Inspiration Nr. 1/2020
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WEGWEISER<br />
NANGA PARBAT<br />
Oben: Unsere Träger<br />
auf dem Weg zum<br />
Spantik-Basislager, zu<br />
Beginn der Saison<br />
liegt noch viel Schnee.<br />
heute: Tiphaine merkt, dass sie die Berg-Apotheke vergessen<br />
hat, aber unsere spanischen und brasilianischen<br />
Freunde helfen uns mit ein paar Pillen aus. Nur Vincent,<br />
unser Wetterfrosch zu Hause in Frankreich, ist nicht mehr<br />
so optimistisch. Statt am 29. Juni soll das beste Wetterfenster<br />
nun am 4. Juli herrschen. Die Vorhersage für die<br />
nächsten Tage ist eher wie die von letzter Woche: sehr<br />
schön am Morgen, etwas bedeckt und etwas Schneefall am<br />
Nachmittag, aber nie wirklich schlecht. Wir müssen eine<br />
Entscheidung treffen. Alle anderen werden ins Basislager<br />
zurückkehren. Aber von dort mit 15 anderen Bergsteigern<br />
im Gänsemarsch aufzusteigen, wäre nicht mehr das gleiche<br />
Abenteuer. Ohne gross zu diskutieren, entscheiden wir<br />
uns, im Lager 2 zu bleiben und den Aufstieg fortzusetzen.<br />
Nebel und Schnee erreichen wir Lager 3, aber die Sonne<br />
kehrt schnell zurück. Als ich das Zelt aufbaue, lasse ich<br />
eine Zeltstange fallen. Sie fliegt in hohem Bogen die Wand<br />
hinab. Jetzt haben wir nur noch ein halbes Zelt … Glücklicherweise<br />
entdeckt Tiphaine das Gestänge am Rande<br />
eines Séracs. Puh, die Expedition ist gerettet! Der Weg von<br />
Lager 3 nach Lager 4 ist sehr anstrengend. Um Triebschneeansammlungen<br />
aus dem Weg zu gehen, müssen wir<br />
erst etwas abfahren und dann steil wieder aufsteigen. Wir<br />
queren das Grosse Plateau hinüber zum Lager 4, das im<br />
Windschatten eines kleinen Séracs liegt. Wir sind auf 7250<br />
Metern, es ist 19 Uhr. Der Zeltaufbau und das Schneeschmelzen<br />
nehmen drei Stunden in Anspruch. Erst um 22<br />
Uhr können wir eine wohlverdiente Pause einlegen.<br />
Unten: Nachdem ich<br />
den Gipfel erreicht habe,<br />
treffe ich Tiphaine auf<br />
7800 m wieder in ihrer<br />
Schneehöhle. Erleichtert<br />
können wir bei<br />
Sonnenuntergang zum<br />
Lager 4 abfahren.<br />
27. UND 28. JUNI 2019<br />
Wir verlassen das Lager gegen 6 Uhr morgens und steigen<br />
den ersten Teil des Grates hinauf, der am Vortag<br />
von den pakistanischen Trägern gespurt wurde. Nach 200<br />
Metern erreichen wir einen grossen, unberührten Hang.<br />
Der Tiefschnee weicht im Laufe der Zeit hartem Eis. Bei<br />
29. JUNI 2019<br />
Tagwacht um 3:30 Uhr. So überraschend es auf 7250 Metern<br />
auch sein mag: Wir haben geschlafen wie die Murmeltiere.<br />
Um 5 Uhr gehen wir los. Mit weniger als 100 Höhenmetern<br />
pro Stunde scheint der Gipfel nicht näher zu kommen.<br />
Unsere Moral wackelt. Gegen 13 Uhr ziehen einige Wolken<br />
BORIS LANGENSTEIN<br />
TIPHAINE DUPERIER<br />
21. BIS 25. JUNI 2019<br />
Unsere Akklimatisierung ist abgeschlossen. Jetzt heisst<br />
es ausruhen und warten auf ein günstiges Wetterfenster.<br />
Zwei neue Expeditionen erreichen das Basislager, unter<br />
anderem das Team um den Nepalesen Nirmal Purja, der<br />
alle 14 Achttausender in sieben Monaten besteigen will.<br />
Wir tauschen uns ein wenig mit den anderen Gruppen aus.<br />
Für uns ist klar, dass wir zum ersten günstigen Zeitpunkt<br />
unser Glück versuchen werden. Wenn wir den Berg dann<br />
für uns alleine haben, umso besser! Am 23. Juni kommen<br />
unseretwegen noch zwei Hubschrauber angeknattert. TF1,<br />
ein französischer Fernsehsender, ist gekommen, um über<br />
uns zu berichten. Leider bleibt keine Zeit, um von unserem<br />
wachsenden Bekanntheitsgrad zu profitieren. Unsere<br />
Wetterbeobachter wachen über uns. Für den 29. Juni ist ein<br />
gutes Wetterfenster angesagt: Diesen Gipfeltag sollten<br />
wir nicht verpassen.<br />
EXPED – EXPEDITION EQUIPMENT<br />
SERAC 35<br />
Der Bergführer Boris Langenstein aus Tignes und die<br />
Pisten-Patrouilleurin Tiphaine Duperier, derzeit ebenfalls<br />
Bergführer-Aspirantin, kennen sich bereits seit Schulzeiten.<br />
Ihre Leidenschaft sind Skibefahrungen an den Bergen<br />
der Welt – immer im möglichst kleinen Team und im<br />
Alpinstil. Zusammen mit Carole Chambaret gelang ihnen<br />
bereits die Erstbefahrung des Laila Peak. Ihr Traum einer<br />
Befahrung der Diamirflanke am Nanga Parbat, wie es<br />
Luis Stitzinger 2008 gelang, erfüllte sich zwar nicht: Boris<br />
Langensteins Startpunkt knapp unter dem Gipfel dürfte<br />
dafür der bisher höchste am Nanga Parbat sein.<br />
26. JUNI 2019<br />
Wir verlassen das Basislager um 4 Uhr morgens. Der Weg<br />
zum Lager 2 muss neu gespurt werden. Über die Kinshofer-<br />
Route mit den schweren Rucksäcken und Ski auf dem<br />
Rücken aufzusteigen, ist ein ordentlicher Kraftakt. Nach elf<br />
anstrengenden Stunden erreichen wir Lager 2, wo sich einige<br />
andere Bergsteiger akklimatisieren. Beim Zeltaufbau<br />
profitieren wir von den Terrassen der Georgier und sparen<br />
uns eine Stunde Schneeschaufeln. Das Karma stimmt<br />
WETTERFESTER ALPIN-WINTERRUCKSACK<br />
Dieser federleichte 35-l-Tourenrucksack mit Rolltop und<br />
seitlichem Reissverschlusszugang bietet trotz seines<br />
minimalistischen Designs funktionale Details und ist für<br />
den Winter bestens ausgestattet: In einer wetterfesten<br />
Fronttasche verstaust du Schaufelblatt, Skifelle & Co.<br />
Eine durchdachte Skihalterung und diverse Befestigungspunkte<br />
für die Alpinausrüstung machen den<br />
Serac 35 zu einem zuverlässigen Begleiter auf<br />
winterlichen Tages- und Weekendtouren.<br />
extrem leicht<br />
wetterfest<br />
minimalistisch<br />
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22 INSPIRATION 01 / <strong>2020</strong><br />
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Photo: Martin Scheel