Mensch & Maschine
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GESCHICHTE<br />
37<br />
WEIBER-<br />
WIRTSCHAFT<br />
Fotos: © Oscar Niemeyer VG Bild-Kunst, Bonn 2020 (vorherige Doppelseite). mauritius images/zoran milich/Alamy, © Oscar Niemeyer VG Bild-Kunst, Bonn 2020. mauritius images/Falkenstein/Bildagentur-online Historical Collect./Alamy<br />
Barbara Uthmann stand<br />
am Anfang einer<br />
langen Reihe sächsischer<br />
Unternehmerinnen<br />
TEXT Ulrike Mattern Mannes im Herbst 1553, da war sie 39<br />
Jahre alt, sehr erfolgreich das große<br />
Familienunternehmen mit Berg- und<br />
Seit 2002 steht das Denkmal von<br />
Barbara Uthmann am Markt<br />
von Annaberg-Buchholz wieder<br />
auf seinem Sockel, hoch über dem<br />
nach ihr benannten Brunnen. Es ist der<br />
Bronzenachguss eines Monuments<br />
von 1886, das im Zweiten Weltkrieg verloren<br />
ging. Die elegant ausstaffierte<br />
Bürgerin mit Häubchen, 1514 als Tochter<br />
einer begüterten Familie im 1496<br />
gegründeten Annaberg geboren, also<br />
quasi mit einem goldenen Löffel im<br />
Mund zur Welt gekommen, deutet hier<br />
mit dem Zeigefinger ihrer rechten Hand<br />
auf eine schmale Spitzenborte. Mit der<br />
Handfläche ihrer Linken hebt sie diese<br />
wie bei einer Präsentation vor Publikum<br />
von dem Klöppelsack. Geldkatze und<br />
Schlüsselbund, Insignien einer jeden<br />
guten Hausfrau, trägt sie an der Seite<br />
ihres faltenreichen Rockes, sodass<br />
sie stolz und selbstbewusst erscheint.<br />
In unserer gegenwärtigen Vorstellungswelt<br />
wüsste die Ehefrau und Mutter<br />
von insgesamt zwölf Kindern auf<br />
die neugierige Frage eines Bankberaters:<br />
„Und was machen Sie so beruflich?“,<br />
sicherlich souverän zu kontern. Barbara<br />
Uthmann führte nach dem Tod ihres<br />
Hüttenwerken weiter. Sie machte<br />
gewinnbringend Geschäfte mit Kupfer<br />
und Silber, sorgte jahrzehntelang für<br />
ein sicheres Einkommen der Annaberger<br />
Bergmänner, Steiger und Knappen<br />
sowie ihrer Familien.<br />
Die reichste Frau der Stadt soll eine<br />
großzügige Wohltäterin mit Weitblick<br />
gewesen sein. Denn als die Grubenfelder<br />
im Erzgebirge nicht mehr ausreichend<br />
Bodenschätze abwarfen und<br />
Kurfürst August der Witwe und ihren<br />
Söhnen das Kupferprivileg entzog, bewahrte<br />
die „Uthmannin“ kühlen Kopf<br />
– und bewies Mut zur Diversifikation.<br />
Dabei zahlte sich aus, dass das<br />
Ehepaar gemeinsam zweigleisig gewirtschaftet<br />
hatte: 1567 verkaufte Barbara<br />
Uthmann die von ihrem Ehemann<br />
erworbene Saigerhütte Olbernhau-<br />
Grünthal, die nur mit der Vorzugsstellung<br />
beim Kupferkauf einträglich zu<br />
führen war. Stattdessen baute sie<br />
den „Kram handel“ mit feinem Tuch<br />
und filigranen Spitzenborten aus.<br />
Die Kenntnisse dafür hatte sie sich<br />
während ihrer Ehe an geeignet; der aus<br />
Schlesien stammende Christoph Uthmann<br />
war ein erfahrener Textilhändler,<br />
in Annaberg arbeitete er das erste Mal<br />
als Schichtmeister auf Zechen.<br />
In Heimarbeit webten und klöppelten<br />
Hunderte Frauen für die „Verlegerin“<br />
Barbara Uthmann. Sie finanzierte<br />
deren Garn und vertrieb die fertige Ware<br />
über die Landesgrenzen hinaus. Auch<br />
die sächsische Kurfürstin Anna wurde<br />
auf die textilen Kostbarkeiten aus Annaberg<br />
aufmerksam. Am 9. Oktober 1560<br />
habe es die erste Bestellung aus fürstlichem<br />
Haus gegeben, schreibt Bernd Lahl<br />
in seinem Buch „Barbara Uthmann.<br />
Ihr Leben, ihre Stadt und ihre Zeit“<br />
anlässlich des 500. Geburtstags der einflussreichen<br />
Unternehmerin. Elf Jahre<br />
später, um 1571, endet das einträgliche<br />
Geschäftsmodell: Die schottischen Kaufleute<br />
umgehen die lokalen Verlegerinnen,<br />
indem sie direkt bei den Erzeugerinnen<br />
produzieren lassen. Der Spitzenmarkt<br />
wird unübersichtlich, viele Bortenhändlerinnen<br />
steigen aus, auch Barbara<br />
Uthmann, die 1575 stirbt. Das Spitzenklöppeln<br />
im Erzgebirge entwickelte sich<br />
trotz wirtschaftlicher Rückschläge weiter;<br />
es hat seit über 450 Jahren Bestand<br />
und wird noch heute unter anderem an<br />
der Klöppelschule in Annaberg-Buchholz<br />
unterrichtet, die Uthmans Namen<br />
trägt. Und jedes Jahr im September finden<br />
die Annaberger Klöppeltage statt. •<br />
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