Wm-Intern Ausgabe Januar 2002
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
10 • Waffenmarkt-<strong>Intern</strong> 1/<strong>2002</strong><br />
schafften Waffen stellen das eigent<br />
liche Problem der inneren Sicherheit<br />
dar. Die Bundes regierung setzt<br />
dagegen auf die Gängelung der Jäger<br />
und auf das Abwürgen des<br />
Schießsports bis hin zum Biathlon.<br />
Der Vollzug dieses Gesetzes würde<br />
etwa 100.000 Arbeitsplätze in<br />
hochspezialisierten Berufen in konkrete<br />
Gefahr bringen.<br />
Die Verbände der Sportschützen,<br />
der Deutsche Jagdschutzverband<br />
und das Forum Waffenrecht waren<br />
im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens<br />
bereit, erhebliche Belastungen<br />
auf sich zu nehmen, um zu einer<br />
vernünftigen Reform zu kommen.<br />
Die Bundesregierung wäre gut beraten,<br />
auf diese Bereitschaft einzugehen<br />
und ihren überbürokratischen<br />
Gesetzentwurf entsprechend anzupassen.<br />
Die FDP wird versuchen, in<br />
diese Richtung in den Ausschussberatungen<br />
Einfluss zu nehmen.<br />
Ulla Jelpke<br />
(PDS): Der<br />
private Erwerb<br />
von legalen<br />
Waffen<br />
ist durch das<br />
bestehende<br />
Waffenrecht<br />
vielfältig reglementiert.<br />
Das ist auch gut so. Wir wollen keine<br />
US-amerikanischen Verhältnisse.<br />
Weil aber diese Reglementierung<br />
in vielen Gebieten schon da<br />
ist, sehen wir auch keinen Bedarf<br />
für die hier vorgeschlagene allgemeine<br />
Verschärfung des Waffenrechts.<br />
Um es klar und deutlich zu<br />
sagen: Das Verbot von Wurfsternen<br />
und besonders gefährlichen Hiebund<br />
Stoßwaffen tragen wir mit,<br />
ebenso die Einführung eines kleinen<br />
Waffenscheins für Gas- und<br />
Schreckschusswaffen. Für eine allgemeine<br />
Verschärfung der Restriktionen<br />
gegen den privaten Besitz<br />
von legalen Waffen, die auch Sportschützen,<br />
Jäger und vergleichbare<br />
private Waffenbesitzer trifft und in<br />
wichtige Grundrechte eingreift, sehen<br />
wir aber keinen Grund. Das<br />
lehnen wir ab. Für eine derartige<br />
Verschärfung gibt es auch keine<br />
materielle Grundlage.<br />
Die Zeitung "Forum Waffenrecht"<br />
hat vor kurzem eine Untersuchung<br />
der polizeilichen Kriminalstatistik<br />
veröffentlicht. In dieser Untersuchung<br />
nennt sie folgende Zahlen<br />
für das Jahr 2000: An Straftaten<br />
insgesamt wurden von der Polizei<br />
6,3 Millionen erfasst. Davon waren<br />
Gewalttaten: 186 655. Von diesen<br />
Gewalttaten erfolgten mit Schuss<br />
waffenverwendung 19 292. Nur in<br />
79 Fällen wurden von der Polizei<br />
am Ende legale Waffen sichergestellt,<br />
die bei solchen Straftaten<br />
zum Einsatz kamen.<br />
Mit anderen Worten: Nur bei 0,31<br />
Prozent aller im Jahr 2000 begangenen<br />
Straftaten wurden überhaupt<br />
Schuss waffen eingesetzt. Und nur<br />
in 0,013 Prozent aller Straftaten<br />
wurden legale Waffen verwendet.<br />
Das macht deutlich, wie unverhältnismäßig<br />
und sachlich unbegründet<br />
eine allgemeine Verschärfung<br />
des Waffenrechts ist. Es gibt keine<br />
reale Notwendigkeit, gegen den legalen<br />
Waffenbesitz so breitflächig<br />
wie von den Regierungsparteien geplant,<br />
