Mensch & Maschine
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Der Perser aus<br />
Sachsen<br />
Was heute wie ein sozialistisches<br />
Märchen aus 1001 Nacht klingt, war<br />
gestern Wirklichkeit: Jahrzehntelang<br />
exportierte die DDR Orientteppiche<br />
in den Nahen und Mittleren Osten<br />
TEXT Jens Wiesner<br />
Am 11. Februar 1964 bricht eine<br />
kleine Delegation von DDR-<br />
Handelsvertretern mit einer besonderen<br />
Mission in den Nahen und<br />
Mittleren Osten auf. Unterwegs sind die<br />
Herren im Auftrag des VEB Halbmond,<br />
einem volkseigenen Betrieb, der im<br />
vogtländischen Oelsnitz Teppiche nach<br />
orientalischem Vorbild produziert.<br />
Ihr Ziel: dringend benötigte Devisen<br />
für die DDR-Wirtschaft.<br />
Die Idee, dieses Vorhaben ausgerechnet<br />
mit dem Verkauf von Orientteppichen<br />
in den Orient zu erreichen, klingt<br />
nur auf den ersten Blick wie das sprichwörtliche<br />
Vorhaben, Eulen nach Athen<br />
zu tragen. Erste Geschäftsverbindungen<br />
sind nämlich längst geknüpft: Bereits<br />
zwei Mal, 1957 und 1959, hat Halbmond-Betriebsdirektor<br />
Günter Dietzel<br />
seine Ware vor Ort anpreisen können<br />
und nach anfänglicher Skepsis der<br />
„Mohammedaner“ – ein damals durchaus<br />
übliches Wort – auch Erfolg. Bis<br />
Mitte der 60er-Jahre ist auf diese Weise<br />
ein Vertriebsnetz entstanden, das<br />
von Damaskus bis Kuwait reicht. Die<br />
Verkaufsstatistik kann sich sehen lassen:<br />
Wurden 1959 nur 64 000 Quadratmeter<br />
Orientteppich in den Nahen Osten<br />
exportiert, ist diese Zahl 1963 bereits<br />
auf 106 000 Quadratmeter angewachsen.<br />
Der Zeitplan der Delegation ist<br />
sportlich gesteckt: In dreieinhalb Wochen<br />
soll Station gemacht werden in Beirut,<br />
Damaskus, Amman, Jerusalem, Kuwait,<br />
Basra und Bagdad. „10 000 km auf<br />
Teppichpfaden der Freundschaft“, wie<br />
Dietzel in seinem Reisebericht für<br />
die VEB-Betriebszeitung „Die Brücke“<br />
schreiben wird.<br />
Unterwegs geht es darum, Handelskontakte<br />
bei Laune zu halten, Vertriebspartner<br />
zu finden und Preiserhöhungen<br />
durchzusetzen. Daneben gilt<br />
es, Ungenauigkeiten zu klären: „Bei der<br />
Kontrolle über die Eintragung unseres<br />
Warenzeichens mußten wir feststellen,<br />
daß einige Fehler vorgekommen<br />
sind. So steht dort geschrieben, daß<br />
sich unsere Firma in Westdeutschland<br />
be findet“, wird Dietzel berichten.<br />
„Selbstverständlich haben wir sofort die<br />
notwendigen Schritte eingeleitet.“<br />
Fotos: Halbmond Teppichwerke