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Therapeutisches Reiten in der Traumaarbeit - Kristina Hänel

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schwierig gestaltete, im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> aber als Schlüsselerlebnis herausstellte. Bei e<strong>in</strong>em unserer<br />

Ausritte gab es mal wie<strong>der</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen, wer den Hund halten dürfe. Da die zuvor<br />

festgelegte Reihenfolge klar auf e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es K<strong>in</strong>d fiel, bekam dieses den Hund. Benjam<strong>in</strong> wollte<br />

diese Entscheidung nicht akzeptieren, er sagte, er g<strong>in</strong>ge jetzt nach Hause. Ich stand zwischen ihm<br />

und den an<strong>der</strong>en K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Wir waren ca. 1 km vom<br />

Dorf entfernt. Ich antwortete ihm, dass ich se<strong>in</strong>en Entschluss nicht än<strong>der</strong>n könne, dass das aber<br />

bedeuten würde, dass ich ihn nicht mehr mitnehmen könne beim Ausreiten, da ich me<strong>in</strong>e<br />

Aufsichtspflicht verletzen würde, wenn er den Weg alle<strong>in</strong>e gehen würde. Dann g<strong>in</strong>g ich mit den<br />

an<strong>der</strong>en K<strong>in</strong><strong>der</strong>n weiter. Er überlegte noch e<strong>in</strong>e Weile und kam dann ohne weitere Diskussion<br />

h<strong>in</strong>ter uns her. Ab diesem Zeitpunkt waren diese Konflikte vorbei. Im motorischen Bereich war<br />

gleichzeitig mit se<strong>in</strong>er Fähigkeit zur Integration <strong>in</strong> die Gruppe e<strong>in</strong>e zunehmende Verän<strong>der</strong>ung und<br />

Entspannung zu erkennen. Beson<strong>der</strong>s deutlich wurden se<strong>in</strong>e motorischen und koord<strong>in</strong>ativen<br />

Probleme beim Aufsteigen. Er ist nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, abzuspr<strong>in</strong>gen und hat darum Probleme, auf das<br />

Pferd zu kommen. Anfangs beschränkte er sich auf dem Pferd auf zwei bis drei ihm bekannte<br />

Übungen. Irgendwann wurde <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gruppe Leichttraben geübt. Es stellte sich heraus, dass er<br />

aufgrund e<strong>in</strong>es guten Rhythmusgefühls sehr gut mithalten konnte, bzw. hier e<strong>in</strong>e Aufgabe gefunden<br />

war, <strong>in</strong> <strong>der</strong> er beson<strong>der</strong>s gut war. Mit diesem Erfolgserlebnis war <strong>der</strong> Leistungsdruck, den er sich<br />

selbst gemacht hatte, etwas genommen und er konnte entspannter sich den jeweils angebotenen<br />

Übungen stellen. Dementsprechend entwickelte er zunehmend Körpergefühl und motorische<br />

Fähigkeit. E<strong>in</strong> weiterer wichtiger Entwicklungsschritt war das <strong>Reiten</strong> mit Zügel. Als diese Aufgabe<br />

anstand, stellte sich heraus, dass er sich schon länger gewünscht hatte, selber lenken zu dürfen. Mit<br />

viel Eifer stellte er sich <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung, die für ihn e<strong>in</strong> hohes Maß an Aufmerksamkeit und<br />

Koord<strong>in</strong>ation erfor<strong>der</strong>te. Inzwischen ist Benjam<strong>in</strong> <strong>in</strong> die Gruppe voll <strong>in</strong>tegriert. Er hat e<strong>in</strong>e<br />

beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong>tensive Beziehung zu Felicitas aufgebaut. Dies hat u.a. dazu geführt, dass die zuvor<br />

feste Dreiergruppe <strong>der</strong> jüngeren Mädchen durchlässiger geworden ist.<br />

z.B. Mayo<br />

Unsere Bedenken, ob es möglich se<strong>in</strong> würde, Mayo an <strong>der</strong> Gruppe teilnehmen zu lassen, wurden<br />

