Berliner Kurier 19.12.2019
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*<br />
REPORT<br />
Verena Pausder,<br />
Gründerin der Firma<br />
Fox&Sheep mit einer<br />
Erfolgs-App aus<br />
ihrem Haus.<br />
Der steinige Weg<br />
Drei Frauen, drei Firmen und warum so wenige Gründer weiblich sind<br />
Auf ihrem Weg nach<br />
oben hat die 29-Jährige<br />
ausgiebig trainiert,<br />
Widerstände<br />
wegzuräumen. „Bei Kundenbesuchen<br />
hatte ich einen Praktikanten<br />
dabei“, erinnert sich Janina<br />
Mütze an die Frühphase<br />
ihrer Firma Civey. „Meine Gesprächspartner<br />
haben mich anfangs<br />
nicht ernst genommen<br />
und dachten, er sei der Chef,<br />
nicht ich.“ Janina Mütze hat<br />
das Start-up für Meinungsumfragen<br />
2015 mitgegründet. Wer<br />
sie heute besucht, trifft eine digitale<br />
Wegbereiterin. Und eine<br />
Chefin, die nach Ursachen<br />
sucht, warum nicht mehr Frauen<br />
ähnliche Laufbahnen einschlagen.<br />
Auf acht Männer kommen bei<br />
deutschen Start-ups nicht mal<br />
zwei Frauen als Gründerinnen.<br />
Dabei gibt es in der digitalen<br />
Branche durchaus Pionierinnen.<br />
„Für mich war die Gründung<br />
die glücklichste Entscheidung,<br />
die ich je getroffen habe.“<br />
Janina Mütze sitzt auf einem<br />
blauen Loungesofa, um sie herum<br />
in den Büros in Kreuzberg<br />
tüfteln junge Typen an Rechnern.<br />
Civey mischt mit onlinebasierten<br />
Methoden die Marktforschung<br />
auf. Der Erfolg hat<br />
zwar auch Kritiker auf den Plan<br />
gerufen, darunter manche<br />
Platzhirsche. Diese bezweifeln,<br />
dass Civeys Umfrageergebnisse<br />
repräsentativ sind. Doch Janina<br />
Mütze hält energisch dagegen.<br />
Durchsetzen hat sie gelernt.<br />
„Dabei hat mir geholfen,<br />
Artikel über erfolgreiche Frauen<br />
zu lesen. Auch über Angela<br />
Merkel, über ihren Führungshabitus<br />
in einer männerdominierten<br />
Welt.“<br />
Inzwischen ist sie selbst Vorbild.<br />
Im Bundesverband Deutscher<br />
Start-ups macht sie sich<br />
dafür stark, dass die Gründerszene<br />
weiblicher wird. Denn<br />
der Anteil der Start-up-Gründerinnen<br />
liegt laut der Studie<br />
„Female Founders Monitor“<br />
bei etwas über 15 Prozent. Tendenz<br />
minimal steigend.<br />
In den Aufsichtsräten der großen<br />
börsennotierten Unternehmen<br />
mischen immerhin über 30<br />
Prozent Frauen mit. Die Vorstände<br />
hinken weit hinterher:<br />
Die Macht in den Börsenunternehmen<br />
liegt nach Studien –etwa<br />
der Allbright-Stiftung –zu<br />
rund 90 Prozent bei Männern.<br />
Dabei hätten die Pionierinnen<br />
es selbst in der Hand: Wenn sie<br />
Unternehmen erfinden, läge es<br />
an ihnen, eine Umgebung zu<br />
schaffen, in der Frauen gerne<br />
arbeiten. Warum ergreifen<br />
trotzdem so wenige diese<br />
Chance? Oder ist, wie manche<br />
vermuten, die Start-up-Welt<br />
noch abschreckender für die<br />
weibliche Hälfte der Gesellschaft<br />
als ein normales Angestelltendasein?<br />
Janina Mütze weiß, dass die<br />
Sache komplex ist. Überall existieren<br />
Hürden: bei der Schulbildung,<br />
die Jungs und Mädchen<br />
unterschiedlich motiviert, bei<br />
Arbeitszeitmodellen –bei den<br />
Frauen selbst. Frauen seien<br />
häufig risikoscheu, sagt sie.<br />
Dennoch: Sie spricht fasziniert<br />
von der Macht zur Gestaltung.<br />
„Im digitalen Umbruch<br />
werden ganz viele Regeln neu<br />
geschrieben. Das sind Regeln,<br />
die wir selbst schreiben können.“<br />
Und Glück im Job? Sie hat<br />
Spaß an Selbstbestimmung und<br />
der „steilen Lernkurve“: „Ich<br />
bin nicht in irgendeinem Korsett<br />
oder in einer Organisation,<br />
wo ich die Idee erstmal durchsetzen<br />
muss.“ Ist das kein Reiz<br />
für andere? „Wir müssen Rahmenbedingungen<br />
schaffen, die<br />
mehr Frauen zur Gründung<br />
bringen“, ist Janina Mütze<br />
überzeugt.<br />
Kinder, gerade Mädchen anderszufördern,<br />
ist eine der Ideen<br />
von Verena Pausder.Die Unternehmertochter<br />
(40), dreifache<br />
Mutter und Gründerin,<br />
möchte helfen, widerständige<br />
Rollenmuster in Schulen und<br />
Unis aufzubrechen. Ihrer Mei-