Taxi Times DACH - 1. Quartal 2020
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TAXI-PROTESTE<br />
Eine Kundgebung in Berlin-Mitte war bei der Polizei angemeldet, die spontane Blockade des Flughafens Tegel nicht.<br />
MIT VIEL WUT, ABER<br />
OHNE KERNBOTSCHAFT<br />
In Berlin sind zahlreiche <strong>Taxi</strong>fahrer und Unternehmer mit ihrer Geduld am Ende.<br />
Sie organisieren Demos und Kundgebungen und blockieren den Flughafen.<br />
Auf private Initiative hin hatten<br />
einzelne <strong>Taxi</strong>fahrer eine <strong>Taxi</strong>demo<br />
vor dem Roten Rathaus angemeldet<br />
und über soziale Medien und<br />
Flugzettel die Kollegen zur Teilnahme aufgefordert.<br />
Am Amtssitz des Regierenden<br />
Bürgermeisters Michael Müller wollte man<br />
auf die Missstände aufmerksam machen,<br />
die durch das wettbewerbswidrige Verhalten<br />
der Beförderungsanbieter Uber und<br />
Free Now zu immer höheren Umsatzverlusten<br />
des <strong>Taxi</strong>gewerbes führen. Rund<br />
600 <strong>Taxi</strong>fahrer und Unternehmer waren<br />
dem Aufruf gefolgt und hatten sich mitsamt<br />
ihren <strong>Taxi</strong>s in der Nähe des Berliner<br />
Alexanderplatzes versammelt.<br />
Die ebenfalls erschienenen Pressevertreter<br />
wussten allerdings nicht so recht,<br />
was die Kernbotschaft der Demo war. Während<br />
der RBB in seinen Berichten von Protesten<br />
gegen Bundesverkehrsminister<br />
Scheuer sprach, berichtete der Sender TV<br />
Berlin von Protesten gegen zu laxe Kontrollen<br />
durch die zuständige Aufsichtsbehörde.<br />
Der Sender ließ in seinem Beitrag zahlreiche<br />
<strong>Taxi</strong>fahrer und Bedienstete zu Wort<br />
kommen, deren Vorwürfe letztlich alle<br />
einen gemeinsamen Nenner hatten: Gerade<br />
in Berlin ist die dortige Behörde nicht willens,<br />
gegen illegale Praktiken durch Uberund<br />
Free Now-Partner einzuschreiten.<br />
Die aktuelle Situation sei nicht mehr tragbar,<br />
hatte einer der Veranstalter im Vorfeld<br />
der Demo per Sprachnachricht mitgeteilt.<br />
„Es ist kein Zustand mehr, dass die Großkonzerne<br />
uns dermaßen plattmachen. [...]<br />
Die judikative und die exekutive Staatsgewalt,<br />
die uns im Stich lässt, soll merken,<br />
dass wir so nicht mit uns umgehen lassen.“<br />
VERSTÄNDNIS VOM<br />
BUNDESVERBAND<br />
<strong>Taxi</strong>verbände hatten sich an der Demo<br />
nicht beteiligt. „Dass es jetzt zu solchen<br />
Kundgebungen kommt, ist Ausdruck der<br />
Existenznot unserer Kolleginnen und Kollegen,<br />
für die wir ausdrücklich größtes Verständnis<br />
haben“, sagte Michael Oppermann,<br />
Geschäftsführer des Bundesverbands <strong>Taxi</strong><br />
und Mietwagen, gegenüber <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>.<br />
„Die Kolleginnen und Kollegen drücken<br />
ihren großen Ärger darüber aus, dass die<br />
neuen Mietwagenplattformen entgegen<br />
diverser Gerichtsurteile unbekümmert<br />
einen taxiähnlichen Verkehr zu Dumpingpreisen<br />
nicht nur weiter anbieten, sondern<br />
sogar noch ausweiten. Uber & Co. tricksen<br />
und täuschen und die Politik schaut tatenlos<br />
zu.“<br />
Seitens des Bundesverbands hätte man<br />
sich allerdings eine bessere Abstimmung<br />
untereinander gewünscht. Dies habe mehr<br />
Schlagkraft als Einzelaktionen. „Wir stehen<br />
weiter für ein geschlossenes Auftreten<br />
unseres Gewerbes.“<br />
Drastischer fielen die Worte eines Vorstandsmitglieds<br />
eines Berliner <strong>Taxi</strong>verbands<br />
aus, der sich von der <strong>Taxi</strong>demo „mit<br />
aller Deutlichkeit“ distanzierte. Er kritisierte<br />
gegenüber der „B.Z.“ jene Kollegen, die<br />
nicht wissen würden, für wen sie eigentlich<br />
fahren wollen. „Einige der Demo-Teilnehmer<br />
sind bis vor Kurzem noch für Uber und<br />
Free Now gefahren, gegen die sie jetzt protestieren.“<br />
Der Verbandsvertreter spielte<br />
damit auf die <strong>Taxi</strong>s an, die im Konvoi mit<br />
Außenwerbung für Free Now gesichtet<br />
wurden.<br />
Dieser Konvoi hatte sich spontan<br />
hupend in Richtung Flughafen Tegel<br />
bewegt, nachdem man am Rathaus auf keinerlei<br />
Gesprächsbereitschaft getroffen war.<br />
In ihrer Wut über diese Ignoranz blockierten<br />
die <strong>Taxi</strong>fahrer anschließend die Zufahrt<br />
zum Flughafen Tegel, weshalb viele Fluggäste<br />
den letzten Weg zum Terminal wieder<br />
einmal zu Fuß antreten mussten. jh<br />
Für den 3. März (und damit nach unserem<br />
Redaktionsschluss) hatten die Veranstalter<br />
eine weitere <strong>Taxi</strong>demo angemeldet. Informationen<br />
dazu unter www.taxi-times.com, Stichwortsuche<br />
„friedlich“<br />
FOTOS: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
10 <strong>1.</strong> QUARTAL <strong>2020</strong> TAXI