FORBES„ALLES KANN GELD SEIN“Charlie Shrem machte mit seinem Bitcoin-Start-up bereits in jungen Jahren Millionen.Wegen Geldwäsche musste er dann aber ins Gefängnis. Dort wurden Makrelen als Währungverwendet. Doch wieso? Und was hat das mit Bitcoin und Blockchain zu tun?Ein Ausflug in die „Prison Economy“.Text: Klaus FialaFoto: David VišnjićD A I L YCHARLIE SHREM 6„Bitcoin ist wie der Wilde Westen. Keine Ahnung, was daalles passiert“, sagt Charlie Shrem, einer der ersten Bitcoin-Unternehmer überhaupt, heute.Ich war immer der Außenseiter, wenn esum die Frage ging, wie die Welt funktioniert.Ich denke, die Menschen solltenfrei sein können in dem, was sie tun.“Wahrscheinlich war es dieser Drangnach Freiheit, der Charlie Shrem an Bitcoinreizte. 2011, als die Kryptowährung nurInsidern bekannt war, stieß der New Yorkerauf das neue Zahlungsmittel.Damals hatte kein Banker, keinRegulator, kein Regierungsmitglied vonBitcoin gehört. „Ich habe in einem Chatroomdavon erfahren. Jemand wollte mirzeigen, wie Bitcoin funktioniert, undüberwies mir 30.000 Bitcoin, einfachso. Ich schickte sie zurück. Heute wärendas rund 240 Millionen US-$“, erzähltShrem. Er hing an der Angel und begann,alles zu lesen, was es über Bitcoingab – was zu dieser Zeit nicht besondersviel war. Das Whitepaper des weiterhinano nymen Bitcoin-Begründers SatoshiNakamoto war noch die beste Dokumentationfür die digitale Währung.Die Community war klein, Shremmachte sich schnell einen Namen. „Wirkamen alle in Wien zusammen, um unspersönlich kennenzulernen. In einemCafé auf der Mariahilfer Straße wurdedann von Gavin Andersen, Roger Ver,Erik Voorhees, mir und einigen anderendie Idee der Bitcoin Foundation entworfen.“Doch allzu lose Zügel könnenauch zu Schwierigkeiten führen. DennBitcoin ist, wie Shrem sagt, „wie der WildeWesten. Keine Ahnung, was da allespassiert.“ Gemeinsam mit einem Partnergründete Shrem das Start-up BitInstant.Sie wollten Bitcoin für die breite Masseverfügbar machen. „Ich dachte: Wennviele Menschen Bitcoin schnell undeinfach verkaufen und kaufen könnten,würde es sich schnell verbreiten.“ DasDing hob ab: BitInstant hatte schnellüber eine Million Locations – Supermärkte,Tankstellen etc. –, wo man ganzeinfach Dollar gegen Bitcoin (und viceversa) tauschen konnte. Doch die öffentlicheAufmerksamkeit – Shrem sagt, erwar eines „der Gesichter von Bitcoin“ –führte letztendlich zum Untergang.Denn die Währung zog nebenvisionären Träumern auch allerhandKriminelle an. So wurde über BitInstantauch Geld gewaschen, etwa aus Drogendeals.Shrem wusste das. „Ich war jungund dumm“, sagt er heute – damals wurdeer zum Ziel der Staatsanwaltschaft.Einerseits, weil offensichtlich war, dassauf BitInstant nicht alles sauber war.Andererseits, weil die Behörden einenSchlag gegen die Szene machen wollten,um ein Zeichen zu setzen: nämlich, dassdie USA eben nicht mehr der Wilde Westensind, sondern ein Land, in dem Gesetzeherrschen.2014 musste Shrem ins Gefängnis.Er wurde wegen Geldwäsche unddem Operieren als Geldhändler ohneLizenz verurteilt. Etwas mehr als einJahr verbrachte der Bitcoin-Pionier hinterGittern – und lernte dort die „PrisonEconomy“ kennen. „Im Gefängnis gabes zwei Märkte. Einmal den regulierten:Jeder Insasse konnte einmal pro Wochein einem von der Gefängnisleitung betriebenenShop einkaufen; etwa Thunfisch,Makrelen, Shampoo und so weiter.“Daneben hatte sich im Gefängnisaber auch ein Schwarzmarkt entwickelt.Die verschiedensten Dinge wurden dagetauscht, um auch an anderen TagenWaren und Dienstleistungen zu bekommen,die es im Shop nicht gab. „Auf diesemvon den Insassen betriebenen Marktgab es keine einheitliche Währung. Allebetrieben Tauschhandel mit Dingen. DerTyp, der mir meine Kopfhörer reparierte,wollte Proteinriegel als Bezahlung.Derjenige, der die Haare von anderenschnitt, wollte nur Erdnussbutter.