22.11.2019 Aufrufe

f-daily-ereader

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

FORBES

GELD RICHTIG AUSGEBEN

Geld kann sehr wohl glücklich machen, sagt Harvard-Professor Michael Norton.

Zusatz: wenn man es richtig ausgibt. Denn das eigene Geld für Objekte und sich selbst

auszugeben hat eher wenig Einfluss auf unsere Zufriedenheit – Erfahrungen und Ausgaben

für andere hingegen schon.

Text: Klaus Fiala

Foto: Slavica Ziener

Es wirkt, als würden die Menschen

immer unglücklicher. Stimmt das? Ist

Glück wertvoll, weil es seltener wird?

Wir können nicht genau sagen,

ob die Menschen im Zeitverlauf wirklich

unglücklicher werden; teilweise, weil es

schwierig ist, Glück über Generationen

hinweg zu vergleichen. Wir wissen auch

nicht allzu viel über die Bestimmungsfaktoren

von Glück. Ich denke aber sehr

wohl, dass die Beziehung zwischen Geld

und Glück eine wichtige ist. Wir fokussieren

uns nämlich auf Dinge, die Menschen

ändern können, um glücklicher zu

werden. Wir wollen Menschen helfen,

mithilfe ihres Geldes – aber auch im

Allgemeinen – glücklicher zu werden.

Denn selbst wenn die Menschen nicht

unglücklich sind, wollen wir sie ja glücklicher

machen.

Wie lässt sich das bewerkstelligen?

Wir haben entdeckt, dass der

Grundgedanke, dass Geld nicht glücklich

machen kann, weder richtig noch falsch

ist. Wir haben in unserer Forschung

beobachtet, dass die Art und Weise, wie

wir unser Geld ausgeben, nicht wirklich

Glück „kauft“. In diese Kategorie fallen

Ausgaben für uns selbst, also ein Haus

oder ein Auto, aber auch Kleinigkeiten,

die wir für uns selbst kaufen. Das steigert

unser Glücksempfinden nicht, und

dennoch geben wir für solche Dinge den

Großteil unseres Geldes aus.

Wir haben also untersucht, wie

sich zwei Ausgaben auswirken: nämlich

unser Geld für Erfahrungen auszugeben,

statt Dinge zu kaufen, und statt Geld für

uns selbst auszugeben, etwas für andere

zu kaufen. Beides steigert unser Glücksempfinden

deutlich: Bei Erfahrungen

haben wir einerseits die Vorfreude und

andererseits die schönen Erinnerungen,

die etwa eine Reise begleiten und durchgehend

glückssteigernd wirken; Ausgaben

für andere Menschen wiederum sind

besser für unser Glücksempfinden, weil

das Gefühl des Helfens Freude macht.

Helfen die Kontrolle und das Wissen

über die eigenen Finanzen den Menschen,

glücklicher zu werden?

In unserer Forschung konzentrieren

wir uns nicht unbedingt auf die

verschiedenen Arten von finanziellen

Entscheidungen, sondern auf die „emotionale

Auszahlung“. Dabei haben wir

beispielsweise erkannt, dass Sparen keine

große emotionale Auswirkung hat,

weil es langweilig ist: Das Geld geht einfach

nur vom Lohnzettel auf ein Sparkonto,

ohne dass wir es wirklich wahrnehmen.

Es verschwindet einfach – und

Verstecktes kann nicht wirklich aufregend

sein.

Wir haben also überlegt, wie wir

solche Dinge attraktiver machen können.

Ein Beispiel hat ein Student von mir

entworfen: Dabei kann man Teile seiner

Kreditkarten rechnung in einer App bezahlen,

indem man sie online anklickt

und sie am Bildschirm explodieren lässt.

Das Resultat war, dass die Kunden ihre

Schulden schneller abbezahlt haben. Das

heißt, wir können Menschen helfen, ihre

Schulden zu verwalten, indem wir den

Prozess spannender gestalten. Das Ziel

ist, Möglichkeiten herauszufinden, die

das persönliche Glück steigern.

Eine Studie der Princeton University

besagt, dass Menschen ab einem Jahreseinkommen

von rund 75.000 US-$

durch mehr Gehalt kein zusätzliches

Glück verspüren. Stimmt das?

Es scheint, dass diese Zahl in

verschiedenen Ländern unterschiedlich

ist, aber 75.000 US-$ ist kein schlechter

Richtwert – es kommt natürlich auch

„Vor einem Kauf sollten wir

einen Augenblick innehalten

und überlegen, ob er uns

glücklicher macht.“

auf die Lebenskosten an. Bis zu diesem

Punkt korreliert mehr Einkommen mit

mehr Glücksempfinden, danach wird

der Effekt kleiner. Die Geschichte, die

bis jetzt jedoch erzählt wurde, ist, dass

die Steigerung des Glücks danach gegen

null geht – das stimmt nicht. Die Steigerung

wird ab dieser Schwelle lediglich

kleiner. Wir haben aber neue Daten von

Millionären – und sie sind glücklicher

als die Durchschnittsbevölkerung. Die

Steigerung passiert also weiterhin. Wenn

eine superreiche Person eine zusätzliche

Million US-$ verdient, ist der Effekt aber

natürlich kleiner, als wenn ein Durchschnittsbürger

plötzlich viel bekommt.

Welchen einen Ratschlag würden

Sie Menschen geben, um mit wenig

Aufwand ein bisschen glücklicher zu

werden?

Eine einfache Lösung ist: Vor einem

Kauf – egal, ob online oder im echten

Leben – sollten wir einen Augenblick

pausieren und uns überlegen, ob dieser

Kauf uns glücklicher macht. Manchmal

ist die Antwort „Ja“, dann sollten wir

kaufen. Oft wird die Antwort aber auch

„Nein“ sein. Ein Beispiel ist Kaffee: Ich

mag Kaffee und ich trinke ihn gerne; die

Frage ist aber, ob uns der siebente Kaffee

am Tag noch bedeutend glück licher machen

wird. Doch selbst wenn wir Nein

sagen, können wir den Kauf noch immer

tätigen, kein Problem. Aber dieser kleine

Augenblick des Überlegens könnte trotzdem

zu einem besseren Umgang mit unserem

Geld führen.

Michael Norton ist Psychologe

und Professor an der Harvard

Business School, einer USamerikanischen

Eliteuniversität.

D A I L Y

MICHAEL NORTON

„Wir haben beobachtet,

dass die Art, wie die

meisten Menschen

ihr Geld ausgeben,

sie nicht glücklich macht.“

FORBESDACH.COM

25

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!