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ZERTIFIZIERTE VIELFALT

Trotz Aufholbedarf setzen Unternehmen verstärkt auf ein aktives Diversity-Management.

TÜV Austria zertifiziert seit 2008 diese Bemühungen nach Önorm S2501. Als eines von nur

wenigen Unternehmen Österreichs darf sich seit 2017 auch der Lebensmittelhändler Billa

offiziell als Unternehmen mit „ganzheitlichem Diversity-Management“ bezeichnen.

Text: Klaus Fiala

Fotos: BILLA AG

D A I L Y

Vergabe der „ZukunftVIELFALT“-Auszeichnung an Billa 2017 – v. li. n. re.: Hermann Zeilinger (TÜV),

Michael Landau (Caritas), Dominique Müllner (Billa), Josef Siess (REWE), Rob Bekkers (TÜV), Barbara

Weber (Billa), Robert Nagele (Billa), Peter Rieder.

Es gibt wohl kein Unternehmen

weltweit, dass auf eine Outperformance

von 15 bzw. 35 % verzichten

möchte – und dennoch scheint

es, als wäre das offene Geheimnis,

dass vielfältige Teams bessere und nachhaltigere

Gewinne erzielen, noch nicht bei allen

Wirtschaftslenkern in Österreich und darüber

hinaus angekommen. Laut einer McKinsey-Studie

erreichen Unternehmen, die

bezüglich Nationalitäten und Gender-Diversität

zu den Top 25 % gehören, überdurchschnittliche

Gewinne, und zwar um eben

35 % (Nationalitäten) bzw. 15 % (Gender)

mehr als der Median des jeweiligen Landes.

Diversität ist also kein Selbstzweck, sondern

treibt Gewinne. Und dennoch sind die Zahlen,

etwa im Bezug auf Frauen in Führungspositionen,

erschreckend. Auf Österreich

bezogen sind in den Vorständen der 62 börsennotierten

Unternehmen laut EY-Studie

7,3 % Frauen vertreten, in den Aufsichtsräten

sind es (trotz 30-%-Quote) 25,7 %. Doch

nicht nur in Sachen Gender Diversity, auch in

Bezug auf Herkunft und Alter sind Vorstände

heutzutage oft noch zu uniform.

Vielfalt als Wettbewerbsvorteil

Dominique Müllner, Diversity-

Managerin beim Lebensmittelhändler

Billa AG (Billa), sieht eine große Chance:

„Für Unternehmen kann Vielfalt ein

Wettbewerbsvorteil sein, wenn man sie

zum einen erkennt und dann auch nutzt.

Mit einer vielfältigen Belegschaft und

einer großen Produktauswahl zieht man

vielfältige Kundengruppen an.“ Müllner

beschäftigt sich seit fast zehn Jahren

mit dem Thema Diversität, 2016 kam sie

zu Billa. Heute arbeiten bei Billa 20.000

Menschen aus 89 Nationen, davon rund

1.000 Lehrlinge. Acht von zehn Mitarbeitern

sind Frauen (mit einem Frauenanteil

von 77 % auf Führungsebene), auch mehr

als 170 geflüchtete Menschen nennen

Billa ihren Arbeitgeber. Um diese Bemühungen

auch einer externen Prüfung zu

unterziehen, ließ sich das Unternehmen

2017 nach Önorm S2501 zertifizieren.

Mit Erfolg – Billa darf sich laut

TÜV Austria als Unternehmen mit einem

ganzheitlichen Diversity-Management

bezeichnen. Doch der Weg dorthin

war nicht einfach. Nach einer ersten Erhebung

wurden Maßnahmen definiert.

Müllner: „Die Prioritäten lagen ganz

klar beim Thema Menschen mit Behinderung.

Bei der Größe unseres Konzerns

kann man sich vorstellen, dass wir eine

große Summe für die Ausgleichstaxe

ausgeben (per Gesetz sind Unternehmen

mit 25 oder mehr Beschäftigten

verpflichtet, einen begünstigten behinderten

Menschen einzustellen, Anm.).“

Auf Basis dessen wurden Maßnahmen

definiert, die dann letztendlich wirkten.

Obwohl die Zertifizierung bereits

seit 2008 vergeben wird, hätten

sich viele Unternehmen noch nicht „getraut“,

so Hermann Zeilinger, Diversity-

Management-Experte bei TÜV Austria.

„Zahl reiche Unternehmen widmen sich

bereits dem Thema Diversity-Management.

Allerdings wurde die Önorm bisweilen

wenig verwendet, da die Komplexität

des Themas Unternehmen

abgeschreckt hat.“ Seither wurde der

Prozess standardisiert und unter dem

Namen „ZukunftVIELFALT“ neu besetzt.

Neben Billa erhielten etwa auch

die Fachhochschule Salzburg und der

Energieanbieter Verbund die Auszeichnung.

Für Zeilinger ist es nur eine Frage

der Zeit, bis weitere dazukommen. Dass

die Zertifizierung auf dem Prinzip der

Freiwilligkeit aufgebaut ist, ist für den

TÜV-Mann kein Problem. Denn Unternehmen

müssten auch heute schon

kommunizieren, wie sie das Thema aktiv

managen, und auch Bewerber würden

zunehmend auf ein aktiv geführtes

Diversity-Management achten, so Zeilinger.

„Es gibt daher schon jetzt, auch

ohne Verpflichtung, ausreichend Anreiz,

sich dem Thema zu widmen.“

Auch für Müllner ist die Arbeit

mit der Zertifizierung nicht getan. „Die

Herausforderung ist definitiv, an den

vielen Themen gleichzeitig dranzubleiben

und eher weniger, dafür wirksame

Maßnahmen zu etablieren. Wir haben

nun in allen Bereichen gut laufende

Prozesse und Maßnahmen umgesetzt.

Jetzt geht es ans ,Eingemachte‘ – darum,

Strukturen aufzubrechen und mehr

strategisch zu arbeiten.“

Kein Marketing-Gag

Der Illusion, dass es mit einer

Diversity-Managerin bzw. einer Abteilung

getan ist, will sich Müllner nicht

hingeben. Das Thema könne nicht nur

von einer Person getragen werden. „So

ist es auch im Zertifizierungsprozess

nicht vorgesehen.“ Dennoch benötige

es Antreiber. „Es ist sinnvoll, eine möglichst

diverse Gruppe zusammenzustellen,

die sich des Themas annimmt

und es vorantreibt.“ Doch Diversität als

Thema hätten bei Billa, so Müllner, viele

Mitarbeiter und Führungskräfte verinnerlicht.

„Es wird spürbar, dass es sich

dabei nicht um einen Marketing-Gag

handelt“, sagt die Diversity-Beauftragte.

Hermann Zeilinger bestätigt,

dass die Zertifizierung jene belohnen

soll, die ihr Engagement aktiv und seriös

betreiben. Er hofft, „dass viele Unternehmen

den Wert eines strukturierten

Diversity-Managements erkennen und

entsprechend aktiv Schritte setzen, um

attraktive Rahmenbedingungen für die

vielfältigen internen und externen Stakeholder

zu setzen. Die Zertifizierung

soll dabei ein Qualitätskriterium sein,

das belegt, dass das Unternehmen seine

Bemühungen ernst meint.“

Ernst meint es Dominique Müllner

jedenfalls. Ihr Ziel: Die offene Unternehmenskultur

weiter zu fördern.

„So können alle ihr Potenzial entfalten

und in weiterer Folge zum Erfolg des

Unternehmens beitragen.“

DIVERSITY MANAGEMENT

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