FORBESWIE FUNKTIONIERT GELD?D A I L Y GASTKOMMENTAR12DIE IDEE DES EURO – EINE ENGEREWIRTSCHAFTLICHE UNDPOLITISCHE ZUSAMMENARBEITVON STAATEN – IST NICHTNEU. SIE IST ÜBER 1.000 JAHRE ALT.Karl der Große führte zu einem erfolgreichenEnde, was sein Vater begonnenhatte: Auf seinen Befehl hin wurde imFrankenreich – dem heutigen Frankreichinklusive Teilen Deutschlands, Österreichsund Italiens – ein Münzsystemdurchgesetzt, das auf antiken Grundlagenberuhte und die westeuropäischenWährungs systeme bis ins 19. Jahrhundertmitbestimmte. Die einzige ausgeprägteMünze war bis dahin der Pfennigaus Silber, für den man sich zu KarlsZeiten circa 30 Kilo Mehl kaufen konnte.Um auch größere Zahlungen durchführenoder berechnen zu können, bedienteman sich des antiken Rechensystems:1 Pfund = 12 Solidi (Schillinge) = 240 Denarii(Pfennige). Da Münzen in denfolgenden Jahrhunderten Mangelwarewaren, wurde häufig in Geldeinheitengerechnet, aber in Naturalien, also landwirtschaftlichenProdukten oder Rohstoffen,bezahlt.Dennoch war Karls Initiativeein „Game Changer“: Das fränkischeRechen system trug verschiedene Namen(Pound, Shilling, Pence in England;Livre, Sous, Deniers in Frankreich; Lira,Soldi, Denari in Italien), bestimmte jedochdas Geldsystem Westeuropas biszum Übergang zum Dezimalsystem im19. Jahrhundert. Das mittelalterliche Europawar ein politisch gespaltener Raum:Fürsten und Stadtstaaten prägten ihreeigenen regionalen Pfennige, die sichin Aussehen und Gewicht von anderenWährungen unterschieden. Auf Märktenund Messen waren Geldwechsler eifrigdamit beschäftigt, den Tauschwert derverschiedenen Münzen zu bestimmen.Bemerkenswerterweise er folgtenaber bereits im Mittelalter erste Bemühungen,Währungsräume über politischeGrenzen hinweg zu schaffen. DerBerner Währungsraum beispielsweiseumfasste die Region zwischen Verona(mittelhochdeutsch „Bern“) und demTiroler Inntal und belegt, dass politischeGrenzen im Mittelalter nicht immer mitden Währungsgrenzen übereinstimmten.Die Tiroler Fürsten prägten ihreMünzen nach Veroneser Vorbild undtrugen damit der Tatsache Rechnung,dass Tirol und Norditalien wirtschaftlicheng miteinander verbunden waren.Seit dem 13. Jahrhundert wurde der englischePfennig (Sterling) in Frankreich,den Niederlanden und im Rheinlandnachgeprägt, um Geschäfte in diesemeng verflochtenen Raum zu erleichtern.Seit dem späten Mittelalterreichte der Silberpfennig, der unterKOMMENTAR: THOMAS ERTLKarl dem Großen eingeführt wurde, alseinzige ausgeprägte Münze nicht mehraus, denn zum einen hatte er über dieZeit deutlich an Gewicht verloren (von1,7 auf 0,2 Gramm), zum anderen hattesich das Handelsvolumen in Europaund darüber hinaus wesentlich vergrößert.Daher wurden dort, wo es Silbervorkommengab, größere Silbermünzengeprägt: Kreuzer (4 Pfund), Groschen(20 Pfund) und Silbergulden (1 Pfund).In Italien wurden erstmals seit der Antikewieder Goldmünzen geprägt, diesich auch in den Ländern nördlich davonverbreiteten. Diese Gulden oderDukaten wurden in das überlieferteRechensystem eingegliedert. Erst im 19.Jahrhundert erfolgte von Frankreichaus zunächst der Übergang zum Dezimalsystem– in Großbritannien passiertedas erst 1971 – und in der zweitenJahrhunderthälfte der Übergang vomSilberstandard zum Goldstandard; diesmalvon Großbritannien aus.Die Entwicklung bis zum 20. Jahrhundertlässt sich so zu sammenfassen:Die Währungen in Westeuropa standenin einem engen Austauschverhältnis zueinander,lediglich an den Randgebietenkam es zu Sondererscheinungen. Die jeweilsdominierenden Wirtschaftsregionenbeeinflussten mit ihren Rechen- undGeldsystemen ihre Nachbarn. Im frühenMittelalter waren es die Franken, im spätenMittelalter die Italiener, im 19. Jahrhundertdie Briten. Zur Senkung derTransaktionskosten versuchten Staatenseit dem Mittelalter, große, einheitlicheWährungsräume zu schaffen.Andere Anstrengungen im19. Jahrhundert vollzogen sich innerhalbpolitischer Grenzen, etwa im DeutschenReich ab 1871, oder als Währungsunionenzwischen meh reren Staaten. Beispielesind