relativ bald zerstreut. Er war nur kurze Zeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zeltherapie gewesen und noch sehr ängstlich<br />

im Umgang mit den Pferden. Anfangs stand er neben mir, wenn das Pferd an <strong>der</strong> Longe g<strong>in</strong>g und<br />

ich musste ihn mit im Kreis rumdrehen, weil er nicht verstand, wo er sich aufzuhalten hatte. Er<br />

wusste nicht, wann er an <strong>der</strong> Reihe war und lief mehrfach vom Hof weg auf die Weide um nach den<br />

an<strong>der</strong>en Pferden zu gucken, wenn ihm das Warten zu lange wurde. Wi<strong>der</strong> Erwarten hat er die<br />

Regeln schnell gelernt. Bei <strong>der</strong> Aufwärmübung, wenn die K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>der</strong> Reihe nach h<strong>in</strong>ter dem Pferd<br />

herlaufen und abwechselnd e<strong>in</strong>e Übung vormachen, die die an<strong>der</strong>en nachmachen, macht er, so gut<br />

er kann mit. Wenn er selbst an <strong>der</strong> Reihe ist und nicht weiß, was er turnen soll, beg<strong>in</strong>nt er oft, wie<br />

e<strong>in</strong> Pferd zu schnauben, dann machen die an<strong>der</strong>en K<strong>in</strong><strong>der</strong> eben dies nach. Se<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>en Bedarf<br />

an Betreuung übernehmen e<strong>in</strong>zelne Gruppenmitglie<strong>der</strong> mit. Wenn er sich beispielsweise e<strong>in</strong>en<br />

Helm aussuchen soll, <strong>der</strong> ihm passt, geht jemand von den an<strong>der</strong>en mit. Se<strong>in</strong>e Entwicklung auf dem<br />

Pferd ist bee<strong>in</strong>druckend. Anfangs war es ihm kaum möglich, im Schritt zu sitzen, ohne sich<br />

festzuklammern. E<strong>in</strong>e Unterstützung für ihn war, ihn viel zu beschäftigen, wenn er auf dem Pferd<br />

saß. Das gelang entwe<strong>der</strong> durch Ballspielen o<strong>der</strong> durch e<strong>in</strong> Lied, bei dem bestimmte Abläufe per<br />

Handbewegung unterstrichen wurden, welches er immer und immer wie<strong>der</strong> auf dem Pferd gesungen<br />

haben wollte. Auch Berührungen z.B. beim Streicheln, Putzen o<strong>der</strong> Füttern, hielt er anfangs nur für<br />

Sekunden aus. Jetzt beteiligt er sich am Putzen, wenn auch nicht kont<strong>in</strong>uierlich. Er sitzt entspannt<br />

im Trab und traut sich ab und zu auch freihändig zu sitzen. Die Gruppe akzeptiert se<strong>in</strong> Lernniveau.<br />

Wenn er beispielsweise freihändig trabt, bekommt er manchmal spontan e<strong>in</strong>en Applaus <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en.<br />

Für Mayo, <strong>der</strong> erst so viel Angst hatte, üben die Pferde e<strong>in</strong>e unwi<strong>der</strong>stehliche Anziehung aus. Er<br />

besucht sie auch während <strong>der</strong> übrigen Woche mehrmals mit se<strong>in</strong>er Mutter auf <strong>der</strong> Weide und br<strong>in</strong>gt<br />

ihnen Brot mit. In dieser Gruppe hat sich e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>es Ritual e<strong>in</strong>gespielt. Im Anschluss an das<br />

<strong>Reiten</strong>, werden die Pferde geme<strong>in</strong>sam auf die Weide gebracht. E<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> darf dabei auf<br />

dem ungesattelten Pferd sitzen, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Teil führt unter unserer Aufsicht. Das <strong>Reiten</strong> ohne Sattel<br />

ist sehr beliebt und e<strong>in</strong> häufiger Streitpunkt ist, wer auf welchem Pferd sitzen darf. Da Michaels<br />

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