BLICKWECHSEL 2020
Mittendrin und anders. Deutschsprachige Minderheiten im östlichen Europa
Mittendrin und anders. Deutschsprachige Minderheiten im östlichen Europa
- TAGS
- michelsbergcisnadioara
- koenigsbergkaliningradkjonig
- zarzsorica
- sudetendeutsche
- schwarzmeerdeutsche
- breslauwroclaw
- tiflistbilisi
- slowinzen
- russlanddeutsche
- siebenbuergen
- kirchenburgen
- ukraine
- maciejlagiewski
- slobodansnajder
- schlesien
- oestlicheseuropa
- gottschee
- deutscheminderheit
- minderheiten
- geschichte
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
RIN UND ANDE<br />
FÜR DIE INTERESSEN DER MINDERHEITEN<br />
Der Dachverband FUEN und die AGDM stehen für Austausch und Zusammenarbeit<br />
In Europa und Zentralasien leben in mehr als zwanzig<br />
Ländern etwa 1,5 Millionen Angehörige der deutschen<br />
Minderheit, die ihre Kultur, Tradition und Sprache in zahlreichen<br />
Verbänden pflegen. Viele von ihnen sind Mitglieder der<br />
FUEN (Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten),<br />
des größten Dachverbands der autochthonen, nationalen<br />
Minderheiten in Europa. 1991 wurde in Budapest die<br />
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten<br />
(AGDM) unter dem<br />
Dach der FUEN gegründet,<br />
die seitdem als Plattform<br />
für Zusammenarbeit alle<br />
aktiven Verbände der<br />
deutschen Minderheiten<br />
in West- und Ostmitteleuropa<br />
sowie Zentralasien vereint.<br />
Die AGDM versteht sich als Solidargemeinschaft.<br />
Regelmäßig treffen sich die Mitglieder bei<br />
der AGDM-Jahrestagung, um sich untereinander sowie mit<br />
politischen Entscheidungsträgern in Deutschland auszutauschen.<br />
Die Vertreter der AGDM besuchen die deutschen<br />
Teilnehmende der AGDM-Jahrestagung im November 2019<br />
Minderheiten vor Ort und beschäftigen sich fortlaufend mit<br />
ihren Bildungskonzepten.<br />
In Berlin hat die AGDM-Koordinierungsstelle ihren Sitz. Sie<br />
vertritt auf politischer Ebene die Interessen der deutschen<br />
Minderheiten und setzt sich für deren Sichtbarkeit sowohl<br />
in Deutschland als auch im Ausland ein. Darüber hinaus<br />
unterstützt sie die Belange und die Tätigkeit der einzelnen<br />
deutschen Minderheit vor Ort im jeweiligen<br />
Land und verbindet sie mit der<br />
bundesdeutschen und europäischen<br />
Ebene. Dabei versteht sie<br />
sich als Schnittstelle für weitere<br />
Partner aus dem Bereich der<br />
Minderheiten- und Aussiedlerpolitik,<br />
der kulturellen Vielfalt und<br />
der interkulturellen Verständigung.<br />
Renata Trischler<br />
Renata Trischler ist Koordinatorin der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten<br />
(AGDM) bei der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten<br />
(FUEN).<br />
: agdm@fuen.org<br />
in Berlin.<br />
55<br />
KULTURARBEIT SEIT 1989<br />
Das Simon-Dach-Haus ist das Zentrum des deutschen Vereinslebens in Memel/Klaipėda<br />
»Ännchen von Tharau ist, die mir gefällt; / Sie ist mein Leben,<br />
mein Gut und mein Geld.« Das ursprünglich niederdeutsche<br />
Lied über Anna Neander aus dem 17. Jahrhundert wird immer<br />
wieder von deutschen Reisegruppen angestimmt, wenn sie<br />
sich auf dem Theaterplatz in Memel/Klaipėda versammeln.<br />
Es stammt von Simon Dach, der hier geboren wurde und als<br />
Gerichtsdolmetscher wirkte. Den Namen des großen deutschen<br />
Barockdichters trägt nur wenige Gehminuten vom Theaterplatz<br />
das Haus des »Vereins der Deutschen in Klaipėda«.<br />
Die Organisation der deutschen Minderheit in der litauischen<br />
Hafenstadt hat 300 Mitglieder und führt im Simon-<br />
Dach-Haus verschiedene kulturelle Veranstaltungen sowie<br />
Deutschkurse durch. Hier probt und konzertiert der Vereinschor,<br />
hier versammelt sich die Jugendgruppe, zudem gibt<br />
es regelmäßig Vorträge zur Regionalkultur und -geschichte<br />
sowie Freundschaftsabende mit Vertretern verschiedener<br />
Nationalitäten. Im ehemaligen Memelland leben Schätzungen<br />
zufolge bis zu 5 000 Menschen deutscher Herkunft. »Wir<br />
sehen uns als Ostpreußen«, sagt Klaus Peter Paul Grudzinskas<br />
mit Stolz. Der Vorsitzende ist Jahrgang 1940 und berichtet,<br />
wie die Deutschen in Memel schon 1989 einen eigenen Verein<br />
gegründet haben – den ersten in Litauen und einen der<br />
ersten in der damaligen Sowjetunion.<br />
Auf Initiative des Vereins wurde 1992 die Hermann-Sudermann-Schule<br />
eröffnet, die mittlerweile ein Gymnasium mit<br />
560 Schülerinnen und Schülern ist und eine enge Verbindung<br />
zum Verein pflegt. In der Anfangsphase wurden<br />
hier Kinder deutscher Herkunft in ihrer<br />
Muttersprache unterrichtet. Heute erfüllt die<br />
Schule vor allem eine unterstützende Funktion,<br />
da durch den Generationenwechsel<br />
die kulturelle und sprachliche Verbundenheit<br />
mit Deutschland im Alltag der<br />
Familien abgenommen hat.<br />
Markus Nowak<br />
Markus Nowak ist Historiker, Journalist und<br />
Redakteur bei der Kulturkorrespondenz<br />
östliches Europa.<br />
: www.sdh.lt<br />
Die Skulptur<br />
Abschied vor dem<br />
Bahnhof von<br />
Memel/Klaipėda<br />
erinnert an die<br />
Vertreibungen<br />
aus der Stadt.<br />
© Markus Nowak