UmweltJournal Ausgabe 2018-01
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Jänner <strong>2<strong>01</strong>8</strong>/ <strong>UmweltJournal</strong> KOMMUNALE WASSERLÖSUNGEN<br />
17<br />
Koagulation und Flockung in der Trinkwasserreinigungsanlage Helsinki<br />
Mega-Rührwerke sorgen<br />
für sauberes Trinkwasser<br />
Fotos: invent<br />
Kippis! Das heißt „Prost“ auf Finnisch. Die Hauptstadt einer der trinkfestesten<br />
Nationen unter der Sonne auch über genügend Wasser verfügt, dafür sorgen über<br />
22 Invent-Rührwerke.<br />
Finnlands Hauptstadt<br />
Helsinki fördert sein<br />
Rohwasser mithilfe eines<br />
Tunnels aus dem rund 120<br />
Kilometer entfernten See<br />
Päijänne zu zwei Wasseraufbereitungsanlagen,<br />
in welchen<br />
es behandelt und gereinigt<br />
wird. Dies sichert Trinkwasser<br />
in ausreichender Menge und<br />
hervorragender Qualität für<br />
rund eine Million Menschen.<br />
HSY, Helsinkis Environmental<br />
Services Authority, ist dabei<br />
der kommunale Anlagenbetreiber<br />
und verantwortlich für<br />
die Sicherung der gesamten<br />
Wasserversorgung. In der<br />
Trinkwasserreinigungsanlage<br />
in Vanhakaupunki kommen<br />
seit Juli vergangenen Jahres<br />
18 „Hyperclassic Evolution7“<br />
Rührwerke und drei „Cyberpitch“<br />
Rührwerke aus dem<br />
Hause Invent zum Einsatz.<br />
Um die Kapazität zu erhöhen<br />
und für eine energieeffizientere<br />
Gestaltung wurde die<br />
bestehende Anlage umgebaut.<br />
Invents Vertriebspartner Puwimex<br />
Oy konnte dem Anlagenbetreiber<br />
HSY für eine<br />
optimierte Koagulation und<br />
Flockung bereits in der Designphase<br />
die passenden Invent<br />
Rührwerke auslegen und empfehlen.<br />
Zusätzlich wurden mithilfe<br />
hochauflösender, realitätsnaher<br />
Strömungssimulation<br />
die Prozessschritte modelliert<br />
und optimiert.<br />
kommen den Anforderungen<br />
in der Trinkwasseraufbereitung<br />
sehr entgegen. Die Antriebe<br />
sind über der Wasseroberfläche<br />
trocken aufgestellt und<br />
haben somit keinen Kontakt<br />
mit dem Wasser. Den kundenspezifischen<br />
Anforderungen<br />
zur Vermeidung von Verunreinigungen<br />
im Trinkwasserbereich<br />
entsprechend, wurden die<br />
Rührwerke mit Lebensmittelöl<br />
in den Antrieben und Ölauffangbehältern<br />
ausgerüstet.<br />
Mithilfe der Hyperclassic<br />
Rührwerke können alle Voraussetzungen<br />
für eine optimale<br />
Entstehung der Flocken erfüllt<br />
und unerwünschte Verunreinigungen<br />
abgeschieden werden.<br />
Durch die Rotation in Bodennähe<br />
wird über acht integrierte und<br />
speziell optimierte Transportrippen<br />
eine radial nach außen<br />
gerichtete Bodenströmung erzeugt.<br />
Diese ist vor allem in Bodennähe<br />
turbulent und wirbelt<br />
Ablagerungen wirkungsvoll auf,<br />
sodass ein Absetzen der Partikel<br />
im Flockungsbecken verhindert<br />
wird. Die Entstehung von<br />
Kurzschlussströmungen kann<br />
zudem zuverlässig ausgeschlossen<br />
werden. Durch die an der<br />
Wasseroberfläche zur Welle hin<br />
gerichtete Strömung werden alle<br />
Partikel gleichmäßig im Becken<br />
durchmischt, sodass nahezu alle<br />
Partikel mit dem Flockungsmittel<br />
in Berührung kommen, agglomerieren<br />
und Flocken ausbilden.<br />
