Melange No14
Melange No14 - Das Magazin im Süden Bayerns
Melange No14 - Das Magazin im Süden Bayerns
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
gelöst. Dann fährt sie mit „Sindbad“ heim. Das ist ein Busunternehmen<br />
aus Polen, das jede polnische Betreuungskraft kennt. In<br />
diesem Modell der „Betreuung in häuslicher Gemeinschaft“ arbeiten<br />
hierzulande zirka 400.000 Kräfte. Allerdings sind nur etwa<br />
40.000 davon ganz offiziell in Deutschland und arbeiten legal, wie<br />
Markus Horschig erklärt. Zum Teil wollen sich die Betroffenen<br />
Geld sparen. Das kann auch Marcus Thier verstehen, den, wie er<br />
selbst sagt, die Rundumbetreuung seiner Mutter an den Rand<br />
seiner finanziellen Möglichkeiten bringt. Aber die Beschäftigung<br />
einer Betreuungskraft ohne offiziellen Vertrag bringt Risiken mit<br />
sich. Nicht nur versicherungsrechtlich. „Wenn die irgendwo eine<br />
bessere Stelle angeboten bekommen, sind sie weg, weil es ja keinen<br />
Vertrag gibt“, erklärt Herr Thier. „Eine Betreuungskraft aus Polen<br />
verdient im Monat zwischen 1350 und 1550 Euro“, so Markus Horschig.<br />
Das ist für polnische Verhältnisse gar nicht schlecht. Bei uns<br />
könnte man damit keine großen Sprünge machen. Joanna Wróblewska<br />
möchte auch in Zukunft als Pflegekraft arbeiten. Allerdings<br />
will sie irgendwann einmal eine Familie gründen. Sie hat bei ihrer<br />
Agentur auch schon angefragt, ob sie nicht in Polen arbeiten könnte.<br />
Aber dafür ist sie mit 28 Jahren viel zu jung, sagte man ihr.<br />
Für Christel Thier sei es kein Problem gewesen, sich vor fast<br />
einem Jahr mit dem neuen Mitglied in der „Wohngemeinschaft“<br />
anzufreunden. Vom ersten Tag an hat es zwischen Joanna und<br />
ihr gut geklappt. Dass das nicht immer so ist, weiß auch Markus<br />
Horschig. „Jeder Fall von Demenz ist anders, und manchmal<br />
kann es auch zu aggressivem Verhalten kommen, wenn plötzlich<br />
eine fremde Person im Haus ist“, erklärt er. Die Sozialagentur<br />
Oberbayern hat der frühere Gebietsdirektor einer Versicherung<br />
zusammen mit seinem Freund Michael Perlick gegründet. Denn<br />
die Schwierigkeiten und Aufgaben mit der Pflege alter Menschen<br />
kannte er auch aus der eigenen Familie.<br />
Nach unserem Gespräch drückt mir Christel Thier lange und<br />
herzlich die Hand, und auch Marcus Thier und Joanna Wróblewska<br />
verabschieden sich lachend. Sie haben diesmal zwar<br />
keinen Ausflug in den nahenden Frühling unternommen, aber<br />
es scheint ein gelungener Nachmittag gewesen zu sein. Auch<br />
wenn Frau Thier vermutlich nicht allem ganz folgen konnte.<br />
Heribert Riesenhuber<br />
23