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VSAO JOURNAL Nr. 1 - Februar 2020

Regeneration - Von Menschen, Korallen und Müll Diabetes - Skalpell statt Pumpe Immunologie - Immuntherapie – Übersicht Politik - 75 Jahre vsao – Am Anfang war der Lohn

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Fokus<br />

hielt gesundheitliche Schäden zurück.<br />

Wir wurden sehr engmaschig überwacht,<br />

medizinisch und hinsichtlich der Arbeitssicherheit.<br />

Aber wir hatten einige Brandfälle.<br />

Einmal gelangte elementares Magnesium<br />

an die Luft und löste einen Brand<br />

aus, der das Hallendach beschädigte. Man<br />

muss sich vorstellen, dass die Halde zu<br />

Beginn an der höchsten Stelle bis etwa einen<br />

Meter unters Dach reichte. Zu Brandfällen<br />

kam es auch wegen Phosphorstücken<br />

aus der Rüstungsindustrie, die zwischen<br />

anderem Müll umherlagen. Quasi<br />

parallel zu uns wurde die wesentlich kleinere<br />

Deponie Bonfol im Jura saniert. 2010<br />

ereignete sich dort völlig unerwartet eine<br />

Explosion. Wir gingen zwar davon aus,<br />

dass evtl. Lösungsmittel verpuffen könnten,<br />

rechneten aber genauso wenig mit<br />

Explosivstoffen wie die Verantwortlichen<br />

in Bonfol. Danach rüsteten wir sofort<br />

nach: Alle Fahrzeuge wurden gepanzert,<br />

die Arbeit ungefähr für ein halbes Jahr<br />

eingestellt. Auch diese Fahrzeuge waren<br />

übrigens eine eigens für uns entwickelte<br />

Neuheit.<br />

2015 war der letzte Sondermüll entfernt.<br />

Aber das Aufräumen ging weiter.<br />

Weshalb?<br />

Bis 2016 mussten wir noch 40 000 Tonnen<br />

Fels ausbaggern, der ebenfalls kontaminiert<br />

war. Das war sicherheitstechnisch<br />

nicht mehr ganz so anspruchsvoll. Aber<br />

wegen der Geruchsbelästigung mussten<br />

alle Schutzmassnahmen aufrechterhalten<br />

werden. Danach musste die Grube<br />

wieder aufgefüllt werden. Glücklicherweise<br />

konnten wir von der SBB das Aushubmaterial<br />

des Eppenbergtunnels übernehmen.<br />

Aufgefüllt wurde, als die Halle<br />

noch stand. 2018 wurde die Halle wochenlang<br />

gereinigt und abgebaut. In Betrieb ist<br />

immer noch die Wasserauffanganlage<br />

und -reinigung, da bis heute Schadstoffe<br />

ins Grundwasser gelangen könnten.<br />

Die Sanierung war hinsichtlich Dauer,<br />

Kosten usw. einzigartig. Gibt es auch<br />

Positiva in dieser Bilanz?<br />

Kölliken war ein Signal. Heute werden aufgrund<br />

unseres Vorbilds grosse Altlastendeponien<br />

in verschiedensten Ländern saniert.<br />

Wir stehen bei einigen Projekten beratend<br />

zur Seite. Trotz der horrenden Kosten<br />

kam die Sanierung für das Konsortium<br />

letztlich günstiger als ein jahrhundertelanges<br />

Aufrechterhalten der Sicherheitsmassnahmen.<br />

Ein Erfolgsfaktor war die Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Wir haben immer aktiv informiert<br />

und alles offengelegt. Die Halle<br />

konnte von aussen eingesehen werden, es<br />

gab regelmässige Informationsanlässe und<br />

Bulletins. Diese Politik hat sich als sehr erfolgreich<br />

erwiesen.<br />

Wie sieht die Zukunft des Geländes aus?<br />

Es gibt verschiedene Interessen. Von Seiten<br />

des Naturschutzes bestehen Pläne, einen<br />

Lernort einzurichten. Der Kanton<br />

möchte wieder Landwirtschaftsflächen<br />

schaffen. Wahrscheinlich kommt am Ende<br />

ein Mix aus beiden Ideen zustande.<br />

Zur Person<br />

Benjamin Müller (geb. 1963), studierte<br />

Geologie an der Universität Zürich<br />

und promovierte 1993 an der ETH<br />

Zürich. Nach acht Jahren Forschungstätigkeit<br />

als Oberassistent an der<br />

Universität Bern wechselte er als<br />

Niederlassungsleiter zu einem Ingenieurbüro<br />

nach Aarau. Ab 2006 leitete<br />

Benjamin Müller als Gesamtprojektverantwortlicher<br />

die praktische Umsetzung<br />

des Sanierungsprojektes<br />

SMDK. 2011 wurde er zum Geschäftsführer<br />

des Konsortiums SMDK gewählt.<br />

Benjamin Müller ist verheiratet<br />

und Vater von drei Kindern.<br />

SMDK: Zahlen und<br />

Daten<br />

• 16. Mai 1978: Eröffnung der Deponie<br />

(Einlagerungsgebühren 45 bis<br />

85 Franken pro Kubikmeter)<br />

• 25. April 1985: Schliessung der Deponie<br />

• 1986 bis 1990: Bau einer mehrlagigen<br />

Abdeckung und einem System, um<br />

Gas abzusaugen<br />

• 1993: Bau der Sicherungsbrunnen<br />

zum Auffangen des Sickerwassers<br />

• 1994: Bau der Schmutzwasser- und<br />

Abluftbehandlungsanlage<br />

• 1998: Bau der Abschirmung Nord,<br />

einer 380 Meter langen und bis rund<br />

13 Meter tiefen Sickerleitung, um das<br />

seitliche Eindringen von Grundwasser<br />

in die Deponie zur verhindern<br />

• 2003: Bau der Abschirmung Süd mit<br />

ei nem 600 Meter langen begehbaren<br />

Stol lensystem, wo in 120 Brunnen<br />

das belastete Sickerwasser aufgefangen<br />

wird<br />

• 2003: Entschluss zur Totalsanierung<br />

• 2006: Bau der Riesenhalle<br />

• 2007–2016: Rückbau der Deponie,<br />

inkl. Aushub von kontaminiertem<br />

Fels<br />

• 2017–2018: Beginn der Aufschüttung<br />

mit sauberem Aushubmaterial in der<br />

Halle und Abbau der Halle<br />

• Insgesamt wurden rund 664 000<br />

Tonnen kontaminiertes Material<br />

abgeführt und fachgerecht entsorgt.<br />

Die Kosten der Sanierung seit 1985<br />

belaufen sich auf CHF 850 Millionen.<br />

<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 1/20 21

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