niedrigen Drehzahl sind die<br />
Scherkräfte des Hyperclassic<br />
Rührwerks auf ein Minimum<br />
reduziert. Das Agglomerieren<br />
der Flocken wird dadurch<br />
unterstützt und eine Beanspruchung<br />
der Flocken vermieden.<br />
Je größer und stabiler diese<br />
Flocken sind, desto leichter<br />
lassen sie sich in den nachfolgenden<br />
Reinigungsschritten<br />
abscheiden. Verunreinigungen<br />
werden nahezu vollständig<br />
aus dem Trinkwasser entfernt.<br />
Diese Tatsachen tragen dazu<br />
bei, die Reinigungsleistung der<br />
Anlage ganz entscheidend zu<br />
verbessern.<br />
Durch den Umbau und die<br />
Nachrüstung der Anlage mit<br />
Invent Rührwerken im Sommer<br />
2<strong>01</strong>7 konnte der Betreiber<br />
HSY nicht nur den höheren<br />
Bedarf decken, sondern auch<br />
energieeffizienter bestes Trinkwasser<br />
an rund eine Million<br />
Menschen in und um Helsinki<br />
liefern. Also: Kippis! <br />
Ein Blick in die Trinkwasserreinigungsanlage Vanhakaupunki, Helsinki, Finnland.<br />
Geschwindigkeitskontur um das Invent Cyberpitch Rührwerk und Strömungslinien in<br />
den Verteilerbecken.<br />
Cyberpitch und<br />
Hyperclassic<br />
Je größer die Flocken,<br />
desto leichter abscheidbar<br />
Eine Herausforderung bei der<br />
Auslegung war zum einen die<br />
deutliche Verbesserung des<br />
Mischergebnisses in den Zulaufbecken<br />
der Trinkwasseranlage.<br />
Erzielt werden soll ein<br />
spontaner Ladungsausgleich auf<br />
der Partikeloberfläche, damit<br />
kolloidal vorhandene Partikel zu<br />
Flocken wachsen können. Hierbei<br />
kommen die Cyberpitch<br />
Rührwerke zum Einsatz, die<br />
schnell und mit hoher Energie<br />
mischen. Das Rührwerk besteht<br />
aus einem weiterentwickelten<br />
Schrägblattrührer, welcher das<br />
Wasser sowohl in axialer als<br />
auch in radialer Richtung beschleunigt.<br />
Mit den Cyberpitch<br />
Rührwerken wird zum anderen<br />
das Flockungshilfsmittel gleichmäßig<br />
eingemischt.<br />
Die Hyperclassic Evolution7<br />
Rührwerke werden für<br />
die Flockungsbecken verwendet,<br />
um unerwünschte Trinkwasserinhaltsstoffe,<br />
zum Beispiel<br />
Trübstoffe oder gelöste<br />
organische Stoffe, durch Agglomeration<br />
von suspendierten<br />
oder kolloidalen Teilchen<br />
zu entfernen. Anschließend<br />
durchströmt das Wasser eine<br />
Sedimentations-, Flotationsund<br />
Filtrationsstufe.<br />
Fast alle Partikel berühren<br />
Flockungsmittel<br />
Die Designs beider Rührwerke<br />
Aufgrund des großen Rührwerksdurchmessers,<br />
der optimalen<br />
Geometrie und der<br />
Marode Wasserleitungen leichter überprüfen<br />
Hightech-Molch findet kleinste Lecks<br />
Ein innovativer MIT Roboter schwimmt durch Wasserund<br />
Gasleitungen auf der Suche nach Lecks – und soll<br />
diese auch bald reparieren.<br />
Nicht einmal das kleinste<br />
Leck entgeht einem<br />
von MIT-Forschern<br />
entwickelten Hightech-Molch,<br />
der durch Pipelines wie Trinkwasserleitungen<br />
geschickt wird.<br />
Das flexible Gerät ähnelt einem<br />
Federball, der mit der Schlagseite<br />
voran durch das Rohr<br />
driftet. Es besteht aus einem<br />
gummiartigen Material, das den<br />
gesamten Rohrquerschnitt ausfüllt.<br />
Die Entwickler wollen den<br />
