botenstoff 03.11 - Human.technology Styria GmbH
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eine der schwerwiegendsten komplikationen<br />
von krebserkrankungen ist die hochgradige<br />
abmagerung der Patienten. bei diesem<br />
als kachexie bezeichneten krankheitsbild<br />
kommt es zu einem massiven abbau von<br />
fettgewebe und einer starken rückbildung<br />
der muskulatur. man schätzt, dass 20-30<br />
Prozent aller krebspatienten nicht unmittelbar<br />
am tumor, sondern an den folgen der<br />
auszehrung sterben. grazer Wissenschaftern<br />
gelang nun in einer aufsehenerregenden<br />
arbeit, die im renommierten Wissenschaftsjournal<br />
„science“ veröffentlicht wurde, der<br />
nachweis, dass die kachexieentstehung<br />
mit der aktivität fettspaltender enzyme in<br />
zusammenhang steht: im unterschied zu<br />
kachektischen krebspatienten, bei denen<br />
die enzymaktivität gesteigert ist, wurde im<br />
mausmodell festgestellt, dass bei fehlen der<br />
entsprechenden enzyme auf grund eines<br />
gendefekts keine kachexie entsteht. diese<br />
entdeckung könnte auch den Weg für eine<br />
neue behandlungsstrategie bei krebserkrankungen<br />
weisen: Wenn es gelänge, die<br />
fettspaltenden lipasen medikamentös zu<br />
hemmen, ließe sich damit vielleicht auch die<br />
kachexie verhindern.<br />
Warum 30 Prozent aller krebspatienten (bei<br />
manchen krebsformen sogar 70-80 %) im<br />
laufe ihrer erkrankung eine kachexie entwickeln,<br />
ist bis heute nicht vollständig geklärt.<br />
„manchmal kommt es bereits bei relativ kleinen<br />
tumoren zu einer starken abmagerung<br />
der Patienten. typische beispiele dafür sind<br />
lungen- und bauchspeicheldrüsenkrebs“,<br />
erklärt univ.-Prof. dr. gerald höfler, leiter<br />
des instituts für Pathologie der medizinischen<br />
universität graz, der sich in enger<br />
zusammenarbeit mit univ.-Prof. dr. rudolf<br />
zechner, institut für molekulare biowissenschaften<br />
der karl-franzens-universität graz,<br />
schon seit Jahren mit fragen des fettstoffwechsels<br />
beschäftigt. „ursache der kachexie<br />
ist nicht mangelnde nahrungsaufnahme<br />
und sie kann nicht durch hochkalorische<br />
ernährung verhindert werden“, stellt der experte<br />
klar. „kachexie unterscheidet sich auch<br />
vom hungerstoffwechsel, bei dem der körper<br />
versucht, die muskelmasse möglichst<br />
lange zu erhalten.“<br />
dem grazer forschungsteam gelang es, einen<br />
direkten zusammenhang zwischen dem<br />
fettstoffwechsel und der krebsassoziierten<br />
kachexie herzustellen. die Wissenschafter<br />
konnten im mausmodell zeigen, dass ein<br />
vollständiger schutz gegen krebsassoziierte<br />
kachexie vorhanden ist, wenn das fettspal-<br />
21 paRtneR neWs<br />
grazEr ForschEr EntdEckEn möglichEn nEuEn thErapiEansatz<br />
Für krEbspatiEntEn<br />
Wichtige rolle fettsPaltender enzyme bei kacheXie-entstehung<br />
das forscher-team der med uni graz: silvia schauer,<br />
suman kumar das, gerald höfler<br />
institut für pathologie<br />
medizinische universität graz<br />
univ.-prof. dr. gerald höfler<br />
t +43 (0)676 | 951 4108<br />
gerald.hoefler@medunigraz.at<br />
“adipose triglyceride lipase contributes<br />
to cancer-associated cachexia”:<br />
scienceexpress 2011;<br />
doi:10.1126/science.1198973<br />
http://www.sciencemag.org/content/<br />
early/recent<br />
tende enzyme „adipose triglyceride lipase“<br />
(atgl) fehlt. „das heißt, dass trotz unverändertem<br />
Wachstum der tumore der Verlust<br />
sowohl an fett- als auch an muskelmasse<br />
vollständig gestoppt werden kann“, so mag.<br />
suman kumar das, Phd-student am institut<br />
für Pathologie der med uni graz. Weiters<br />
konnte gezeigt werden, dass bei fehlen<br />
eines anderen wichtigen fettspaltenden<br />
enzyms, die „hormon-sensitive lipase“<br />
(hsl), zumindest ein teilweiser schutz gegen<br />
krebsassoziierte kachexie gegeben war.<br />
erste studien belegen, dass diese ergebnisse<br />
auch für menschen von großer relevanz<br />
sind: bei kachektischen krebspatienten<br />
wurde eine gesteigerte aktivität von atgl<br />
und hsl im fettgewebe nachgewiesen.<br />
die studienergebnisse könnten die grundlage<br />
eines ganz neuen therapieansatzes zur<br />
Verhinderung von kachexie bei krebserkrankungen<br />
werden. „theoretisch könnte man<br />
versuchen, kachexie durch blockierung<br />
einzelner signalproteine (so genannte zytokine)<br />
zu verhindern“, unterstreicht Prof. höfler<br />
die bedeutung der grazer arbeit. „das<br />
Verlockende an unserem modell ist, dass<br />
wir durch hemmung der fettspaltenden enzyme<br />
am zentralen Punkt ansetzen würden.“<br />
möglicherweise ließe sich auf diese Weise<br />
auch die auszehrung bei anderen schweren<br />
erkrankungen verhindern: einen ähnlichen<br />
abbau von fett- und muskelgewebe wie bei<br />
karzinomen findet man z.b. auch bei tuberkulose,<br />
aids, sowie bestimmten lungen-,<br />
nieren- und herzerkrankungen.<br />
die Veröffentlichung in science, einer der angesehensten<br />
fachzeitschriften der Welt, ist<br />
eine hohe auszeichnung für die beteiligten<br />
institute und garantiert eine große internationale<br />
beachtung der arbeit. dass mit mag.<br />
suman kumar das ein student des Phd-<br />
Programms der medizinischen universität<br />
graz als erstautor der studie aufscheint, unterstreicht<br />
zudem die exzellente qualität des<br />
Phd-studiums.<br />
autor: medizinische universität graz