Inspiration Nr. 1/2020
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WEGWEISER<br />
PIZ BEVERIN<br />
Konkurrenz mit dem König der Alpen – dem<br />
Steinbock. Die lokale Kolonie erreichte 1998 ihre<br />
maximale Grösse von 550 Tieren. Doch schon<br />
fünf Jahre später wurde sie wieder dezimiert,<br />
nachdem die Gämsblindheit – eine hoch ansteckende<br />
Augen-Krankheit, die zur Erblindung<br />
führt – viele Tiere in den Tod riss. Auch der harte<br />
Winter 2008/2009 forderte seinen Tribut.<br />
Manchmal braucht’s<br />
halt einfach Glück:<br />
Neuschnee, strahlende<br />
Sonne und ein<br />
menschenleerer Berg.<br />
die Sonne über den Piz Curvér und schickt die ersten<br />
wärmenden Sonnenstrahlen herüber. Jan und Michi halten<br />
inne und schauen zurück. «Das ist immer wieder ein<br />
grossartiger Moment, der auch nach 27 Jahren, in denen<br />
ich nun schon auf Skitouren gehe, nichts von seiner Magie<br />
verloren hat», spricht Michi leise vor sich hin.<br />
RÜCKKEHR EINES JÄGERS<br />
Die Waldgrenze ist hier auf 1900 Höhenmetern und die<br />
konturreiche wellige Winterlandschaft wird optisch<br />
nur noch unterbrochen durch die sonnenverbrannten<br />
Ställe und Alphütten der Weiler Bot l’Ava, Tschavagliuns,<br />
Dros und Mursenas. Auch wenn hier im Sommer<br />
einige Alpstrassen und Wanderwege den Schamserberg<br />
durchmessen, gerade jetzt liegt alles unter einer dicken<br />
Schneedecke und menschliche Spuren sind kaum auszumachen.<br />
Im Val Mirer halten Jan und Michi plötzlich inne.<br />
An der steilen südexponierten Talflanke ist der Schnee<br />
abgerutscht und hat einige Quadratmeter des alten Grases<br />
freigelegt – eine Herde von rund 20 Gämsen nimmt<br />
diese hochwillkommene Essenseinladung dankend an.<br />
Hier im Naturpark Beverin stehen die Gämsen in direkter<br />
Seit einiger Zeit stellt dem Steinwild im Naturpark<br />
Beverin auch ein natürlicher Feind nach:<br />
der Wolf. Bereits 2018 wurde rund um den Piz<br />
Beverin ein Wolfspaar gesichtet, im vergangenen<br />
Jahr haben die beiden erwachsenen Tiere zum<br />
ersten Mal Nachwuchs bekommen. Das Rudel<br />
hatte Anfang Oktober noch zwei Elterntiere und<br />
insgesamt neun Jungtiere umfasst. Doch der<br />
Kanton Graubünden ordnete in demselben Monat<br />
eine Regulierung des Wolfsrudels an. Vier Jungwölfe<br />
sollten ausgemerzt werden, nachdem ein<br />
Elterntier mindestens 15 Ziegen aus geschützten<br />
Herden gerissen hatte.<br />
LEITER ALS KLEINE MUTPROBE<br />
Jetzt herrscht komplette Ruhe am Berg und<br />
einzig die Spuren eines Schneehasen zeugen<br />
davon, dass am Berg auch im Winter Säugetiere<br />
heimisch sind. Nachdem der breite Bergrücken<br />
um Blasatscha die 30 Grad Hangneigung kaum<br />
je überschritten und ein geradezu ideales Terrain für eine<br />
Spuranlage nach Lehrbuch geboten hat, setzen Jan und<br />
Michi jetzt in immer kürzerer Abfolge zu Spitzkehren an.<br />
Auf 2520 Metern schliesslich ist der Punkt erreicht, an dem<br />
sie mit kraftvollen Stampfbewegungen ein kleines Podest<br />
treten, die Bindungen öffnen, die Ski mit den dafür vorgesehenen<br />
Bändern am Rucksack festzurren und die verbleibenden<br />
70 Höhenmeter zum Beverin Pintg hochkraxeln. So<br />
viel Spass die erste Spur in der Abfahrt bereitet, so anstrengend<br />
ist das Vorspuren. Eine kurze Rast lässt nicht nur den<br />
«Klarer Himmel,<br />
minus 7 Grad, trockener<br />
Neuschnee: Das<br />
wird ein Wahnsinnstag.»<br />
JAN MAURER<br />
Den Fast-Dreitausender<br />
Piz Beverin zum Ziel,<br />
die Dreitausender Piz<br />
Grisch, Surettahorn und<br />
Piz Tambo als Kulisse.<br />
14 INSPIRATION 01 / <strong>2020</strong><br />
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