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UmweltJournal Ausgabe 2018-01

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12 BAU- | GEBÄUDETECHNIK<br />

<strong>UmweltJournal</strong> /Jänner <strong>2<strong>01</strong>8</strong><br />

Neue Dämmplatte belebt alte Kulturpflanze<br />

Wer Hanf anlegt, hat’s chilliger<br />

Dass Hanf hierzulande noch vor einem Jahrhundert eine der wichtigsten Kulturpflanzen war, wissen heute nur mehr wenige. Vor allem seine vielseitige Verwendungsmöglichkeit<br />

wurde vor den Zeiten der Kunststoffindustrie besonders geschätzt. Doch seit einigen Jahren gewinnt der Hanf samt seiner Erzeugnisse wieder an Bedeutung und Zuspruch. Ein<br />

Produkt, das nun bereits in Serie gefertigt wird, ist die Hanffaser-Dämmplatte von Capatect. Ihre Eigenschaften hinsichtlich Energieeinsparung und Wohngefühl sind beachtlich<br />

– bei Schallschutz und Widerstandsfähigkeit aber ist sie sogar unschlagbar.<br />

Hanf ist ein nachwachsender, heimischer Rohstoff, der weder Dünger noch Spritzmittel benötigt und nur kurze Transportwege erfordert. Er bindet bereits beim Wachstum erheblich mehr CO 2<br />

