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2019/49 - Unternehmen-70

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VERANTWORTEN unternehmen [!]<br />

spiel mit Workshops. Ingenieur Delacher<br />

entwickelte einen eintägigen<br />

Sicherheitsparcours, der den Mitarbeitern<br />

die Arbeitsrisiken für Hände<br />

und Finger vor Augen führte.<br />

„Das ist ein anderes Schulungsmedium.<br />

Man sitzt nicht in einem<br />

Raum und hat eine Frontalpräsentation,<br />

sondern macht was mit den<br />

Händen“, sagt Delacher. Das Ergebnis:<br />

Im abgelaufenen Geschäftsjahr<br />

gab es elf Handverletzungen. 2017<br />

waren es noch 39 gewesen. Kein<br />

Wunder, dass Delacher bereits den<br />

zweiten Parcours zum Thema stolpern<br />

und stürzen plant.<br />

Sicher, aber teuer<br />

Prävention statt Reaktion – so lautet<br />

der Plan des <strong>Unternehmen</strong>s. Es<br />

ist Delachers Aufgabe, ihn in die Tat<br />

umzusetzen. Der Sicherheitsingenieur<br />

arbeitet seit Anfang 2018 in<br />

Vöhringen, hat mit seinem Chef Stephan<br />

Schuster zahlreiche Innovationen<br />

durchgesetzt. Die Gabelstabler<br />

haben ein Kamerasystem, das Personen<br />

erkennt und bei Gefahr automatisch<br />

abbremst. Die Mitarbeiter<br />

der Gießerei bekommen Anfang<br />

2020 neue Kleidung aus einem<br />

Spezialstoff, der extrem schwer entflammbar<br />

ist.<br />

Auch Johann Mautsch profitiert<br />

von Delacher. Der Mann mit sympathisch-schwäbischem<br />

Dialekt ist<br />

Schichtführer in der Stückblech-Produktion.<br />

Stolz steht er neben<br />

der neuesten Erfindung in der<br />

Produktionshalle: der Walze 59.<br />

Knapp ein Jahr hat es gedauert, bis<br />

sie fertig war. Kosten: gut eine Millionen<br />

Euro. Die Maschine legt die<br />

Bleche eigenständig aufs Band, die<br />

dann gewalzt werden. Früher muss-<br />

Zur Person<br />

Ulrich Altstetter,<br />

Jahrgang 1958, arbeitet<br />

seit 41 Jahren bei<br />

Wieland. Mit einem<br />

Studium an der Berufsakademie<br />

startete<br />

er seine Laufbahn.<br />

Er arbeitete<br />

als Konstrukteur und<br />

Instandhaltungsingenieur,<br />

bevor er<br />

Führungsaufgaben<br />

übernahm und Karriere<br />

machte. Seit<br />

dem Jahr 2012 ist<br />

Altstetter Mitglied<br />

des Vorstands und<br />

verantwortet die Bereiche<br />

Technik und<br />

Produktion.<br />

ten die Arbeiter das selbst machen.<br />

„Griff man in den falschen Spalt,<br />

waren die Finger weg“, sagt<br />

Mautsch. „Bei so einem Unfall ist<br />

jeder betroffen.“<br />

Solche Momente gab es bei Wieland<br />

immer wieder. Mitarbeiter verletzten<br />

sich schwer, in wenigen Fällen<br />

sogar tödlich. Das hat einerseits<br />

mit den Arbeitsbedingungen zu tun.<br />

Hohe Temperaturen, Säure, Brandgefahr<br />

– mit diesen Risiken müssen<br />

die Beschäftigten in den Kupfer-Gießereien<br />

und Walzwerken klarkommen.<br />

Andererseits räumt Altstetter<br />

ein, dass das Thema in der Vergangenheit<br />

nicht konsequent genug angegangen<br />

wurde.<br />

Das hat sich geändert. Bei jeder<br />

Besprechung ist Arbeitssicherheit<br />

Thema Nummer eins. „Sicherheit ist<br />

eine Kultur. Und es dauert, die Kultur<br />

zu etablieren“, sagt Delacher.<br />

Was den Prozess beschleunigt:<br />

Kommunikation, Kommunikation,<br />

Kommunikation. Delacher tauscht<br />

sich daher regelmäßig mit Kollegen<br />

aus. Er gibt Ratschläge, fragt um Rat.<br />

Bei internen Gesprächen und Meetings<br />

mit anderen Firmen. „Wir wollen<br />

den Honig aus den Sicherheitskonzepten<br />

der Besten saugen“, sagt<br />

sein Vorgesetzter Schuster.<br />

Kooperation mit der Konkurrenz<br />

Dass man dafür konkurrierenden<br />

Firmen einen Einblick in das eigene<br />

Sicherheitskonzept gewährt, stört<br />

Altstetter nicht. „Es darf in Sachen<br />

Arbeitsschutz keinen Wettbewerb<br />

geben.“ Schließlich profitieren alle.<br />

Auch Wieland. „Die Orientierung an<br />

guten <strong>Unternehmen</strong> hat uns einen<br />

deutlichen Schritt vorangebracht“,<br />

sagt Altstetter. Jetzt ist Wieland das<br />

gute <strong>Unternehmen</strong>. In der Metall-Branche<br />

gehört die Firma zu den<br />

besten, was die Unfallzahlen angeht.<br />

Dennoch sagt Altstetter: „Wir sind<br />

noch nicht zufrieden.“<br />

Noch passierten zu viele Unfälle.<br />

Noch gebe es Unterschiede zwischen<br />

den einzelnen Standorten. Damit<br />

sich das ändert, hat Wieland<br />

eine ungewöhnliche Taktik gewählt:<br />

Sicherheitsalarme. Dahinter verbirgt<br />

sich ein DIN-A-4-Blatt mit<br />

gelb-schwarzem Rand. Darauf wird<br />

jeder Unfall penibel dokumentiert.<br />

Das Papier wird digital an alle<br />

Standorte gesendet. „Wenn ein Sicherheitsalarm<br />

übers Netz kommt,<br />

Man muss die<br />

Mitarbeiter<br />

emotional erreichen<br />

Ulrich Altstetter<br />

Wieland-Vorstandsmitglied<br />

verschickt Konzernchef Erwin Mayr<br />

umgehemd eine E-Mail an den zuständigen<br />

Bereich“, sagt Altstetter.<br />

„Wir messen eine Führungskraft<br />

auch an ihren Unfallzahlen.“<br />

Hohe Investitionen, penible Kontrolle,<br />

klare Absprachen – das Ziel<br />

von all diesen Anstrengungen ist<br />

klar. Irgendwann will Wieland unfallfrei<br />

sein. „Ich habe keine Zweifel<br />

daran, dass die Vision möglich ist“,<br />

sagt Altstetter. Dazu gehöre etwas<br />

Glück, extreme Disziplin – und kompetente<br />

Mitarbeiter. Beispielsweise<br />

solche, die ihre Kollegen höflich darauf<br />

hinweisen, beim Treppensteigen<br />

den Handlauf zu benutzen.[!]<br />

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