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Berliner Kurier 30.12.2019

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12 BERLIN BERLINER KURIER, Montag, 30. Dezember 2019 *<br />

Die Spuren der Wölfe<br />

Lottaund Juli sind für die Forschung<br />

unterwegs. Sender geben Auskunft<br />

über die Wanderungen der beiden<br />

Fotos: dpa<br />

Wolfs Revier: Zwei Tiere<br />

spähen ihr Gebiet aus.<br />

Die Raubtierebreiten<br />

sich immer mehr aus.<br />

105 Wolfsrudel soll<br />

es inzwischen in<br />

Deutschland geben.<br />

Wölfe kommen weit<br />

herum –bis nach<br />

Weißrussland<br />

und Dänemark sind Tiere<br />

aus Deutschland nachweislich<br />

schon getrabt. „Ein Wolf<br />

hat kein Google Earth, er<br />

läuft einfach los“, sagt Ilka<br />

Reinhardt vom Lupus-Institut<br />

für Wolfsmonitoring und<br />

-forschung in Sachsen. In<br />

diesem Sommer hat das Institut<br />

zwei Wölfe mit Sendern<br />

ausgestattet. Seither<br />

streunen Lotta und<br />

Juli durch die Wälder<br />

von Sachsen<br />

und Brandenburg.<br />

Juli hat den<br />

Funkdaten zufolge<br />

schon<br />

einen Ausflug<br />

bis an den Stadtrand<br />

von Cottbus<br />

unternommen.<br />

Reinhardt zufolge<br />

kann das ein<br />

Hinweis sein,<br />

dass die Fähe<br />

eine Familie<br />

gründen will:<br />

„Das Problem:<br />

Sie braucht<br />

ein Grundstück.“<br />

Und die<br />

werden in einigen<br />

Teilen<br />

des Landes<br />

knapp.<br />

In Deutschland<br />

werde die<br />

Population noch<br />

so lange wachsen,<br />

wie Wölfe geeignete<br />

und freie Territorien<br />

finden, sagt<br />

Reinhardt. Dort, wo<br />

Wölfe schon präsent<br />

sind, erfolge die Ausbreitung<br />

aber langsamer.<br />

Die Fachleute<br />

sprechen von „gesättigten<br />

Gebieten“.<br />

Brandenburg hat<br />

mit 41 Rudeln Sachsen<br />

als Wolfsland<br />

Nr. 1abgelöst. Dahinter<br />

rangieren Sachsen<br />

und Niedersachsenmit<br />

22 bzw. 21 Verbänden.<br />

Ein Rudel besteht aus etwa<br />

acht Tieren –den Eltern und<br />

Nachkommen der letzten<br />

zwei Jahre. Erstmals wurden<br />

einzelne Tiere in Baden-<br />

Württemberg, Rheinland-<br />

Pfalz, Nordrhein-Westfalen<br />

und Schleswig-Holstein<br />

nachgewiesen. Elf Bundesländer<br />

sind jetzt Wolfsgebiet.<br />

Nach dem Monitoring für<br />

das Wolfsjahr 2018/19 gibt es<br />

neben 105 Rudeln noch 25<br />

erfasste Wolfspaare sowie 13<br />

sesshafte Einzelwölfe. Beim<br />

vorhergehenden Monitoring<br />

waren es deutschlandweit 77<br />

Rudel, 40 Paare und drei<br />

Einzelwölfe. Der Deutsche<br />

Jagdverband beziffert die<br />

Zahl der Wölfe auf rund 1300<br />

Tiere – und prognostiziert<br />

für das kommende Frühjahr<br />

knapp 1800 der Räuber.<br />

Der Naturschutzbund<br />

Deutschland hält die Zahlen<br />

der Jagdverbandes für übertrieben.<br />

„Damit wird nur Panik<br />

verursacht“, meint Nabu-<br />

Wolfsexpertin Marie Neuwald.<br />

Die Jäger hätten offenbar<br />

alle Jährlinge und Welpen<br />

mitgezählt, die aber keine<br />

Relevanz für die tatsächliche<br />

Anzahl hätten: „Die<br />

Sterblichkeit von Welpen<br />

liegt im ersten Lebensjahr<br />

bei 50 Prozent, da gibt es viel<br />

Fluktuation.“<br />

Nicht zuletzt ihr hoher<br />

Schutzstatus hat dazu geführt,<br />

dass sich die Wölfe in<br />

Deutschland nahezu ungehindert<br />

ausbreiten können.<br />

Was Naturschützer erfreut,<br />

bringt Nutztierhalter auf die<br />

Palme. Denn mit der wachsenden<br />

Population nimmt<br />

auch die Zahl der gerissenen<br />

Schafe, Ziegen oder Rinder<br />

zu. Für das Jahr 2018 gelistet<br />

werden 639 Angriffe von<br />

Wölfen auf Nutztiere, bei<br />

denen 2067 von ihnen getötet<br />

oder verletzt wurden. Im<br />

Jahr zuvor waren es 472 Attacken<br />

und 1667 Opfer.<br />

Kurz vor Weihnachten entschied<br />

der Bundestag, dass<br />

Wölfe künftig einfacher abgeschossen<br />

werden können,<br />

um Nutztiere vor dem Raubtier<br />

zu schützen. Ein Abschuss<br />

auch möglich, wenn<br />

unklar ist, welcher Wolf eine<br />

Herde angegriffen hat. Es<br />

dürfen so lange Wölfe in der<br />

Gegend geschossen werden,<br />

bis es keine Attacken mehr<br />

gibt –auch wenn dafür ein<br />

ganzes Rudel getötet wird.<br />

Jörg Schurig

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