die Skandinavische Münz unionzwischen 1873 und 1914 oder die LateinischeMünz union zwischen Frankreich,Belgien, Italien und der Schweiz,die zwischen 1865 und 1927 bestand.Die eng ver flochtenen Wirtschafts- undWährungssysteme Europas erlebten seitdem Mittelalter gemeinsame Phasen derKrise und der Expan sion.Im 20. Jahrhundert wurde Währungspolitikzu einem globalen Thema.Im Abkommen von Bretton Woods von1944 wurden eine internationale Währungsordnungmit festgelegten Bandbreitenfür den Wechselkurs sowieinternationale Institutionen zu ihrerKontrolle (Weltbank, IWF) geschaffen.Noch vor der Auflösung des Abkommensschlossen sich die Länder der EuropäischenGemeinschaft (EG) zu einem Verbundmit festen Wechselkursen zusammen,und die Arbeiten am gemeinsameneuropäischen Wirtschaftsraum begannen.Spätestens seit 1970 wurde dieseArbeit von der Idee einer einheitlicheneuropäischen Währung begleitet.Die Einführung des Euro stellteine neue Etappe in der langen Geschichteder europäischen Währungsräumeseit Karl dem Großen dar. Allerdings gibtes gewisse Unterschiede zur Vergangenheit:Erstens sind die Europäer im Zeitalterder Globalisierung nicht die Einzigen,die durch eine Währungsunionden wirtschaftlichen Aufstieg und dieIntegration fördern möchten. ÄhnlicheBestrebungen gibt es in Afrika, Südamerikaund Südostasien. Aktuell umgesetztsind beispielsweise die WestafrikanischeWirtschafts- und Währungsunion( UEMOA) oder die Organisation OstkaribischerStaaten (OECS).Zweitens sind moderne Währungsunionenfriedliche Zusammenschlüssezwischen Nationalstaaten, dieeinen Teil ihrer eigenen Rechte aufgeben.Diese Teilaufgabe wird demokratischdiskutiert und ist selten unumstritten.Drittens begleitet eine aktiveund teilweise hitzige theoretische Auseinandersetzungvon Ökonomen, Politikernund anderen die moderne Währungspolitik.Insbesondere in Beiträgenzur „Theorie des optimalen Währungsraums“wird über Vor- und Nachteilevon Währungsunionen nachgedacht.Viele Wissenschaftler vertreten dabeidie Meinung, dass Währungsunionennur dann vorteilhaft sind, wenn Arbeitund Kapital zwischen den Mitgliedstaatenmobil sind. Was dies für die Zukunftdes Euro bedeutet, wird sich zeigen.Eins steht in jedem Fall fest: Karlder Große hätte heute zweifach Grundzur Zufriedenheit. Seine Politik hatEuropas Währungen jahrhundertelanggeprägt, und das von ihm beherrschteFrankenreich ist dauerhaft eine Zoneintensiver wirtschaftlicher Kooperationgeblieben.Thomas Ertl ist ein österreichischerHistoriker. Seit 2011 ist derin Innsbruck geborene Forscherals Universitätsprofessor fürWirtschafts- und Sozialgeschichtedes Mittelalters an der UniversitätWien tätig. Seine Ausbildungabsolvierte er in Wien,seine Habilitation machte Ertljedoch an der Freien UniversitätBerlin. Dort war er auch von 1999bis 2005 als wissenschaftlicherAssistent tätig. Nach Stationenam Deutschen HistorischenInstitut in Rom und den UniversitätenHeidelberg, Göttingenund Erlangen kehrte er für einJahr nach Berlin zurück, bevor erseine Professur in Wien begann.Seine Forschungsschwerpunktesind die Wirtschafts- undSozialgeschichte des Mittelalterssowie Globalgeschichte.
FORBESDIE HAUSHALTEDIESER WELTWie die Bewohner unterschiedlicher Staaten ihre finanziellen Mittel verwenden, unterscheidetsich massiv. Während Japaner für Wohnen und Benzin ein Viertel ihres Budgets verbrauchen,geben Russen für den Kostenpunkt Essen fast ein Drittel aus. Wie sieht es in der EU aus?Text: RedaktionInfografik: Valentin BergerQuelle: visualcapitalistD A I L YHAUSHALTSAUSGABEN 2013 IN PROZENT,STEUERN INKLUDIERTWOHNEN,BENZIN ETC.25,310,3ESSEN30,76,8TRANSPORT199,1FREIZEITGESUNDHEITRESTAURANTSUND HOTELS108,21,52,61,720,9KONSUMAUSGABENKLEIDUNG39,2EINRICHTUNG7,33,3KOMMUNIKATION1,16,3ALKOHOLUND TABAK8,30,5BILDUNGAUSTRALIENKANADAEU-28INDIENJAPANMEXIKO1,1RUSSLANDSAUDI-ARABIEN6,7SÜDKOREAUSAFORBESDACH.COMHöchste Ausgaben (der jeweiligen Sparte)Überdurchschnittliche AusgabenUnterdurchschnittliche AusgabenNiedrigste Ausgaben (der jeweiligen Sparte)13