als bei der Herstellung<br />

des Dämmstoffes emittiert wird.<br />

Autor:<br />

Mag. Alexander Kohl<br />

alexander.kohl@sciam.at<br />

Hanf ist „Droge“. Hanf ist<br />

schlecht. So lautete lange der<br />

Tenor in der Gesellschaft und<br />

kaum eine Pflanze wurde hierzulande<br />

Mitte des letzten Jahrhunderts derart<br />

geächtet wie der Hanf. Der Anbau wurde<br />

verboten und das Wissen um eine<br />

der ältesten Kulturpflanzen Europas<br />

ging langsam verloren.<br />

Heute aber wird der Nutzhanf<br />

langsam wieder entdeckt und seine<br />

Bedeutung steigt in vielen Anwendungsbereichen.<br />

Über 50.000 Produkte<br />

aus Hanf soll es bereits geben.<br />

Und eines ist bei all diesen besonders<br />

hervorzuheben: Mit Hanf können viele<br />

synthetische oder wenig nachhaltige<br />

Rohstoffe auf natürlichem Wege<br />

ersetzt werden.<br />

Dämmplatten aus Hanfstroh<br />

fähigkeit gegenüber mechanischen<br />

Belastungen, da die Hanf-Dämmplatte<br />

elastisch nachgeben kann und<br />

daher Außeneinwirkungen – wie<br />

Hagel – viel besser aufnimmt beziehungsweise<br />

abfedert.<br />

Stattdessen hagelt es Preise. In<br />

Österreich wurde die nachhaltige<br />

Dämmlösung bereits mit dem OÖ.<br />

Umweltschutzpreis, dem Energie-Genie<br />

und 2<strong>01</strong>3 mit dem Klimaschutzpreis<br />

in der Kategorie „Klimaschutz durch<br />

Innovation“ ausgezeichnet. International<br />

war das Unternehmen unter anderem<br />

bereits bei den GreenTec, den BAKA<br />

und Iconic Awards und dem Detail-<br />

Produktpreis erfolgreich.<br />

Hanf kehrt zurück<br />

Seit 2<strong>01</strong>5 produziert Naporo für<br />

Capatect nun seine Dämmplatten<br />

in Haugsdorf (NÖ) im nördlichen<br />

Weinviertel. Der neue Produktionsstandort<br />

wurde strategisch gewählt<br />

– man befindet sich in unmittel-<br />

Die Capatect-Tochter Naporo stellt<br />

schon seit einigen Jahren leistungsfähige<br />

Dämmmaterialien aus Hanfstroh<br />

her und hat die weltweit erste<br />

zertifizierte und technisch ausgereifte<br />

Hanfdämmung für Fassaden entwickelt.<br />

Die Dämmplatten können in<br />

unterschiedlicher Fertigung sowohl<br />

an der Fassade, als auch im Innenbereich<br />

verwendet werden. „Unsere<br />

Hanffaser-Dämmplatte bietet dem<br />

Kunden neben der Energieeinsparung<br />

weitere technische Vorteile gegenüber<br />

anderen Produkten“, sagt Naporo-<br />

Geschäftsführer Robert Schwemmer.<br />

Der Wohnkomfort steigt und der<br />

Heizenergiebedarf sinkt durch die<br />

Dämmmaßnahme messbar; zudem ist<br />

die Hanfplatte hautfreundlich. „Wer<br />

mit Hanf dämmt, hat’s also insgesamt<br />

chilliger“, lacht Schwemmer. Besonders<br />

zu erwähnen sind dabei auch<br />

der herausragende Schallschutz (bis<br />

zu 62 dB) und die hohe Widerstandsbarer<br />

Nähe zu den Hauptanbauregionen<br />

von Hanf.<br />

Langsam hält Hanf als Kulturpflanze<br />

wieder Einzug in die heimische Landwirtschaft.<br />

Auch wenn der Großteil<br />

des Wissens um die alte Kulturpflanze<br />

während der Zeit des Anbauverbots fast<br />

verloren gegangen war, integrieren immer<br />

mehr Bauern die schnell wachsende,<br />

bis zu anderthalb Meter tief wurzelnde<br />

Pflanze wieder in ihre Fruchtfolge. Dazu<br />

mussten aber – auch zum Teil forciert<br />

von Naporo – sogar Ernte- und Verarbeitungsmaschinen<br />

adaptiert und neu<br />

entwickelt werden.<br />

Die Aussaat der Hanfsamen findet im<br />

April statt, die Erntezeit im September.<br />

Dazwischen kann die Hanfpflanze schon<br />

stattliche zwei Meter Wuchsgröße erreichen<br />

und sie sogar überschreiten. Blätter<br />

und Samen gehen dann in die Ölproduktion<br />

oder werden als Futterzusatz oder<br />

Ähnlichem verwendet. Das Hanfstroh<br />

aber ist eines der leistungsfähigsten natürlichen<br />

Fasergebilde, die die Natur je<br />

hervorgebracht hat.<br />

Hanf wirkt – auch ohne THC<br />

Früher wurden aus den Hanffasern<br />

hauptsächlich Seile – etwa für die Schiffsfahrt<br />

– gedreht, da sie eine ähnliche Zugfestigkeit<br />

wie Stahlseile erreichen konnten<br />

und zudem widerstandsfähiger gegen das<br />

salzhaltige Meerwasser waren. Hosen und<br />

jede Art von Textilien, Decken, Papier<br />

und vieles mehr – früher war die Hanffaser<br />

Teil des täglichen Lebens. „Solange<br />

bis die Baumwoll- und Kunststoffindustrie<br />

einen vernichtenden Feldzug gegen<br />

die ‚Drogenpflanze‘ gestartet hat“, erklärt<br />

Schwemmer; und der Hanf in wenigen<br />

Jahren schließlich völlig aus der landwirtschaftlichen<br />

Erzeugung verschwand.<br />

Seit 1996 kann Hanf nun aber in<br />

einer modifizierten Pflanzenform wieder<br />

in Österreich und vielen Nachbarländern<br />

angebaut werden – und das<br />

nicht mehr nur für medizinische Zwecke.<br />

„Diese gezüchteten Hanfpflanzen<br />

haben einen sehr sehr geringen<br />

THC-Gehalt von 0,02 Prozent“, meint<br />

Schwemmer, „Da spürt man nicht ein-<br />

Hanf: Verloren und wiederentdeckt<br />

Hanf wurde schon vor tausenden vor Jahren als universelle Heil- und Nutzpflanze geschätzt. Die Menschen wussten um die Vielfältigkeit<br />

und den Wert der Pflanze, wodurch sie in der Geschichte immer wieder erwähnt und auch mit dem technischen Fortschritt verknüpft ist.<br />

Auch in Österreich lässt sich die mittelalterliche Verankerung von Hanf nachvollziehen. Durch die Entwicklung neuer Technologien zur<br />

Herstellung günstigerer Kunstfasern und durch die Einfuhr billigerer Naturfasern kam es zum Niedergang des Hanfanbaus. Ab dem Jahre<br />

1969 wurde Hanf nicht mehr in Statistiken erwähnt.<br />

Hanf wächst sehr schnell (sieben Zentimeter pro Tag), gedeiht auf fast jedem Boden und ist zur Gänze verwertbar. Neben Nahrung (Öl, Samen)<br />

und Medizin liefert die Universalpflanze auch extrem reißfeste Fasern, was den Hanf zum idealen Rohstoff für Hausbau, Papier- und<br />

Textilherstellung macht. Die Herstellung von Hanfprodukten verbraucht außerdem wesentlich weniger Energie, als zum Beispiel die Verarbeitung<br />

von Holz. Hanf ist von Natur aus sehr widerstandsfähig und kaum anfällig für Schädlingsbefall, weshalb bei der Kultivierung vollständig<br />

auf Herbizide und Pestizide verzichtet wird. Die Hanfpflanze trägt außerdem wesentlich zur Verbesserung der Bodenqualität bei und kann<br />

auch auf Grenzertragsböden oder in Wasserschutzgebieten angebaut werden.<br />

Da Hanf beim Wachsen doppelt so viel CO 2<br />

bindet wie Bäume, leisten Hanffaserdämmstoffe einen wertvollen Beitrag zur Reduzierung des<br />

weltweiten CO 2<br />

Ausstoßes. Pro gedämmten Einfamilienhaus werden in etwa 5 Tonnen CO 2<br />

eingespart.

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