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UmweltJournal Ausgabe 2018-01

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Jänner <strong>2<strong>01</strong>8</strong>/ <strong>UmweltJournal</strong> BAU- | GEBÄUDETECHNIK<br />

13<br />

Die Hanffaser-Dämmplatte gilt als ökologische Alternative und ist bezüglich<br />

Dämmwert dem bewährten Polystyrol absolut ebenbürtig, setzt aber im Schallschutz<br />

neue Maßstäbe. Die Hanffaser-Dämmplatte kann am Ende ihres Lebenszyklus‘<br />

zu neuen Dämmplatten recycelt oder als Rohstoff zur Biogasgewinnung<br />

verwertet werden.<br />

mal mit viel Fantasie eine Wirkung<br />

beim Rauchen.“<br />

Die Wirkung in einem aus Hanfstroh<br />

gedämmten Raum aber spürt man sehr<br />

wohl. Diese kann man unter anderem<br />

in Perg erleben. Denn das dortige Schulungszentrum<br />

der Synthesa Gruppe –<br />

unter deren Dach Capatect und Naporo<br />

firmieren – wurde sowohl an der Fassade,<br />

als auch im Innenbereich mit Hanfdämmplatten<br />

ausgebaut.<br />

Belebende Düfte<br />

Vor allem die Deckenpaneele verströmen<br />

ein gesundes Wohlfühlklima – es<br />

riecht ganz dezent nach Kräuterdepot<br />

und Heuboden. Durch die belebenden<br />

Düfte sollen sogar Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit<br />

gesteigert werden.<br />

Peter Eichmayer, Werbeleiter bei Synthesa,<br />

ist begeistert von dem natürlichen<br />

Dämmstoff, auch wenn die aktuellen Absatzmärkte<br />

noch überschaubar sind: „Im<br />

Moment liegt unsere Hanfschiene noch<br />

bei etwa sechs Prozent des gesamten<br />

Dämmstoffabsatzes. Aber wir stehen alle<br />

sehr idealisiert hinter diesem Produkt<br />

und glauben, dass darin größtes Potenzial<br />

für die Zukunft liegt“, so Eichmayer.<br />

Diese Überzeugung spiegelt sich auch<br />

in der Investition wieder, die die Gruppe<br />

am Produktionsstandort in Haugsdorf<br />

tätigen musste. Mehrere Millionen<br />

Euro wurden in eine Fertigungsanlage<br />

gesteckt, die es ermöglichen sollte, das<br />

widerspenstige Hanfstroh nutzbar zu<br />

machen und schließlich zu Dämmplatten<br />

umformen zu können.<br />

Dämmen mit „Stoff “<br />

Alleine schon der Beginn des Fertigungsprozesses<br />

ist besonders aufwendig. Zwei<br />

überdimensionale Schredder trennen<br />

die Hanfballen auf und zerkleinern die<br />

Fasern mit einem Drehmoment von über<br />

100.000 Newtonmeter. Diese Power ist<br />

auch aufgrund der extremen Zähigkeit<br />

des Hanfstrohs notwendig. Immer wieder<br />

kommt es zu Produktionsstopps, weil sich<br />

das Material nicht vollständig auftrennen<br />

Hanffasern sind schwer auftrennbar und nicht leicht<br />

weiterzuverarbeiten.<br />

lässt und einzelne Maschinenteile lahmlegt.<br />

Ist die Zerkleinerung aber einmal geschafft,<br />

kommen die Hanfschnitzel gemeinsam<br />

mit einem Bindemittel – wahlweise aus<br />

Maisstärke oder Polyesterfaser - „ins Warme“.<br />

In der beheizten Fertigungsbahn<br />

schmelzen die Tropfen des Bindemittels<br />

auf und die fertig geformten Dämmplatten<br />

fahren langsam und duftend wie riesige,<br />

warme Kuchenstücke aus dem „Ofen“.<br />

Derzeit verlassen pro Jahr schon<br />

mehrere Tonnen Hanfdämmplatten<br />

das Werk. Wo auch immer die verpackten<br />

Paletten mit den charakteristischen<br />

grünen Hanfblättern darauf angeliefert<br />

werden, sorgen sie auch für Aufsehen.<br />

Nicht selten meinen Beobachter: „Jetzt<br />

kommen die Drogen schon in Paletten-Größe“<br />

– wie jüngst bei einem Sanierungs-Objekt<br />

in der Elisenstraße im<br />

23. Wiener Gemeindebezirk. Aufgeklärt<br />

über die tatsächliche Funktion der Hanfplatten,<br />

gibt es aber dann stets respektvolle<br />

Zustimmung, so auch hier: „Super!<br />

Ich hoff, die dämmen auch die anderen<br />

Gebäude mit dem ‚Stoff‘.“ <br />

„Energie Star“ für Hanfdämmung<br />

Das Projekt „Hanf macht Schule“ der Gemeinde Pabneukirchen wurde mit dem Energie Star 2<strong>01</strong>7<br />

