol verbunden wie<br />

ich (zu sehen etwa auf Rafs rechtem Unterarm oder<br />

dem Albumcover zu «Zenit»; Anm.), niemand steht so<br />

sehr für diese Stadt und diese Musikrichtung wie ich.<br />

Zumindest im deutschsprachigen Raum.<br />

Zur Ankündigung deines neuen Albums bist du<br />

mit einem Speedboat über die Donau gefahren,<br />

tausende Fans standen am Ufer. Hast du nicht<br />

Angst, dass du solche Momente verpasst, wenn du<br />

das Kapitel RAF Camora schliesst?<br />

Keine Frage, der Tag in Wien war Wahnsinn. Das war<br />

ein Support, eine Liebe von der ganzen Stadt, das<br />

war surreal. Wie auf Ecstasy, ich schwöre. Trotzdem<br />

glaube ich eher, ich verpasse etwas, wenn ich das<br />

Kapitel RAF Camora nicht schliesse. Und es kommt<br />

ja noch was, bis zum 18. 12. 2020 geht es weiter. Ich<br />

werde in diesen anderthalb Jahren arbeiten, wie ich<br />

noch nie gearbeitet habe.<br />

Wie möchtest du, dass man sich an RAF Camora<br />

erinnert?<br />

Er hat alles zerlegt.<br />

Instagram: @raf_camora<br />

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