Molch im September auf der<br />
International Conference on<br />
Intelligent Robots and Systems<br />
in Vancouver vorstellen.<br />
Wasser kann weiterfließen<br />
Die Funktionsweise der Innovation<br />
ist so einfach wie effizient:<br />
Eines der Invent<br />
Hyperclassic Rührwerke.<br />
Sensoren im Inneren messen<br />
den Druck, der sich ändert, wenn<br />
der Molch ein Leck oder eine<br />
Auswölbung erreicht, die den<br />
Rohrquerschnitt reduziert. Die<br />
Formänderung überträgt sich<br />
auf den flexiblen Körper des<br />
Geräts. Der Molch lässt sich an<br />
jedem Hydranten ins Rohrnetz<br />
einschleusen und anschließend<br />
wieder herausholen.<br />
Das Team um Maschinenbau-<br />
Professor Kamal Youcef-Toumi<br />
testet das Lecksuchsystem in<br />
diesem Sommer in einer Zwölf-<br />
Inch-Wasserleitung aus Beton im<br />
mexikanischen Monterrey. Die<br />
Wasserversorgung geht während<br />
des Einsatzes unverändert weiter.<br />
Zur Reparatur muss das Wasser<br />
aber abgeschaltet werden. Lecks<br />
lassen sich oft durch Kunststoff-<br />
Das Flockungsbecken der Anlage.<br />
netze abdichten, die sich an die<br />
Innenseite des Rohrs schmiegen.<br />
Epoxidharz gibt ihnen die benötigte<br />
Stabilität.<br />
Lecks kosten<br />
Millionen Dollar<br />
Die Verwaltung der Millionenstadt<br />
Monterrey hat großes<br />
Interesse an der Lecksuche.<br />
Dort gehen 40 Prozent des<br />
Trinkwassers verloren, weil die<br />
Leitungen brüchig sind. Der<br />
Schaden beträgt pro Jahr etwa<br />
80 Millionen Dollar. In anderen<br />
Ländern sieht es nicht viel<br />
besser aus. In Europa und den<br />
USA sind es im Durchschnitt<br />
20 Prozent, die durch Lecks<br />
austreten. In manchen Fällen<br />
spült das austretende Wasser<br />
Hohlräume aus, die zuweilen<br />
einstürzen. Sie gefährden den<br />
Straßenverkehr und die Standfestigkeit<br />
von Gebäuden.<br />
Besonders teuer sind Lecks in<br />
Saudi-Arabien. Das Land verliert<br />
etwa ein Drittel seines Trinkwassers,<br />
das zu überwiegenden<br />
Teilen aus Meerwasser gewonnen<br />
wird, was besonders teuer ist.<br />
Aus diesem Grund interessiert<br />
Hightech-Molch im Einsatz: Ergebniskurven zeigen Lecks<br />
sich Pipetech LLC für die Tests<br />
in Mexiko, eine Service-Firma<br />
für Pipelines in Al Khobar, Saudi-<br />
Arabien. You Wu, der zum Team<br />
von Youcef-Toumi gehört, staunt<br />
selbst über die Empfindlichkeit<br />
des Molchs. „Er fand ein Leck,<br />
aus dem pro Minute eine Gallone<br />
Wasser floss“, verdeutlicht You<br />
Wu. Die kleinsten Lecks, die konventionelle<br />
Molche entdecken<br />
können, seien zehnmal so groß.<br />
Die Forscher wollen als<br />
Nächstes eine flexiblere Version<br />
des Roboters entwickeln,<br />
Grafik: web.mit.edu<br />
die schnell die Form ändern<br />
kann, um in verschiedene Rohr-<br />
Durchmesser zu passen; dazu<br />
schwebt ihnen eine Art Regenschirmöffnung<br />
vor. Dies würde<br />
es dem Roboter ermöglichen, in<br />
Städten wie Boston eingesetzt<br />
zu werden, wo eine diversifizierte<br />
Mischung von Rohrgrößen<br />
miteinander verbunden ist. Im<br />
Idealfall wird der Roboter in<br />
Zukunft auch mit speziellen<br />
Werkzeugen ausgestattet sein,<br />
um winzige Lecks zu reparieren.<br />
(UJ/pte)