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Therapeutisches Reiten in der Traumaarbeit - Kristina Hänel

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2 Was bedeutet Trauma?<br />

2.1 Trauma. E<strong>in</strong>e Begriffsdef<strong>in</strong>ition<br />

Nach dem Wörterbuch <strong>der</strong> Psychiatrie und Mediz<strong>in</strong>ischen Psychologie bezeichnet <strong>der</strong> Begriff<br />

Trauma e<strong>in</strong> „Erlebnis, auf das e<strong>in</strong> Mensch nicht <strong>in</strong> angemessener Weise reagieren, das er nicht<br />

verarbeiten kann und das daher häufig aus dem Bewusstse<strong>in</strong> verdrängt wird. Vom Unbewussten her<br />

entfaltet das traumatische Erlebnis ständig e<strong>in</strong>e Wirkung. so als ob <strong>der</strong> Betroffene ständig mit dem<br />

Erlebnis konfrontiert sei, auf das s<strong>in</strong>nvoll zu reagieren, se<strong>in</strong>e dauernde ungelöste Aufgabe bleibt.“<br />

(zit. nach ECKHARDT, S. 123)<br />

Traumen können ausgelöst werden durch Unfälle, Naturkatastrophen, Begegnungen mit extremer<br />

Gewalt wie etwa <strong>in</strong> Kriegs- o<strong>der</strong> Foltersituationen. Bei <strong>der</strong> Vergewaltigung kommt die<br />

Sexualisierung <strong>der</strong> Gewalterfahrung h<strong>in</strong>zu. In <strong>der</strong> K<strong>in</strong>dheit können traumatische Erlebnisse<br />

auftreten durch Misshandlung, sexuellen Missbrauch o<strong>der</strong> das Erleben extremer Defizite bei<br />

Verwahrlosung o<strong>der</strong> etwa dem gewaltsamem Verlust von Bezugspersonen. (vergl. OLBRICHT,<br />

S.52 ff.) Wichtige Faktoren s<strong>in</strong>d Ohnmacht, Abhängigkeit und Ausweglosigkeit. Durch e<strong>in</strong> Trauma<br />

wird die körperliche Unversehrtheit o<strong>der</strong> das Leben bedroht, die Betroffenen erleben sich als Opfer<br />

schrecklicher, unfassbarer Ereignisse, denen sie hilflos ausgeliefert s<strong>in</strong>d. Handeln hat ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n<br />

mehr, we<strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand noch Flucht s<strong>in</strong>d möglich. Es kommt zum Zusammenbruch des<br />

Selbstschutzsystems.<br />

„Psychisches Trauma ist das Leid <strong>der</strong> Ohnmächtigen. Das Trauma entsteht <strong>in</strong> dem Augenblick, wo<br />

das Opfer von e<strong>in</strong>er überwältigenden Macht hilflos gemacht wird. Ist diese Macht e<strong>in</strong>e Naturgewalt,<br />

sprechen wir von e<strong>in</strong>er Katastrophe. Üben an<strong>der</strong>e Menschen diese Macht aus, sprechen wir von<br />

Gewalttaten. Traumatische Ereignisse schalten das soziale Netz aus, das dem Menschen gewöhnlich<br />

das Gefühl von Kontrolle, Zugehörigkeit zu e<strong>in</strong>em Beziehungssystem und S<strong>in</strong>n gibt.“ (zit. nach<br />

HERMAN, S. 53)<br />

2.2 Folgen <strong>der</strong> Traumatisierung für die Betroffenen<br />

Nach <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen statistischen Klassifikation <strong>der</strong> Krankheiten und verwandter<br />

Gesundheitsprobleme (ICD-10) werden verschiedene psychische und Verhaltensstörungen<br />

beschrieben, die ursächlich mit e<strong>in</strong>em Trauma <strong>in</strong> Zusammenhang stehen. Verwiesen sei an dieser<br />

Stelle auf die Posttraumatische Belastungsstörung, PTBS genannt, (F43.1 Klassifizierung nach<br />

ICD-10) sowie verschiedene Dissoziative Störungen, die mit Spaltungsphänomenen e<strong>in</strong>hergehen<br />

(F44.- Klassifizierung nach ICD-10).<br />

Die amerikanische Psychiater<strong>in</strong> Judith Lewis Herman, die seit ca. 30 Jahren mit<br />

Holocaustüberlebenden, Vietnamkriegsveteranen sowie Opfern von Vergewaltigung o<strong>der</strong> Vater-<br />

Tochter-Inzest arbeitet, fasst die vielfältige Symptomatik von Traumaopfern treffend <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Satz<br />

zusammen: „Die Symptome des Patienten weisen auf das Vorhandense<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es unaussprechlichen<br />

Geheimnisses h<strong>in</strong> und lenken gleichzeitig davon ab.“ (zit. nach HERMAN, S. 201) Beim Thema<br />

Gewalt, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e wenn es sich um sexualisierte Gewalt handelt, haben wir es mit e<strong>in</strong>em Tabu<br />

zu tun. Bis vor e<strong>in</strong>igen Jahren existierte das Thema sowohl <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit als auch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Fachwelt sche<strong>in</strong>bar gar nicht. Hier ist <strong>in</strong> den letzten Jahren e<strong>in</strong>e positive Entwicklung erkennbar.<br />

Inzwischen können wir auf e<strong>in</strong>e Fülle von Literatur zurückgreifen, spezialisierte Beratungsstellen<br />

und Behandlungszentren s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>stalliert. Dennoch bef<strong>in</strong>den sich Traumaopfer sowohl<br />

<strong>in</strong>nerpsychisch als auch gesellschaftlich im Kernpunkt dieses Tabus, sozusagen an e<strong>in</strong>em Ort,<br />

„woh<strong>in</strong> die Sprache nicht reicht“ (zit. nach KEILSON).<br />

Dieses Phänomen <strong>der</strong> Sprachlosigkeit lässt sich <strong>in</strong>zwischen auch auf hirnorganischer Ebene<br />

nachweisen. Im Gehirn existieren zwei unterschiedliche Gedächtnissysteme. Das kognitive<br />

Gedächtnis des Hippokampus zeichnet Ereignisse <strong>in</strong> geordneten räumlichen und zeitlichen<br />

Abläufen ab. Er<strong>in</strong>nerungen werden nur mit wenigen sensorischen E<strong>in</strong>drücken aufgezeichnet, sie<br />

werden als Wort-Repräsentanz kodiert. Im System <strong>der</strong> Amygdala (=Mandelkern), das dem<br />

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