Der Macau-Boom - Aktuell ASIA
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Praktikern sei daher der Ansicht, dass kein Verstoß gegen die Berner<br />
Übereinkunft vorliege. Das Kernproblem in China, so Rechtsanwalt<br />
Willi Vett, seien nicht die gesetzlichen Vorschriften. Vielmehr fehle<br />
es an einer effektiven Durchsetzung der bestehenden Gesetze auf<br />
lokaler Verwaltungs- und Gerichtsebene.<br />
Jeder Chinabesucher kennt dieses Bild: An den Straßenecken<br />
werden Filme und Software für wenige Euro angeboten. Selbst der<br />
Gang in ein Fachgeschäft oder zum lizenzierten Fachhändler schafft<br />
keine Abhilfe: Hier kann für den gleichen Preis kopierte Software<br />
angeboten werden, ohne dass es der Endverbraucher merkt. <strong>Der</strong><br />
Händler berechnet den normalen Preis und streicht den Profit ein.<br />
Geschädigt bleiben der Hersteller und der Käufer zurück, wenn dieser<br />
zum Beispiel Programmerweiterungen nicht mehr laden kann.<br />
Wie weit verbreitet Raubkopien sind und welchen wirtschaftlichen<br />
Schaden sie anrichten, veranschaulicht die IDC Global Software<br />
Piracy Study 2006. Weltweit sind 35 Prozent der benutzten<br />
Software Raubkopien. Dies verursacht einen globalen Schaden<br />
von 39,6 Milliarden US-Dollar. Auch hier liegt China an der<br />
Weltspitze: Mit einem jährlich verursachten Schaden von schätzungsweise<br />
etwa 5,4 Milliarden US-Dollar folgt die VR knapp den<br />
USA (7,3 Milliarden US-Dollar). Allerdings beträgt der Anteil der<br />
gefälschten Software in den USA nur 21 Prozent, während es in<br />
China 82 Prozent sind. Beijing hat aber in den letzten Jahren durchaus<br />
Anstrengungen unternommen, gegen die Piraterie vorzugehen.<br />
2003 lag die Quote noch bei 92 Prozent. Dass die Schadenssumme<br />
dennoch von 3,8 Milliarden US-Dollar auf knapp 5,4 Milliarden<br />
US-Dollar gestiegen ist, liegt an der steigenden Verbreitung von<br />
Computern und -programmen in China. In den USA ist die Verbreitung<br />
von Computern und damit -programmen weitaus höher,<br />
daraus resultiert der höhere Schaden.<br />
Es gäbe technische<br />
Möglichkeiten für einen<br />
umfassenden Schutz<br />
Vor diesem Hintergrund mögen die Klagen der USA verständlich<br />
sein. Ob aber ein rechtspositivistischer Ansatz beider<br />
Parteien hilfreich sein mag, ist mehr als fraglich. Ein Schlichterspruch<br />
wird den USA und vor allem den betroffenen Unternehmen<br />
ebenso wenig helfen wie ein Verweis der chinesischen<br />
Regierung auf bestehende oder gegebenenfalls verschärfte<br />
Gesetze, wenn sie nicht vor Gericht durchsetzbar sind und die<br />
chinesische Regierung sich nicht durchränge, rigoros durchzugreifen.<br />
Da davon auch Tausende von Straßenhändlern betroffen<br />
wären, die sonst auf dem Arbeitsmarkt keine oder geringe<br />
aktuell <strong>ASIA</strong> 10/2007<br />
Wirtschaft China<br />
Beschäftigungschancen haben, wird dies in absehbarer Zeit<br />
reines Wunschdenken bleiben.<br />
Welche Möglichkeiten haben Hersteller von Computerprogrammen?<br />
Eine auch für deutsche Unternehmen essentielle Frage. Mag<br />
man bei Softwareherstellern zunächst an Microsoft, Adobe oder SAP<br />
denken, natürlich sind ebenfalls mittelständische Softwarehersteller<br />
betroffen, die oft Spezialsoftware wie CAD-Anwendungen mit<br />
großem Erfolg entwickeln. Und schließlich Computerspiele, die<br />
hauptsächlich ebenfalls aus Software bestehen.<br />
Es fehlt an einer effektiven<br />
Durchsetzung der<br />
bestehenden Gesetze<br />
Wer in China lebt, wird wahrscheinlich auch einmal einen Blick<br />
in ein Internetcafé geworfen haben, wo Dutzende von Jugendlichen<br />
stundenlang vor Computerspielen sitzen. Internetabhängigkeit ist<br />
für die chinesische Regierung sowohl ein ideologisches wie ein<br />
praktisches Problem; Softwarehersteller leiden aufgrund der hohen<br />
Raubkopierate an starken Umsatzrückgängen.<br />
Das amerikanische Unternehmen eSim Games, LLC aus<br />
Mountain View, ist so ein betroffener Spielehersteller. eSim<br />
Games stellt eine Simulationssoftware für Panzerfahrer her, die<br />
ursprünglich in der Soldatenausbildung eingesetzt wurde. Die<br />
Soldaten hatten die Möglichkeit, für circa 100 Euro eine private<br />
und vor allem neutrale Version zu erstehen. Die ausbildenden<br />
Armeen wollten natürlich nicht, dass taktische und strategische<br />
Szenarien bei einem möglichen Kriegsgegner auftauchten. Sehr<br />
bald kamen Raubkopien in einschlägigen Internetforen ans Licht,<br />
nicht nur von neutralen Versionen, sondern auch von der originalen<br />
Ausbildungssoftware – ein Sicherheitsrisiko für die<br />
betroffene Armee und ein wirtschaftliches Desaster für eSim<br />
Games. Mit einem umfassenden Kopierschutz, der bisher nicht<br />
geknackt wurde, und einem flexiblen Lizensierungskonzept wurden<br />
die Interessen von eSim Games und seiner Kunden gewahrt:<br />
eine sichere Ausbildungssoftware für das Militär und neutrale<br />
Simulationssoftware für die Gamer. Für eSim Games hatte der<br />
Kopierschutz noch eine weitere, angenehme Begleiterscheinung:<br />
da keine weiteren Raubkopien auftauchten, konnte der Preis<br />
für Steel Beasts um 30 Prozent erhöht werden. Ganz davon zu<br />
schweigen, dass – wegen fehlender Raubkopien – sowohl die<br />
Verkäufe als auch der Umsatz gesteigert werden konnten.<br />
Eine weitere Industrie, die in Deutschland unter Produktpiraterie<br />
erheblich zu leiden hat, ist der Maschinenbau. <strong>Der</strong> Verband Deutscher<br />
Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) rechnet nach einer neuen<br />
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