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BERLINER KURIER, Mittwoch, 5. Februar 2020<br />
Flächen für den<br />
Wohnungsbau<br />
sind knapp.<br />
Deswegen<br />
sollen nunüber<br />
Flachbauten der<br />
Supermärkte<br />
Wohnungen<br />
entstehen. Dort<br />
ist Platz für<br />
tausende neue<br />
Unterkünfte.<br />
Wunsch nach einer Vergrößerung<br />
seiner Verkaufsflächen.<br />
Während die älteren Aldi-<br />
Märkte eine Verkaufsfläche<br />
von durchschnittlich 600 bis<br />
800 Quadratmetern haben, sollen<br />
die neuen eine Verkaufsfläche<br />
von rund 1200<br />
Quadratmetern<br />
haben. So ergebe<br />
sich am Ende ein<br />
„Vorteil für beide<br />
Seiten“, sagt der Unternehmenssprecher:<br />
Berlin erhalte<br />
bezahlbaren Wohnraum, Aldi<br />
großflächige Verkaufsstellen.<br />
Aldis Konkurrent Lidl hat<br />
nach eigenen Angaben deutschlandweit<br />
bereits über zehn Objekte<br />
realisiert, bei denen Wohnungen<br />
über Läden errichtet<br />
wurden. In Berlin in der Bornholmer<br />
Straße und in der<br />
Prenzlauer Allee. „Derzeit<br />
haben wir verschiedene Projekte<br />
für Filialen mit Wohnbebauung<br />
in der Vorbereitung, unter<br />
anderem in Berlin, Hamburg,<br />
München und Frankfurt“, teilt<br />
Lidl auf Anfrage mit. Spätestens<br />
gegen Ende des Jahres solle an<br />
zwei Standorten in Berlin und<br />
Hamburg der Bau beginnen.<br />
Lidl will wie Aldi „an verschiedenen<br />
Standorten Sozialwohnungen“<br />
errichten.<br />
Stadtentwicklungssenatorin<br />
Katrin Lompscher (Linke)<br />
zeigt sich über das Engagement<br />
der Privaten erfreut. „Ganz hervorragend“<br />
sei das, sagt sie.<br />
Lompscher käme es ganz recht,<br />
wenn die Discounter Sozialwohnungen<br />
mit Wohnungsbauförderung<br />
des Landes errichten.<br />
Denn die Förderung<br />
gilt bisher zumindest bei privaten<br />
Unternehmen als wenig interessant.<br />
Vor allem die landeseigenen<br />
Unternehmen haben<br />
bislang ihre Sozialwohnungen<br />
mit den öffentlichen Mitteln finanziert.<br />
Sollte Aldi Förderung<br />
des Landes Berlin in Anspruch<br />
nehmen, um Sozialwohnungen<br />
zu bauen, könnte dies ein Signal<br />
für die Branche sein, dass sich<br />
ein solches Investment lohnt –<br />
und weiteren Projekten zum<br />
Durchbruch verhelfen. Für<br />
Berlins Mieter wäre das vorteilhaft.<br />
Die Aussichten stehen nicht<br />
schlecht, dass Aldi<br />
mit Landes-Förderung<br />
baut. Derzeit<br />
laufen Gespräche<br />
zwischen Aldi und<br />
dem Land Berlin<br />
über erste Vorhaben.<br />
„Als ein Pilotprojekt<br />
wurde ein Neubauvorhaben im<br />
Bezirk Mitte mit geförderten<br />
Wohnungen in das Wohnungsneubauprogramm<br />
aufgenommen“,<br />
erklärt eine Sprecherin<br />
der Senatsverwaltung für<br />
Stadtentwicklung. „Aktuell erfolgen<br />
die Abstimmungen mit<br />
der Investitionsbank Berlin<br />
hinsichtlich der erforderlichen<br />
Unterlagen für eine Bewilligung<br />
der Förderung.“<br />
An der Prenzlauer<br />
Allee zeigt Lidl,<br />
wie Wohnungen<br />
zum Discounter<br />
passen<br />
Die Anlieferung<br />
per Lkw erfolgt<br />
über ein<br />
geräuschgedämmtes<br />
Tor<br />
Die Supermärkte in Berlin<br />
stellen eine riesige Flächenreserve<br />
für den Wohnungsneubau<br />
dar. An rund 330 Standorten<br />
von eingeschossigen Lebensmittelmärkten<br />
könnten<br />
nach grober Schätzung der<br />
Stadtentwicklungsbehörde<br />
rechnerisch<br />
zwischen 14 000 und<br />
36 000 Wohneinheiten<br />
realisiert werden.<br />
Die Zuständigkeit für<br />
die Genehmigung<br />
liegt allerdings nicht<br />
in der Hand des Senats –zuständig<br />
sind die Bezirke.<br />
Wie die Kombination von Discounter<br />
und Wohnungen gelingen<br />
kann, zeigt das Beispiel des<br />
Lidl-Marktes in der Prenzlauer<br />
Allee 44 in Prenzlauer Berg.<br />
Der Markt wurde komplett mit<br />
Wohnungen überbaut. Die<br />
Wände ragen sechs Geschosse<br />
hoch. Wer in den begrünten Innenhof<br />
des Wohngebäudes<br />
geht, steht auf dem Dach des<br />
Discounters. „Wir haben die<br />
Wohnungen so konzipiert, dass<br />
sie in drei Gebäudeteilen mit<br />
begrünten Höfen über der Filiale<br />
entstanden sind“, sagt Architekt<br />
Peter Deluse. „Der Eingang<br />
für die Bewohner befindet<br />
sich direkt neben dem Filialeingang.“<br />
Der Aufzug, der die<br />
Wohnungen mit der Tiefgarage<br />
verbindet, führt durch die Filiale.<br />
„Die Schwierigkeit für uns<br />
bestand darin, das Gewicht der<br />
Wohnhäuser so abzutragen,<br />
dass dies zu keinen Einschränkungen<br />
im Filialbetrieb führt“,<br />
sagt Architekt Deluse. „Wir<br />
wollten möglichst wenig Stützen<br />
errichten.“ Gelöst worden<br />
sei dies, indem die Lasten der<br />
Obergeschosse zum größten<br />
Teil über die Außenwände des<br />
Supermarktes abgetragen werden.<br />
„Im Supermarkt selbst gibt<br />
es nur sechs Stützen. Sie sind in<br />
das Regalsystem von Lidl integriert“,<br />
sagt Deluse.<br />
Die Belieferung von Supermärkten<br />
gilt oft als kritischer<br />
Punkt, weil Mieter in den frühen<br />
Morgenstunden durch laute<br />
Lastwagen im Schlaf gestört<br />
werden. Anders in der Lidl-Filiale<br />
in der Prenzlauer Allee.<br />
Hier erfolgt die Belieferung<br />
über eine Lkw-Zufahrt mit einem<br />
geräuschgedämmten<br />
Tor. Viermal<br />
täglich rollt ein<br />
Lastwagen mit Lebensmitteln<br />
an. Die<br />
Mieter werden durch<br />
die Belieferung nicht<br />
gestört. Die Lastwagen<br />
fahren rückwärts durch das<br />
Tor in das Gebäude an eine Laderampe.<br />
Dort werden die Waren<br />
abgeladen. So kann eine Geräuschbelästigung<br />
der Mieter<br />
durch das Entladen auf der<br />
Straße verhindert werden.<br />
Weiterer Vorteil: Weil die Lieferfahrzeuge<br />
nicht in zweiter<br />
Spur auf der Fahrbahn stehen,<br />
wird der übrige Verkehr nicht<br />
behindert.