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Ein Arzt im Lager

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Zuges bestand aus solchen Juden, die einmal, als die Soviet-Union <strong>im</strong> Jahre 1940 die<br />

beiden Provinzen Bessarabien, Bukovina und ein Stückchen von Polen dazu friedlich<br />

unter Druck besetzt hatte, um Repatriierung (aus dem Altreich) in diese Gebiete<br />

einreichten, aber nicht fuhren. Diese Zughälfte fuhr unmittelbar nach uns ab. Sie kamen<br />

in ein kleines ukrainisches Städtchen. Wir erfuhren von Soldaten, daß sie nur 3 Tage am<br />

Leben blieben: sie jagten sie in einen Wald, angeblich zur Arbeit, und töteten sie. Die<br />

Ortsbevölkerung tat mit. Immer wieder kamen nachher gehe<strong>im</strong>e Boten, Soldaten und<br />

Beamte, und fragten bei uns <strong>im</strong> <strong>Lager</strong> nach einem Kinderarzt mit Frau und zwei Kindern<br />

aus Temesvar. Er war nicht bei uns, er war dort, in der anderen Gruppe. Unser Zug hielt<br />

selten. Langsam fuhr er durch die ruhige Landschaft. Die Stationen wurden größer mit<br />

vielen Verschiebegeleisen, doch dahinter lagen keine Städte, in der Ferne kleine Dörfer,<br />

die ihnen wohl den Namen gaben. Unser Soldat erklärte es. Das sind Vorbahnhöfe von<br />

Schmerenka, dem größten russischen Knotenpunkt, und auch Vapniarka gehört dazu.<br />

In den Nachmittagsstunden fahren wir in den Bahnhof Vapniarka ein. <strong>Ein</strong><br />

stattliches Stationsgebäude, sehr viele Geleise, am Bahnhof eine Kompanie Gendarmen<br />

mit einem Offizier <strong>im</strong> Karree zu unserem Empfang. Wir bleiben <strong>im</strong> Waggon, unser<br />

Begleitoffizier erstattet Meldung, die Gendarmen erhalten Instruktionen, Umformierung,<br />

eine Gruppe tritt zur Seite zum Empfang des ersten Waggons. Unser Waggon ist der<br />

erste. Wir steigen rasch ab, das Gepäck ist längst geordnet und hergerichtet. Bei den<br />

Botoschanern geht es langsamer. Die Gendarmen, etwa 20, umgeben uns, ein Korporal<br />

tritt an die Spitze, Abmarsch. Um den Bahnhof geht es herum, eine Dorfstraße,<br />

Militärwagen, Train, Autos. Ich lese die Nummern der vorbeifahrenden Wagen,<br />

kombiniere die Zahlen, gutes Omen, schlechtes Omen. Die Straße ist gut gebaut, daneben<br />

ein wenig befahrener Weg, den gehen wir. Durch ein langgezogenes Dorf geht der Weg,<br />

gemauerte Häuschen mit Ziegeldach, Lehmhäuschen mit Strohdach, genauso wie bei uns<br />

<strong>im</strong> Dorfe, wenige Menschen, ohne Interesse für bewachte Züge wie der unsrige,<br />

abgestumpft. Der Weg steigt an, wir gehen auf die gepflasterte Straße über, eine<br />

Wendung, eine Steinbrücke, die Soldaten gestatten uns eine Ruhepause. <strong>Ein</strong>ige Kilometer<br />

in der Herbstsonne mit Gepäck und schwerer Kleidung, auch den Mantel zur<br />

Erleichterung der Traglast umgehängt, des Gehens ungewohnt, das ermüdet. Wir sind alle<br />

in Schweiß. Nach 10 Minuten geht es weiter, jetzt durch Hügel. Rechts von der Straße ein<br />

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