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reisen EXCLUSIV - Winter 2019/20

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Wir haben in den letzten Jahren viel über die Raubtiere der Meere<br />

gelernt und lernen noch immer. Haitauchen ohne Käfig ist inzwischen<br />

gang und gäbe. Aber mit einer riesigen Urzeitechse ohne Schutz im<br />

Wasser zu verweilen, ist fast noch gefährlicher. Zu oft lesen wir blutige<br />

Schlagzeilen: »Krokodil packt Schwimmer und frisst ihn auf«,<br />

»Frau von Krokodil ins Wasser gezerrt und getötet«. Ja, Krokodile sind<br />

Fleischfresser und machen keinen Unterschied zwischen Mensch und<br />

Tier. Salzwasserkrokodile lieben Fisch, aber den zu erbeuten, fällt ihnen<br />

nicht so leicht. Im Brackwasser, wo die Sicht gen null geht, haben<br />

sie Heimvorteil: Sie können sich anschleichen und im letzten Moment<br />

zuschlagen.<br />

Anders sieht es im Meer aus. Hier sind die Sichtverhältnisse meist<br />

recht gut. Damit sehen die Echsen zwar ihre Beute schon von weitem,<br />

aber auch sie werden gesehen. Deshalb lauern sie oft stundenlang ruhig<br />

verharrend an einer Position, als wären sie ein Stück Holz. Ist eine<br />

vermeintliche Beute in greifbarer Nähe, packen sie blitzschnell zu –<br />

nicht gut für uns Menschen. Wir sind garantiert langsamer als diese<br />

instinktgesteuerten Muskelpakete.<br />

Gemeinsam mit ein paar Gleichgesinnten packe ich meine Unterwasserkamera<br />

und mache mich auf den Weg nach Mexiko, um herauszufinden,<br />

wie es sich anfühlt, diesen Urzeitechsen gegenüberzustehen.<br />

Nach der Ankunft in Cancún steht uns noch ein langer Weg<br />

in den Süden bevor. Xcalak heißt der kleine Küstenort direkt an der<br />

Grenze zu Belize. Gerade einmal neun Kilometer sind es noch zum<br />

Nachbarland. Touristisch steckt der Ort noch in den Kinderschuhen,<br />

nur wenige Backpacker und eben Taucher verirren sich hierher. Die<br />

Regierung hat hier ein kleines Riff-Meeresschutzgebiet eingerichtet.<br />

Das wirkt sich positiv auf die Unterwasserwelt aus.<br />

Direkt vor der Basis gibt es einen Kanal im Riff, wo sich tagsüber<br />

täglich Hunderte Tarpune treffen. Das sind riesige silbrige Knochenfische,<br />

die eine Länge von bis zu zwei Metern erreichen. Sie sehen bedrohlich<br />

aus, sind aber für den Menschen absolut harmlos. Allerdings<br />

ist es mächtig beeindruckend, wenn man einem riesigen Schwarm von<br />

mehreren Hundert Tieren gegenübersteht.<br />

Das Highlight der Region ist jedoch das Biosphärenreservat der<br />

Banco Chinchorro. Das Riffatoll liegt cirka 35 Kilometer vor der Küste<br />

Yucatáns und ist ein flaches Ringatoll mit 40 Kilometern Länge und<br />

16 Kilometern Breite. Wir fahren von Xcalak mit einem kleinen Motorboot<br />

gut zwei Stunden hinaus, um den dort lebenden Krokodilen<br />

zu begegnen. Aber wie kam es überhaupt dazu, dass man zu diesen<br />

Tieren ins Wasser steigen kann?<br />

Javier Salas ist Besitzer der Basis und hat den Spot entdeckt. Er<br />

erklärt uns, wie die Geschichte begann: »Auf der Banco Chinchorro leben<br />

in den Sommermonaten schon seit Generationen Fischer, die dort<br />

Stelzenhütten direkt in einer Mangrovenlagune erbaut haben. Jeden<br />

Tag, nachdem sie vom Fischen zurückkommen, nehmen sie die gefangenen<br />

Fische aus und werfen den Rest einfach ins Meer. Das nutzen<br />

die hier in den Mangroven lebenden Krokodile. Sie warten bereits direkt<br />

unterhalb der Hütten im flachen Wasser, um ihren Anteil abzubekommen.<br />

Wir haben es dann einfach mal versucht und sind zu ihnen<br />

ins Wasser gestiegen. Die Krokodile haben absolut kein Interesse an<br />

uns, denn die Fischabfälle sind viel leichter zu erbeuten.«<br />

Javier grinst, denn so konnte er als einer der Ersten auf der Welt die<br />

Begegnungen mit Krokodilen kommerziell anbieten.<br />

Seit nunmehr einem halben Jahrzehnt bringt er Gäste hierher, und<br />

es ist noch nie etwas passiert. Die Krokodile sind auf die Fische fixiert<br />

und interessieren sich nur wenig für die Menschen. So können diese<br />

sie in Ruhe beobachten und fotografieren. Spitzkrokodile leben überall<br />

an den Küsten Mittelamerikas und sind nicht zu verwechseln mit den<br />

deutlich aggressiveren Alligatoren aus Florida.<br />

Bevor wir gegen Mittag an der Fischerhütte ankommen, tauchen<br />

wir noch am Riff. Mary, unser Guide für die kommenden Tage, hat<br />

noch ein paar Rotfeuerfische gefangen. Rotfeuerfische gelten dort als<br />

Aliens. Eigentlich gehören sie nicht in die Karibik. Sie wurden von<br />

Menschen eingeschleppt, haben hier keine natürlichen Feinde und<br />

dezimieren die karibische Fauna. Besonders gefährdet sind die Jungfische<br />

und damit die Zukunft des Riffs. Sie haben sich explosionsartig<br />

vermehrt und werden nun überall von Tauchern harpuniert. Hier ist<br />

es sogar sinnvoll, denn die Fische sind für die Krokodile ein willkommener<br />

Snack. So geht es nach unserem Einzug in die Villa Chinchorro<br />

erst einmal ins Wasser, um unsere neuen Spielgefährten kennenzulernen.<br />

Toothy wartet schon auf uns. Das weibliche Krokodil verdankt seinen<br />

Namen ihren schiefen Schneidezähnen. Diese sind wie Schwerter<br />

übereinander gekreuzt. Mary, nur mit kurzem Neoprenanzug und einem<br />

Holzstab bewaffnet, steigt als Erste ins Wasser. Mutig, wie ich<br />

finde! Noch bin ich nicht infiziert vom Virus »Croco-mania« und folge<br />

ihr eher zögerlich. Lange dauert es aber nicht, bis es mich erwischt. 30<br />

Minuten später bin ich hin und weg. Toothy bewegt sich superlangsam<br />

um uns herum, scheint uns zu beobachten, lässt aber den Rotfeuerfisch,<br />

der an der Oberfläche dümpelt, keine Sekunde aus den Augen.<br />

Ramires, unser Kapitän, wirft vom Boot aus immer wieder neue Köder<br />

ins Wasser, damit die Tiere sich auch bewegen. Wenn es gerade keinen<br />

Köder an der Wasseroberfläche zu erhaschen gibt, verharren die<br />

Krokodile still im Wasser – minutenlang. Ein Erlebnis ohne Netz und<br />

doppelten Boden, das mich noch heute fasziniert.<br />

Illustration: Daytin/Shutterstock.com<br />

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