BLICKWECHSEL 2020
Mittendrin und anders. Deutschsprachige Minderheiten im östlichen Europa
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54<br />
EUROPÄISCHE VIELFALT AUF DEM SCHIRM<br />
Minet-TV bringt Minderheiten-Geschichten ins Fernsehen und ins Internet<br />
MITTEND<br />
Die TV-Sendung Minet – der<br />
Name der Sendung setzt<br />
sich aus den Anfangsbuchstaben<br />
der Begriffe Minderheiten<br />
und Netzwerk<br />
zusammen – begann ihre<br />
Tätigkeit im Jahr 2004. Sie<br />
wird für die RAI (Radiotelevisione<br />
Italiana) in Südtirol/<br />
Italien produziert und vom<br />
Internetportal www.minet-tv.com flankiert.<br />
Die Bandbreite der Themen reicht<br />
von beinahe verschwundenen autochthonen Minderheiten<br />
über neue Minderheiten in einer globalisierten Welt bis hin<br />
zu skurrilen Minderheiten, die diese dehnbare Begriffsdefinition<br />
bis dato auf sich selbst nicht einmal angewandt haben.<br />
Die Redakteurinnen und Redakteure von Minet besuchten<br />
auch immer wieder Angehörige deutschsprachiger<br />
Minderheiten im östlichen Europa – beispielsweise die<br />
Turmwärter eines historischen Wasserturms im Städtchen<br />
Lyck/Ełk, um anhand ihrer Arbeit auf die Geschichte des<br />
einstigen ostpreußischen Landstrichs Masuren aufmerksam<br />
zu machen. Minet schaute auch der Redaktion der<br />
Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien über<br />
die Schulter, lauschte einem Fußballtrainer der Gemeinde<br />
Chronstau/Chrząstowice (in der Nähe der Stadt Oppeln/<br />
Opole) in Schlesien, der seinen Spielern seine Anweisungen<br />
zweisprachig mitteilt, ließ sich vom ehemaligen Präsidenten<br />
der Slowakischen Republik Rudolf Schuster durch sein<br />
Museum führen – das in seinem Heimathaus in Metzenseifen/Medzev<br />
die Geschichte des slowakischen Dokumentarfilms<br />
erzählt – oder fragte beim Deutschlehrer József<br />
Balogh nach, wie sein Unterrichtsalltag im weltweit einzigen<br />
Roma-Gymnasium abläuft – jener Schule, die 1992<br />
von der Minderheit der Roma im ungarischen Fünfkirchen/<br />
Pécs gegründet wurde.<br />
Minet sucht und findet Minderheiten-Geschichten,<br />
macht auf sie aufmerksam und bringt die europäische<br />
Vielfalt – mit Fokus auf häufig medial vergessene Landstriche<br />
und ihre Menschen – ins Fernsehen und ins Internet.<br />
Martin Hanni<br />
Martin Hanni widmet sich als Filmemacher, Kulturpublizist und Hörspielautor<br />
den Themenschwerpunkten Minderheiten, Literatur und Geschichte.<br />
: www.minet-tv.com<br />
RS<br />
»IN BETWEEN?«<br />
Studierende erforschen Grenzregionen und begegnen Minderheiten<br />
»Wenn ich zurückschaue auf unsere ›In Between‹-Erfahrung,<br />
kommt sie mir zweifach vor«, sagt Ivanka Pruchová, Studentin<br />
der Geschichte in Prag. Im Rahmen eines Projektes des<br />
Europäischen Netzwerks Erinnerung und Solidarität (ENRS)<br />
reiste sie als eine von sechs Studierenden in das deutschtschechisch-polnische<br />
Dreiländereck bei Reichenberg/Liberec.<br />
Die Gruppe traf Vertreter der deutschen Minderheit,<br />
einen Vertreter der Jüdischen Gemeinde sowie Tschechen,<br />
die nach dem Zweiten Weltkrieg in der vormals deutschsprachigen<br />
Region angesiedelt worden waren.<br />
Das Projekt »In Between?« richtet sich an Studierende<br />
aller Fachrichtungen und fördert Forschungen zur Mikrogeschichte<br />
und Entdeckungen in europäischen Grenzregionen.<br />
Die Teilnehmenden zeichnen während einwöchiger Studienbesuche<br />
in verschiedenen Regionen Europas Gespräche<br />
mit Zeitzeugen auf und digitalisieren private Archive ihrer<br />
Gesprächspartner. »Wir haben versucht, uns den Menschen,<br />
die wir trafen, emphatisch zuzuwenden. Wir haben unserer<br />
Phantasie erlaubt, die ›weißen Flecken‹ auf unserer Landkarte<br />
des Verstehens zu akzeptieren. Wir haben gelernt, dass<br />
jeder von uns selbst eine Geschichte in sich trägt, möge sie<br />
ausgesprochen sein oder nicht«, erläutert Ivanka Pruchová<br />
ihre Erfahrung in der internationalen Gruppe.<br />
Aus jeder besuchten Grenzregion entsteht ein kurzer<br />
Videofilm mit Auszügen aus den Interviews. Geplante Studienreisen<br />
2021 führen nach Komorn/Komarno/Komárom,<br />
Teschen/Cieszyn/Český Těšín, Golm bei Swinemünde/<br />
Świnoujście und Walk/Valga/Valka.<br />
Annemarie Franke<br />
Dr. Annemarie Franke ist Projektmitarbeiterin des Bundesinstituts für Kultur<br />
und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa (BKGE) beim Europäischen<br />
Netzwerk Erinnerung und Solidarität (ENRS) in Warschau.<br />
: https://enrs.eu/inbetween<br />
Fania Brancovskaja, Überlebende des Holocaust, erzählt im<br />
litauischen Ponary/Paneriai von ihrer Familie, die hier während<br />
des Zweiten Weltkriegs umgebracht wurde. Studienreise in die<br />
polnisch-litauische Grenzregion im Sommer 2017, Foto: Antonia<br />
Foldes, © ENRS