UmweltJournal Ausgabe 2018-01
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Jänner <strong>2<strong>01</strong>8</strong>/ <strong>UmweltJournal</strong> KOMMUNE 4.0<br />
9<br />
Foto: Bayern innovativ<br />
Digitale Mensch-Maschine Interaktion wird auch Kommunen erreichen, meint Zukunftslotse<br />
Thomas Strobel.<br />
Dass kommunaler Modernisierungsanspruch<br />
mit hoher Bürgerakzeptanz erfolgreich umgesetzt<br />
werden kann, zeigt die 2008 in Tübingen gestartete<br />
„fröhliche“ Klimaschutzkampagne „Tübingen<br />
macht blau“. Bilanz nach acht Jahren: „Blau machen<br />
mittlerweile über 10.000 Ökostrom-Kunden der<br />
Stadtwerke Tübingen. Blau machen auch immer<br />
mehr Menschen, indem sie das Auto teilen oder<br />
den Bus benutzen. Blau leuchten die Wärmebilder<br />
sanierter Wohnungen und Bürgersolaranlagen machen<br />
die Dächer blau.“<br />
Digitale Stellschrauben für Kommunen<br />
An welchen Stellrädern der Digitalisierung können<br />
Kommunen mit schnell wirksam werdendem Nutzen<br />
individuell „drehen“? Wenn man in Rechnung<br />
stellt, dass die meisten Städte und Gemeinden auch<br />
weiterhin Schritte in Richtung einer vorausschauend<br />
geplanten und lebenswerten Zukunft gehen<br />
wollen, bieten sich Handlungsoptionen unter anderem<br />
auf folgenden Feldern an:<br />
• Kommunaler Masterplan für die Digitalisierung<br />
• vernetze, emissionsfreie Mobilitätssysteme<br />
• Konzepte für lokale, gesunde<br />
Nahrungsmittelproduktion<br />
• dezentrale Energieerzeugung und -verteilung<br />
• Pilotprojekte zum Einsatz von digitalen<br />
Technologien für höhere Lebensqualität<br />
Lassen Sie mich dazu nur wenige Ideen dafür anführen.<br />
Modernisierung der IT-Infrastruktur als Teil<br />
der Digitalisierungsstrategie:<br />
Um bis zu 80 Prozent können kommunale Verwaltungseinrichtungen<br />
den Stromverbrauch<br />
ihrer IT senken, wie eine Umfrage der Deutschen<br />
Energie-Agentur jetzt offenbarte. Der Grund:<br />
87 Prozent der Computer in kommunalen Einrichtungen<br />
sind Desktop-PCs, der Anteil von – in<br />
der Regel effizienteren – Notebooks und Thin<br />
Clients liegt bei nur 13 Prozent. Zudem sei jeder<br />
dritte Computer älter als vier Jahre. Und: Energieeffizienz<br />
wird von nur einem Viertel der IT-<br />
Beschaffer als sehr wichtiges Kriterium genannt,<br />
weil offenbar dafür strikte Vorgaben fehlen. Noch<br />
ist wohl der möglichst niedrige Beschaffungspreis<br />
für Kommunen das A und O statt Kosten und<br />
Footprint über die gesamte Lebensdauer. Weitere<br />
Ideen für digitale Kommunallösungen:<br />
• Digitalisierung erlaubt kostengünstig und aufwandsarm<br />
Bürgernähe statt Bürokratie: Was<br />
wirkt bürgerfreundlicher – eine kostenlose<br />
Zahlungserinnerung mit einer automatisch verschickten<br />
Mail oder ein mit der Post verschickter<br />
Mahnbrief mit zusätzlichen Mahngebühren?<br />
Warum erinnert eine Kommune ihre Bürger<br />
nicht rechtzeitig bevor Personalausweis oder Reisepass<br />
ungültig werden? Die Daten dafür liegen<br />
vor und die Erinnerung könnte automatisiert per<br />
Mail verschickt werden?<br />
• Eine Plattform, die regional erzeugte Waren mit<br />
regionalen Logistikdienstleistern und regionalen<br />
Händlern zusammenbringt, wäre ideal<br />
geeignet um die Endkunden auf dem Weg<br />
zu Nachhaltigkeit durch Regionalisierung zu<br />
unterstützen. Die Kommune profitiert von<br />
erfolgreicheren Unternehmen, zufriedenen<br />
Kunden und weniger Transportverkehr.<br />
• Wie praktisch wäre ein staatlich einheitliches<br />
Abrechnungssystem der Kommunen für den<br />
öffentlichen Nahverkehr? Egal in welche Stadt<br />
ein Reisender kommt: Eine einzige Smartphone-<br />
App erlaubt ihm für seine gewünschte Fahrtstrecke<br />
ein Ticket zu kaufen und zu bezahlen. Und<br />
wie großartig wäre so eine App für den gesamten<br />
Euro-Raum?<br />
• Moderne Verkehrskonzepte maximieren den<br />
Transport von Personen. Sie setzen alle verfügbaren<br />
Verkehrsmittel ein, um Menschen abschnittweise<br />
ihrem Fahrziel näher zu bringen.<br />
Staus mit Fahrzeugen, in denen nur eine Person<br />
sitzt gehören der Vergangenheit an. Autonome<br />
Fahrzeuge, die untereinander kommunizieren,<br />
erlauben die Abschaffung von Ampeln, was trotz<br />
höherer Verkehrssicherheit Energie- und Wartungskosten<br />
spart.<br />
Aufholinvestitionen für den ländlichen Raum<br />
Landgemeinden müssen ebenfalls eine digitale<br />
Zukunft haben und an die nebenan vorhandenen<br />
städtischen Infrastrukturen andocken. Wer das<br />
ideen- oder investitionsmäßig auf die lange Bank<br />
schiebt, wird vermutlich abgehängt oder zum<br />
nichtdigitalen Reservat erklärt. Schnelles Internet<br />
ist für Mittelständler ein Standortkriterium; vom<br />
aufkommenden Internet der Dinge mit Milliarden<br />
von vernetzten Cyber-Physical Systems noch gar<br />
nicht zu reden …<br />
*Thomas Strobel, Geschäftsführer der Fenwis GmbH, ist einer der wenigen<br />
„Zukunftslotsen“ im deutschsprachigen Raum. Sein Ziel ist, Manager<br />
mit Gestaltungswillen, Neugierde und Offenheit über Zeitreisen in<br />
die Zukunft für die vorausschauende Arbeit an einer erfolgreichen und<br />
nachhaltigen Zukunft zu begeistern. fenwis.de