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FILM<br />
INTERVIEW<br />
KELVIN HARRISON JR.<br />
„Diese Arroganz und das Gefühl, einfach alles sagen zu<br />
können, was du willst“<br />
Dass Kelvin Harrison Jr.<br />
derzeit einer der absoluten<br />
Shootingstars der Film- und<br />
Fernsehbranche ist, hat man<br />
hierzulande noch nicht wirklich<br />
mitbekommen. Viele Filme, in denen<br />
er zuletzt zu sehen war (darunter<br />
„Luce“ mit Octavia Spencer<br />
und Naomi Watts, „JT LeRoy“ mit<br />
Laura Dern und Kristen Stewart<br />
oder „The Wolf Hour“), kamen nie<br />
in die deutschen Kinos, und seine<br />
Serie „Godfather of Harlem“ mit<br />
Forest Whitaker läuft versteckt<br />
auf MagentaTV. Doch das ändert<br />
sich nun endlich. In dem beeindruckenden<br />
Drama „Waves“<br />
(Kinostart: 19.3.) ist der 25-Jährige<br />
endlich mal auf deutschen<br />
Leinwänden zu sehen. Und im Juni<br />
folgt mit „The Photograph“ schon<br />
der nächste Film.<br />
Kelvin, „Waves“ erzählt die dramatische<br />
Geschichte eines jungen<br />
Mannes und seiner Familie. Stimmt<br />
es, dass Ihr Regisseur und guter<br />
Freund Trey Edward Shults auch<br />
Elemente Ihres Lebens ins Drehbuch<br />
eingebaut hat?<br />
Ja, wobei er das sehr behutsam getan hat.<br />
Zu keinem Zeitpunkt habe ich den Film<br />
gesehen und gedacht, dass es da um mich<br />
geht. Dass er ein paar Aspekte beinhaltete,<br />
die ich in meinem eigenen Leben durchgemacht<br />
habe, hat mich nicht verunsichert<br />
oder so. Eine echte Herausforderung für<br />
mich war es eher, dass ich so offenherzig<br />
und verletzlich wie nie zuvor vor der<br />
Kamera sein musste. Diese emotionale<br />
Achterbahnfahrt zu verkörpern, war echt<br />
krass.<br />
Der von Ihnen gespielte Tyler ist<br />
ein Star in der Ringermannschaft<br />
seiner Highschool. Haben Sie die<br />
Sportlichkeit mit ihm gemein?<br />
Kein bisschen. So wenig sogar, dass Trey<br />
anfangs nicht sicher war, ob die Rolle überhaupt<br />
etwas für mich ist. Wahrscheinlich<br />
erinnerte er sich noch zu gut an unseren<br />
ersten gemeinsamen Film, bei dem ich<br />
selbst beim Holzhacken versagte. (lacht)<br />
Nicht einmal rennen kann ich besonders<br />
gut. Aber gerade auf diese körperliche<br />
Herausforderung hatte ich Bock. Ich<br />
fand es richtig spannend, so intensiv zu<br />
trainieren, dass sich mein Körper so sehr<br />
veränderte, dass ich mich im Spiegel kaum<br />
wiedererkannte. Ich wog fast 25 Kilo mehr<br />
und bewegte mich ganz anders! Und<br />
psychologisch habe ich dadurch auch ganz<br />
neue Erkenntnisse gewonnen.<br />
Nämlich welche?<br />
Einerseits konnte ich plötzlich dieses<br />
Selbstbewusstsein nachvollziehen, das<br />
Typen wie Tyler ausstrahlen. Diese Arroganz<br />
und das Gefühl, einfach alles sagen<br />
zu können, was du willst. Und andererseits<br />
merkte ich gleichzeitig, dass die Kraft<br />
und Körperlichkeit natürlich nur etwas<br />
Äußerliches sind. Eine Hülle, in der es dir<br />
trotzdem schlecht gehen kann. Außerdem<br />
waren die drei Monate Training eine<br />
heftige Erfahrung. Der Trainer motivierte<br />
mich beim Ringen mit Sprüchen wie „Sei<br />
fies!“ oder „Tu ihm weh!“. Diese toxische<br />
Mentalität hat mich erschreckt, weil sie<br />
mit meiner eigenen Persönlichkeit so gar<br />
nichts zu tun hat. Beigebracht zu bekommen,<br />
dass man egoistisch sein muss und<br />
an sein Gegenüber keinen Gedanken<br />
zu verschwenden hat, empfinde ich als<br />
unglaublich gefährlich.