mit schärferen Gesetzen vorzugehen.<br />
Der hier vorliegende Gesetzentwurf<br />
der Regierung sieht im Paragraph<br />
36 sogar eine Einschränkung der<br />
Unverletzlichkeit der Wohnung vor.<br />
Bei begründeten Zweifeln an der sicheren<br />
Aufbewahrung der Waffen<br />
und Munition soll die Waffenbehörde<br />
auch gegen den Willen des Betroffenen<br />
die Wohnung betreten<br />
können. Das gilt nach Paragraph<br />
39 auch für Auskunftspflichtige, die<br />
Waffenherstellung, Waffenhandel,<br />
eine Schießstätte oder ein Bewachungsunternehmen<br />
betreiben. Die<br />
zuständigen Behörden können<br />
auch hier zur Abwehr dringender<br />
Gefahren für die öffentliche Sicherheit<br />
oder Ordnung die Arbeitsstätten<br />
außerhalb der Betriebs- und<br />
Arbeitszeiten betreten sowie die<br />
Wohnräume der Auskunftspflichtigen<br />
gegen deren Willen betreten.<br />
Hier ist noch nicht einmal eine<br />
richterliche Anordnung erforderlich.<br />
Auch die Rücknahme der Waffenbesitzkarte<br />
soll nach Paragraph<br />
44 sehr restriktiv gehandhabt werden.<br />
Schon eine kurze Unterbrechung<br />
des Schießsports oder der<br />
Jagdausübung soll zum Wegfall der<br />
Waffenbesitzkarte führen. Ein<br />
Grund dafür ist nicht ersichtlich.<br />
Für vertretbar halten wir dagegen<br />
die schärferen Restriktionen für<br />
Reizstoff-, Schreckschuss- und Signalwaffen.<br />
Die so genannten Gas- und<br />
Schreckschusswaffen kommen inzwischen<br />
in hohem Maße bei<br />
Straftaten im Bereich der Schwerkriminalität<br />
wie räuberischer Erpressung,<br />
Geiselnahme und Ähnlichem<br />
Einsatz. Etwa die Hälfte aller<br />
im Zusammenhang mit Straftaten<br />
sichergestellten Waffen sind solche<br />
Waffen. Diese Waffen sollen nunmehr<br />
einer Meldepflicht unterliegen.<br />
Altbesitzer sollen ihren Besitz<br />
anmelden müssen. Die zuständige<br />
Waffenbehörde bekommt so die<br />
Möglichkeit, die Zuverlässigkeit der<br />
Besitzer solcher Waffen zu überprüfen.<br />
Wer solche Waffen in der<br />
Öffentlichkeit mit sich führen will,<br />
muss vorher eine behördliche Erlaubnis,<br />
den "kleinen Waffenschein",<br />
beantragen und erhalten.<br />
Auch das Verbot von Wurfsternen<br />
und gefährlichen Messern wie den<br />
so genannten Butterflymessern ist<br />
richtig und erforderlich.<br />
Allerdings wird über die genauen<br />
Modalitäten, zum Beispiel beim<br />
kleinen Waffenschein, noch zu<br />
sprechen sein. Die Gewerkschaft<br />
der Polizei hat im Mai darauf hingewiesen,<br />
dass von dem kleinen Waffenschein<br />
möglicherweise 15 Millionen<br />
Gas- und AIarmwaffen erfasst<br />
werden. Allein die Ausstellung<br />
der dafür erforderlichen polizeilichen<br />
Führungsscheine würde einen<br />
erheblichen Arbeitsaufwand machen.<br />
Grundsätzlich kann das Problem<br />
der bewaffneten Kriminalität nicht<br />
allein mit repressiven Mitteln<br />
bekämpft werden. Das gilt insbesondere<br />
im Bereich der Jugendkriminalität.<br />
Eines der großen Probleme<br />
ist hier sicherlich die allgemeine<br />
Gewalt in den Medien und in der<br />
Gesellschaft. Wer auf internationale<br />
Probleme und Konflikte zunehmend<br />
mit Militarismus, Krieg und<br />
Bomben setzt, wer auch bei innenpolitischen<br />
