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Therapeutisches Reiten in der Traumaarbeit - Kristina Hänel

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3 Praktische Arbeit im Projekt Leihgestern<br />

Im Projekt Leihgestern f<strong>in</strong>den z.Zt. vier Gruppen wöchentlich statt sowie ca. acht E<strong>in</strong>zeltherapien.<br />

Im folgenden werden aus den verschiedenen Bereichen <strong>der</strong> Arbeit e<strong>in</strong>zelne Aspekte vorgestellt. Die<br />

Namen und evtl. Lebensdaten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>soweit abgeän<strong>der</strong>t, dass die realen Personen <strong>in</strong> ihnen nicht<br />

wie<strong>der</strong>erkennbar s<strong>in</strong>d.<br />

3.1 Gruppenarbeit mit Flüchtl<strong>in</strong>gsk<strong>in</strong><strong>der</strong>n aus Kriegs- und<br />

Bürgerkriegsgebieten<br />

Ausgehend von dem Konzept, die Möglichkeiten des Therapeutischen <strong>Reiten</strong>s <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n mit traumatischen Erfahrungen zukommen zu lassen, starteten wir im Sommer 1999 e<strong>in</strong>e<br />

Gruppe für K<strong>in</strong><strong>der</strong> aus Kriegs- und Bürgerkriegsgebieten, die e<strong>in</strong> halbes Jahr lang regelmäßig<br />

e<strong>in</strong>mal pro Woche stattfand. In Gießen bef<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong> Aufnahmelager für Flüchtl<strong>in</strong>ge, so dass wir<br />

<strong>in</strong> unserem unmittelbaren Umfeld mit zahlreichen Opfern des Krieges <strong>in</strong> Ex-Jugoslawien<br />

konfrontiert werden. Über dieses Projekt haben wir bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verbandszeitschrift berichtet (vgl.<br />

HÄNEL/PICKENHAHN/PLETSCH/LUTZ).<br />

Vorbemerkung<br />

E<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d wächst normalerweise unter Bed<strong>in</strong>gungen auf, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die Eltern o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Sorgeberechtigte Verantwortung und Kontrolle über se<strong>in</strong> Leben haben. Diese familiären Strukturen<br />

s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e gesellschaftliche Ordnung, <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um die Elterngeneration angehört, zu<br />

gehorchen hat. E<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d, das miterleben musste, wie die Menschen, die es normalerweise<br />

beschützen, selbst existentiell bedroht o<strong>der</strong> vernichtet wurden, verliert auf doppelte Weise den Halt<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt. Vergleicht man se<strong>in</strong> Verhältnis zu den Eltern mit <strong>der</strong> Umlaufbahn des Mondes um die<br />

Erde, so hat es sozusagen se<strong>in</strong>en Dreh- und Angelpunkt verloren. Die Erdung ist verlorengegangen.<br />

Die Vorstellung liegt weit entfernt, Verantwortung für das eigene Leben übernehmen zu können,<br />

wenn nicht e<strong>in</strong>mal die Eltern dazu <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage waren. Der durch die gemachten Erfahrungen<br />

ausgelöste Rückzug <strong>in</strong> sich selbst, <strong>der</strong> durch den Verlust <strong>der</strong> gewohnten Umgebung, <strong>der</strong><br />

Sozialkontakte etc. noch verstärkt wird, lässt sich durch den Kontakt mit Tieren schneller aufheben<br />

als durch den Kontakt zu Menschen.<br />

Die Gruppe<br />

In <strong>der</strong> Gruppe befanden sich sechs Jungen und Mädchen zwischen 8 und 14 Jahren mit den<br />

Herkunftslän<strong>der</strong>n Kosovo und Kurdistan. Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> wurden e<strong>in</strong>mal pro Woche von Mitarbeitern<br />

des Sozialamtes für zwei Stunden zu uns gebracht. Sie wurden daran beteiligt, die Pferde von <strong>der</strong><br />

Weide zu holen, den Stall auszumisten, zu putzen sowie Sattel- und Zaumzeug anzulegen. An<br />

Bewegungserfahrung auf dem Pferd konnten e<strong>in</strong>fache Übungen auf dem an <strong>der</strong> Longe gehenden<br />

Pferd gemacht werden o<strong>der</strong> es wurden kle<strong>in</strong>e Spaziergänge mit Sattel unternommen. Bei diesen<br />

Ausritten konnten diejenigen, die führten, die auf dem Pferd <strong>Reiten</strong>den dabei unterstützen, die<br />

Kontrolle über das Pferd zu erlangen, den Weg des Tieres zu bestimmen. Im Anschluss wurden die<br />

Pferde wie<strong>der</strong> geme<strong>in</strong>sam auf die Weide bzw. im W<strong>in</strong>ter <strong>in</strong> den Stall gebracht und gefüttert. Um<br />

e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick über den Ablauf zu geben, beschreibe ich im Folgenden e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit.<br />

Stundenplanung<br />

Da die Gruppe sehr heterogen war, verfolgten wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> Planung das Ziel, den Geme<strong>in</strong>s<strong>in</strong>n zu<br />

för<strong>der</strong>n, das Wir-Gefühl zu stärken. Es war klar, dass e<strong>in</strong>e Aufgabe an die Gruppe gestellt werden<br />

musste, die geme<strong>in</strong>sam ausgeführt werden sollte und bei <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e gegenseitige Unterstützung nötig<br />

wäre. Wir entschieden uns für Slalomreiten. Bei drei Pferden und sechs K<strong>in</strong><strong>der</strong>n würde jeweils e<strong>in</strong><br />

K<strong>in</strong>d durch den Slalom reiten, das an<strong>der</strong>e behilflich se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> zweiter Lernaspekt sollte die Stärkung<br />

des Selbstbewusstse<strong>in</strong>s se<strong>in</strong>. Er könnte erreicht werden durch das Gel<strong>in</strong>gen dieser relativ<br />

schwierigen Aufgabe.<br />

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