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Melange No14

Melange No14 - Das Magazin im Süden Bayerns

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PORTRAIT<br />

Foto: Heribert Riesenhuber<br />

Frater Vitalis M. OSB<br />

Edelbert nur gesagt: ‚Naja‘ und mich wieder weggeschickt. Es ging<br />

also hin und her und auf und nieder, und schließlich habe ich gesagt:<br />

‚Ich konnte mir meinen Namen das erste Mal bei der Taufe nicht<br />

aussuchen, also überlasse ich das Ihnen.‘ Dann kam der Tag der<br />

Einkleidung und der Abt stand vor mir und sagte: ‚Ab jetzt heißen<br />

Sie Frater Vitalis Maria.‘ Ich habe nicht mehr gewusst, was jetzt los<br />

ist. Später habe ich dann erfahren, dass der Abt immer einen Mönch<br />

haben wollte, der den Namen Vitalis trägt, weil am Vitalistag 1330<br />

das Kloster gegründet wurde. Das wusste ich damals natürlich nicht.“<br />

Wie lebt es sich eigentlich im Kloster? Wie ist das Verhältnis<br />

Kloster und Welt?<br />

FRATER VITALIS M. OSB: Ganz ehrlich, hier in Ettal kenne ich einige<br />

Menschen, aber nicht viele. Ich lebe im Kloster. Woanders komme<br />

ich nicht hin. Das ist alles.<br />

Was für eine Rolle spielt die Klostergemeinschaft?<br />

FRATER VITALIS M. OSB: Wir sind eine Glaubensgemeinschaft, eine<br />

Gebetsgemeinschaft und eine Mahlgemeinschaft, aber wir dürfen den<br />

ganzen Tag, mit Ausnahme von 19 bis 19.30 Uhr, in der Klausur<br />

nicht miteinander sprechen. Ich bin den ganzen Tag hier und abends<br />

bin ich dann froh, wenn ich hinter mir die Tür zumachen kann. Ich<br />

gehe auch zu keinem Mitbruder mit in die Zelle, außer er ruft mich.<br />

Wissen Sie, schon als Kind liebte ich die Einsamkeit, die Stille, die<br />

wir auf dem Hof hatten. Da ist mir die Stille der Natur, die persönliche<br />

Einsamkeit, die ich geliebt habe, zuerst schon ein bisschen abgegangen.<br />

Ich hatte auf einmal 52 Brüder und den Abt, ich war da schon ein<br />

bisschen überfordert. Für mich war immer wichtig, dass ich noch einen<br />

Rückzugsort gehabt habe, an dem ich mit Gott allein sein kann.<br />

Wie groß ist denn Ihre Zelle?<br />

FRATER VITALIS M. OSB lacht: 16 Quadratmeter. Bei mir gibt es ein<br />

Bett, einen Schreibtisch, einen Stuhl, einen Sessel und der Rest ist<br />

vollgestopft mit Bücherregalen.<br />

Auf die Frage, ob er denn jemals an der Entscheidung gezweifelt<br />

habe: „Nein, ich bereute noch keine Sekunde, außer dass ich Gott<br />

so lange warten ließ!“ Allerdings erwähnt Frater Vitalis auch das<br />

Jahr 2010, in dem das Kloster Ettal und der Ruf der dazugehörigen<br />

Internatsschule durch den großen Missbrauchsskandal erschüttert<br />

wurde. Er sei wirklich froh gewesen, dass seine Eltern<br />

damals schon nicht mehr lebten.<br />

Sorgen Sie sich um die Zukunft des Klosterlebens, weil es kaum<br />

Nachwuchs gibt?<br />

FRATER VITALIS M. OSB: Nein. Ich denke, das Pendel schlägt immer<br />

nach zwei Seiten aus. Es wird auch wieder anders werden. Der Mensch<br />

sucht Sinn. Er kann sich mit allem vollstopfen, was die Wissenschaft<br />

und die Medien bringen. Aber letztendlich findet er das, was er sucht,<br />

nicht. Er kann sich in der Suche verlieren, was ein großes Problem in<br />

der heutigen Zeit ist, weil es sehr viel Wissen gibt. Mehr als der Mensch<br />

begreifen kann. Aber jeder muss sein eigenes Leben leben und erfüllen,<br />

was uns Gott aufgetragen hat. Jeder von uns ist ein Stück Mitarbeiter<br />

Gottes in einem bestimmten Bereich. Wie Franz von Assisi gesagt hat:<br />

‚Gott hat keine anderen Hände als deine.‘<br />

Nach unserem Gespräch zeigte Frater Vitalis seinen Arbeitsplatz,<br />

an dem es aromatisch nach Räucherware duftet. Hier stellt er<br />

zum Beispiel Weihrauchmischungen her. Russische Ikonen und<br />

eine Öllampe hängen an den Wänden, aber auch fernöstliche<br />

Bilder. Auch über sein Interesse an diesen Kulturen könnte man<br />

lange mit ihm sprechen.<br />

Heribert Riesenhuber<br />

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