Ohne Elektrifizierung geht es nicht Auto Schweiz Direktor Andreas Burgener sieht sowohl für alternative Antriebstechnologien als auch den Verbrennungsmotor eine Zukunft. Klimaneutrale Treibstoffe, E-Autos und vernetzte Mobilität werden aber an Bedeutung gewinnen. TEXT FELIX MAURHOFER | FOTOS EMANUEL FREUDIGER Andreas Burgener, Direktor Auto Schweiz, prognostiziert höhere Kosten für die Mobilität 4 touring <strong>eMotion</strong>
<strong>eMotion</strong> Wie viele E-Autos werden bis 2020 immatrikuliert sein? Auto Schweiz hat die Strategie, dass es bis dahin 10 Prozent sein sollen. Das heisst reine Stromer, Plug-in-Hybride und Brennstoffzellenfahrzeuge. Dieses Ziel können die Autoimporteure nicht alleine erreichen. Dazu müssen der Staat, die Kantone und die Gemeinden, private Investoren und Immobilienfirmen mithelfen, die Ladeinfrastruktur auf- und auszubauen. Denn es ist wichtig, dass die Steckerfahrzeuge zuhause oder am Arbeitsplatz aufgeladen werden können. Die Hersteller sind dabei besonders gefordert, denn ab 2020 muss die Limite von 95g CO2/km eingehalten werden? Deshalb wird die Produktion von alternativ angetriebenen Fahrzeugen hochgefahren. Der Branche ist bewusst, dass es ohne Elektrifizierung nicht geht. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass Strom und Wasserstoff klimaneutral hergestellt werden müssen. Ist dies der Fall, müsste das auch in die CO2- Bilanz eingerechnet werden. Bedeutet das, dass der Verbrennungsmotor verschwinden wird? So schnell noch nicht. Denn besonders Dieselhybride sind hocheffiziente Aggregate für lange Distanzen. Zudem ist die Effizienz der Verbrenner nicht ausgereizt. Da liegen mindestens noch 10 Prozent drin. Wesentlich ist aber, dass das Antriebssystem auf die Nutzung der Konsumenten abgestimmt ist. Je nachdem machen dann Elektro-, Gas- oder Hybridantrieb Sinn. Wären synthetische Treibstoffe eine Alternative? Die Technik dafür ist vorhanden, jedoch ist der Preis noch nicht markttauglich. Audi propagiert ja die Strategie «Power to gas». Das heisst, mit überschüssiger Windenergie Wasserstoff produzieren, mit CO2 anreichern und so das synthetische E-Gas herstellen. Dieses energieeffiziente Verfahren müsste dann meiner Meinung nach der CO2-Bilanz im Betrieb angerechnet werden. Die Energieindustrie muss also ihren Fokus auf die Produktion von speicherbarer Alternativenergie richten? Ja, das erachte ich als eine der grössten Herausforderungen. Es muss in Bezug auf die Mobilität in Zukunft gelingen, mit Überschussenergie Wasserstoff oder synthetische Treibstoffe zu produzieren. Dann ist das Ziel, einmal klimaneutral unterwegs zu sein, keine Utopie? Verschiedene Hersteller haben sich dahingehend geäussert. Sie sind der Meinung, dass es bis 2050 möglich sein sollte, ohne fossile Treibstoffe unterwegs zu sein. Die Frage ist aber, wird der Endkunde bereit sein, dafür einen höheren Preis zu bezahlen? Und zwar sowohl für das Fahrzeug als auch für den Treibstoff. Wir müssen uns bewusst sein, dass die Energiewende Geld kosten wird. Gefordert ist nicht nur der Individualverkehr, wir müssen dazu die Energieeffizienz der Nutzfahrzeuge verbessern. Die Umstellung auf Alternativantriebe reicht also nicht aus? Nein. Zentraler Punkt ist doch, wie wir künftig die Energie bereitstellen. Wir müssen in der Lage sein, insbesondere den Strom klimaneutral zu produzieren. «Die Mobilität ist grundsätzlich ein Wachstumsmarkt» Steht die Brennstoffzelle im Fokus? Die Herstellung von Wasserstoff benötigt sehr viel Energie, das Speichern und der Transport des leichtflüssigen Wasserstoffs ist nicht ganz trivial. Trotzdem sind Brennstoffzellenfahrzeuge klar eine Möglichkeit. Insbesondere bei Nutzfahrzeugen ist Wasserstoff sinnvoll. Ich bin aber überzeugt, dass wir auch in Zukunft verschiedene Antriebssysteme wählen können. Für urban orientierte Verkehrsteilnehmer ist bestimmt ein Stromer sinnvoll. Hingegen für längere Strecken ist Gas eine sinnvolle Alternative. Noch aber mangelt es beim Wasserstoff an der Tankinfrastruktur? Deshalb will ja der potente Förderverein H2 Mobilität Schweiz die Brennstoffzelle bei den Nutzfahrzeugen etablieren. Sind einmal einige hundert Lastwagen so unterwegs, wird der Betrieb der H2-Tankstellen schnell einmal wirtschaftlich. Wie wird sich das Mobilitätsverhalten verändern? Bei der Mobilität handelt es sich grundsätzlich um einen Wachstumsmarkt. Ich denke schon, dass sich das Carsharing bei der jüngeren Generation durchsetzen wird. Mit entsprechenden Apps ist das Autoteilen heute leicht zugänglich. Carpooling oder zu Deutsch Mitfahren müsste ebenfalls stärker gefördert werden. Ich begreife nicht, weshalb wir zu diesem Zweck nicht bei jeder Autobahnauffahrt Gratis-Parkplätze zur Verfügung haben. Andreas Burgener Direktor Auto Schweiz Effizienter wären wir auch mit autonomen Fahrzeugen unterwegs? Das ist sicher, doch wir sind noch nicht so weit. Erst in zehn Jahren wird es möglich sein, einem Fahrzeug einen Fahrauftrag zu erteilen, den es selbstständig, aber mit Lenker, ausführt. Aus meiner Sicht sind die heutigen Fahrassistenzsysteme vordergründig ein Life style-Produkt. Ich bin aber der Meinung, dass das autonome Fahren sich in erster Linie bei den Nutzfahrzeugen durchsetzen wird. Haben Sie in Bezug auf E-Mobilität einen Favoriten? Tesla hat einen ganz guten Job gemacht, weil dieser Hersteller die Elektromobilität salonfähig gemacht hat. Die Koreaner wie Hyundai haben derzeit die Nase vorne, doch auch Audi hat mit dem E-Tron ein tolles Produkt. Nicht zu vergessen sind Nissan und Renault, die im E-Segment preiswerte Kompaktwagen bieten. Vernetzte Mobilität ist für Sie kein Thema? Doch durchaus. Wir haben bereits «Green Class» der SBB mit dem GA und einem BMW i3 getestet. Es funktioniert gut, muss aber da und dort noch optimiert werden. ◆ Zur Person: Andreas Burgener ist Direktor von Auto Schweiz, der Vereinigung der offiziellen Autoimporteure. Der 60-jährige Automobilingenieur wohnt im Kanton Solothurn und ist in seiner Freizeit oft in den Bergen unterwegs. touring <strong>eMotion</strong> 5