gesellschaftlichen Konflikten<br />
eine Hau-drauf-Politik praktiziert<br />
und propagiert, statt die Ursachen<br />
von Konflikten zu beseitigen<br />
und zu korrigieren, der muss sich<br />
nicht wundern, wenn Jugendliche<br />
sich diese Propaganda und Politik<br />
auch im persönlichen Bereich zu<br />
Eigen machen. Eine friedliche<br />
Außenpolitik und eine verantwortungsvolle<br />
Medien-, Jugend und Sozialpolitik<br />
sind langfristig bestimmt<br />
wirksamer bei der Zurückdrängung<br />
von Gewalt in der Gesellschaft<br />
als ein Ansatz, der einfach nur auf<br />
schärfere Gesetze und mehr Repression<br />
setzt.<br />
Fritz Rudolf<br />
Körper,<br />
Parl. Staatssekretär<br />
beim Bundesminister<br />
des Innern:<br />
Man glaubt es<br />
kaum, aber vor knapp zehn Jahren<br />
ist mit den Arbeiten an einer grundlegenden<br />
Novellierung des Waffenrechts<br />
begonnen worden. Bereits in<br />
den beiden Legislaturperioden zuvor<br />
waren Gesetzentwürfe der alten<br />
Bundesregierung zur Teilnovellierung<br />
des Waffengesetzes im Deutschen<br />
Bundestag nicht verabschiedet<br />
worden. Heute liegt nach diesem<br />
langen Vorlauf dem Bundestag<br />
der Regierungsentwurf eines Gesetzes<br />
zur Neuregelung des Waffenrechts<br />
vor.<br />
Mit dem Gesetzentwurf soll das Anliegen<br />
präzisiert werden, aus Gründen<br />
der öffentlichen Sicherheit den<br />
privaten Schusswaffenbesitz möglichst<br />
gut zu regulieren und insgesamt<br />
sicherzustellen, dass Waffen<br />
nicht in falsche Hände geraten, um<br />
so die Bevölkerung wirksam zu<br />
schützen.<br />
Kernpunkte des Entwurfs sind daher<br />
bessere Auf bewahrungsregelungen<br />
für Waffen und Munition,<br />
höhere Anforderungen an die Zuverlässigkeit<br />
der Waffenträger, insbesondere<br />
Ausschluss des Waffenerwerbs<br />
durch Extremisten, ein sogenannter<br />
kleiner Waffen schein für<br />
das Führen von Gas- und Schreckschusswaffen<br />
in der Öffentlichkeit<br />
sowie restriktive Regelungen für<br />
Spring- und Fallmesser, Butterflymesser<br />
und Wurfsterne.<br />
Eine grundlegende Neuregelung<br />
des Waffenrechts ist dringend geboten.<br />
Denn die bestehende Regelung<br />
des Waffenrechts, die aus den 70er-<br />
Jahren stammt, ist im Lauf der Zeit<br />
immer unübersichtlicher geworden.<br />
Durch viele kleinere und<br />
größere Korrekturen im Waffengesetz<br />
selbst und in dem halben Dutzend<br />
Verordnungen hierzu sind die<br />
klaren Linien immer undeutlicher<br />
geworden. Folge hiervon sind Unsicherheiten,<br />
teilweise auch Defizite<br />
im Vollzug.<br />
Dazu kommt, dass Anlass besteht,<br />
im Interesse der öffentlichen Sicherheit<br />
und Ordnung zwischenzeitlich<br />
eingetretenen negativen<br />
Entwicklungen etwa in der kriminellen<br />
Verwendung von bestimmten<br />
Hieb- und Stoßwaffen<br />
oder Gas- und Schreckschusswaffen<br />
entgegenzutreten.<br />
Der Umfang des Gesetzes spiegelt<br />
die Komplexität der zu regelnden<br />
Materie wider. Hier spielen Aspekte<br />
der öffentlichen Sicherheit, aber<br />
auch der Verwendersicherheit eine<br />
gewichtige Rolle. Das machte es erforderlich,<br />
die Regelung insgesamt<br />
Fortsetzung auf Seite 13