ausgezeichnet.<br />

„Unsere Hanffaser-Dämmplatte bietet dem Kunden neben<br />

der Energieeinsparung viele technische Vorteile, beispielsweise<br />

eine bessere Schalldämmung oder Hagelschutz.“ Robert<br />

Schwemmer, Naporo.<br />

WUSSTEN SIE, DASS …<br />

... es mehr als 50.000 Produkte aus Hanf gibt?<br />

... das erste nachgewiesene Papier vor etwa 2000 Jahren aus Hanf war?<br />

... Hanf bereits vor 10.000 Jahren in China zur Fasergewinnung und die<br />

Hanfsamen als Nahrungsmittel verwendet wurden und Hanf damit eine der<br />

ältesten Kulturpflanzen der Welt ist?<br />

... Gutenberg die Bibel 1455 auf Hanfpapier druckte?<br />

... auch die amerikanische Unabhängigkeitserklärung von 1776 auf Hanfpapier<br />

gedruckt wurde? Der erste amerikanische Präsident George Washington baute<br />

selbst im großen Stil Hanf an.<br />

... Kolumbus Amerika 1492 in einem Schiff mit Segeln und<br />

Seilen aus Hanf entdeckte?<br />

... die ersten Jeans von Levi Strauss aus Hanftextilien hergestellt wurden?<br />

... sich das Wort „schäbig“ von Schäben, dem holzigen Teil der<br />

Hanfpflanze, ableitet?<br />

... dass die Wurzeln des Hanfes zwischen zwei und vier Meter in die Erde reichen?<br />

... es insgesamt 42 von der EU zertifizierte Sorten mit niedrigem THC-Gehalt<br />

(weniger als 0,02 Prozent) gibt, die seit 1995 wieder angebaut werden dürfen?<br />

... Hanf bis zu sieben Zentimeter täglich wächst?<br />

... dass es drei Gattungen von Hanf gibt: Nutz-, Industrie- oder Lebensmittelhanf<br />

mit geringem THC-Gehalt (Cannabis sativa), indischer Hanf mit<br />

15 bis 20 Prozent THC-Gehalt (Cannabis indica) sowie den Urhanf oder<br />

russischen Hanf, der als Beikraut etwa auf Kartoffelfeldern gepflanzt wird?<br />

... eine männliche Hanfpflanze einen Hektar weibliche Pflanzen bestäuben kann?<br />

Fotos: capatect Fotos: naporo, kohl<br />

Projekte, die durch Innovationen für<br />

effizientere Energienutzung beeindrucken,<br />

wurden bei der Verleihung<br />

des oberösterreichischen Landesenergiepreises<br />

„Energie Star 2<strong>01</strong>7“ von<br />

Energiereferent Michael Strugl ausgezeichnet.<br />

In der Kategorie „Energieinnovation<br />

lokal: Schulsanierung“ ging<br />

der Preis nach Pabneukirchen.<br />

Bei der Sanierung des über 40 Jahre alten<br />

Schulzentrums Pabneukirchen wurde<br />

der Außendämmung der 1.920 Quadratmeter<br />

umfassenden Fassade oberste<br />

Priorität eingeräumt. Gemäß den Zielen<br />

energieeffizient, ökologisch und regional<br />

erfolgte die Dämmung mit 20 Zentimeter<br />

dicken Hanfplatten. Das Schulzentrum<br />

Pabneukirchen ist das erste öffentliche<br />

Schulprojekt dieser Größenordnung<br />

in Österreich, an dem die Außendämmung<br />

mit Hanffaser verwirklicht wurde.<br />

Durch die Fassadendämmung sowie<br />

weitere Sanierungsmaßnahmen beträgt<br />

die Energieeinsparung 60 Prozent, das<br />

sind etwa 16.000 Euro weniger Heizkosten<br />

pro Jahr.<br />

„Thermische Sanierung mit Hanf ist bei<br />

öffentlichen Bauten noch selten und<br />

manchmal aufgrund der Budget-Situation<br />

nicht ganz einfach realisierbar.<br />

Mit Bürgermeister Johann Buchberger<br />

aus Pabneukirchen haben wir einen<br />

engagierten Partner gefunden, der sich<br />

wie kein anderer für eine ökologische<br />

Dämmung der Schule eingesetzt hat<br />

und mit seiner Begeisterung auch andere<br />

Gemeinden ansteckt“, erzählt Benno<br />

Auböck von Capatect (Synthesa Niederlassung<br />

Ansfelden).

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