“Doch auch im Gefängnis setztesich scheinbar eine Währung durch.„Nach und nach fingen alle an, Makrelendosenals Bezahlung zu akzeptieren.Denn die hatten einen Nutzen – sie enthieltenetwa Protein – und setzten sichals Wert durch.“ Also wurden Makrelendosen,die rund 1,50 US-$ wert waren,die Währung im Gefängnis. „Makrelenwaren auch deswegen ideal als Geld,weil sie in ihrem Angebot begrenzt waren.500 Insassen konnten maximal 14Makrelendosen pro Woche und Personkaufen. Es gab also eine eingebaute Verknappung.Die maximale Menge im Jahrließ sich so berechnen: Insassen, 500,mal Menge, 14, mal Anzahl der Wochen,52.“ Es stellte sich heraus, dass das Gefängniseigentlich ein ideales Setting ist,um Währungsdynamiken zu erklären.„Die Dosen laufen nach drei Jahrenab. Also entwickelte sich ein zweiterMarkt – ,Money Mack‘ genannt –, aufdem die Insassen mit Dosen handelten,die bald ablaufen. Einige Insassen nutztendie Dosen, um Wert aufzubewahren.Ein Typ hatte rund zehn Prozent allerMoney Macks gelagert, die dann abervon den Wärtern beschlagnahmt wurden.Die Gefängnisleitung schenkte diedann her.“ Doch daraus entwickelte sichInflation – Hyperinflation sogar, dennplötzlich hatte jeder Insasse Makrelendosenim Übermaß, und die Währungverlor ihren Wert. Das brachte Shremzum Nachdenken: Wie sicher sind Makrelendosenin ihrem Wert?Denn die Nachteile waren offensichtlich:Sie können ablaufen und damitihren Wert verlieren, oder aus dereigenen Zelle gestohlen werden. Shremüberlegte sich ein digitales System (alsGedankenexperiment): „Anstatt physischerDosen könnten alle digitale Versionenaustauschen.“ Doch wie könnte dasfunktionieren? Denn im Gefängnis gabes keine Computer.Doch die dem zugrunde liegendeTechnologie Blockchain ist nicht an digitaleTechnologien gebunden – auch wennes in der realen Welt natürlich nicht ohnesie ginge. Im Gefängnis müssten einfachInsassen in Notizblöcken alle Transaktionenfesthalten (in Blockchain-Sprache„Jemand wollte mir zeigen,wie es funktioniert, und überwiesmir 30.000 Bitcoin. Ich schicktesie zurück. Heute wären das rund240 Millionen US-$.“sogenannte „Nodes“). Shrem: „Man würdezu einem dieser Insassen gehen undihm mitteilen, dass man Insasse A für einenHaarschnitt zwei Dosen überweist.“Insasse A schreibt das auf und notiertsomit die Transaktion. Und dann müssteman – wenn man keinen zentralen Vermittlerhaben will – alle Insassen, diediese Transaktionen aufzeichnen, zusammenbringen.Es gäbe also nicht nureine „Node“, sondern viele verschiedene.Diese müssten sich regelmäßig treffenund alle Transaktionen synchronisieren.Shrem verbrachte die Zeit nachseiner Freilassung damit, seinen Wissensrückstandaufzuholen, und istheute wieder in verschiedene Kryptowährungsprojekteinvolviert. „Manchehaben mich als Märtyrer bezeichnet. Ichsehe das nicht so. Ich habe einen Fehlergemacht – und meinen Preis gezahlt.“Charlie Shrem stammt ausNew York, ist Mitgründer derNon-Profit-Organisation BitcoinFoundation und war CEO undMitgründer des Bitcoin-MarktplatzesBitInstant.
FORBESRahofer.RUBRIKTHEMAVORSTANDS-VORSITZENDE 2064An später denken lohnt sich. Weil PALFINGER mit seinen innovativen„Lifting Solutions“ nicht nur an die Gegenwart denkt,sondern auch jetzt schon an kommende Generationen undihre Umwelt. Das macht uns auch in Zukunft zu einemnachhaltig erfolgreichen Global Player.PALFINGER AG · 5101 Bergheim, Österreich · E-Mail h.roither@palfinger.comFORBESDACH.COMPALFINGER.AG7