Mit Lust und Laune - Osnabrücker Land
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KULTUR<br />
97<br />
Im Pavillon des Sehens ist es sehr dunkel. Nur durch ein großes Prisma dringen Licht <strong>und</strong> das verfremdete Bild der Umgebung.<br />
sogar in den Niederlanden der Ort<br />
der Varusschlacht ausgerufen.<br />
Höhepunkt der reinen Luftschlösser<br />
war der Bau des monumentalen<br />
„Hermannsdenkmals“. Das<br />
wurde 1875 in Detmold eingeweiht,<br />
obwohl auch hier nur ein<br />
paar Münzen ausgegraben worden<br />
waren. Nun hat das Bergbau-Museum<br />
aus Bochum Klarheit<br />
geschaffen: Zwei Jahre lang<br />
wurden dort 550 F<strong>und</strong>stücke aus<br />
Kalkriese analysiert, um einen<br />
so genannten metallurgischen<br />
Fingerabdruck zu erstellen. Jede<br />
römische Legion hat in der Wissenschaft<br />
ihren eigenen Abdruck,<br />
wenn genügend Metallstücke untersucht<br />
werden können. Und mit<br />
dem Ergebnis aus Bochum ist nun<br />
unzweideutig geklärt, dass die<br />
19. Legion des Varus tatsächlich<br />
in Kalkriese war.<br />
<strong>Mit</strong> diesem sensationellen Forschungsergebnis<br />
wird der F<strong>und</strong><br />
des britischen Offiziers <strong>und</strong> Amateurarchäologen<br />
Tony Clumm<br />
in Kalkriese veredelt, der 1987<br />
neben Münzen auch Schleuderbleie<br />
entdeckt hatte, die auf eine<br />
Schlacht hindeuteten. Bei den<br />
dann folgenden planmäßigen<br />
Ausgrabungen wurden jede Menge<br />
Münzen ausgegraben, deren<br />
Datierung zur Varusschlacht passen.<br />
Außerdem entdeckten die<br />
Archäologen Waffen, Fragmente<br />
der Ausrüstung römischer Soldaten,<br />
Tier- <strong>und</strong> Menschenknochen<br />
<strong>und</strong> Reste einer Wallanlage.<br />
Die Ergebnisse aus dem Bochumer<br />
Labor machen das <strong>Osnabrücker</strong><br />
<strong>Land</strong> damit zum sicher erwiesenen<br />
Ort der Varusschlacht.<br />
Und geben im Nachhinein den<br />
lokalen Entscheidern recht, die<br />
in Kalkriese ein Museum samt<br />
Parkgelände errichtet haben. Das<br />
moderne Gebäude hat eine Fassade<br />
aus rostenden Stahlplatten,<br />
sogenanntem Kortenstahl, <strong>und</strong><br />
wurde von den Schweizer Architekten<br />
Annette Gigon <strong>und</strong> Mike<br />
Guyer entworfen. Vom 2002 fertiggestellten<br />
40 Meter hohen Aussichtsturm<br />
des Museums haben<br />
die Besucher einen R<strong>und</strong>blick<br />
über das Schlachtfeld, das auf<br />
dem Gelände des 20 Hektar großen<br />
Parks liegt.<br />
Im Gebäude selbst werden etwa<br />
400 der mehr als 6.000 F<strong>und</strong>stücke<br />
gezeigt. Symbol des Kalkrieser<br />
Museums <strong>und</strong> Prachtstück<br />
der Ausstellung ist die eiserne<br />
Helmmaske eines römischen Reiters,<br />
die einst mit Silber überzogen<br />
war. Ein Nebengebäude<br />
bietet Raum für wechselnde Ausstellungen,<br />
in ungeraden Jahren<br />
finden außerdem die „Römer- <strong>und</strong><br />
Germanentage“ im Park statt, die<br />
sich großer Beliebtheit erfreuen.<br />
Nun schauen die Menschen aus<br />
dem <strong>Osnabrücker</strong> <strong>Land</strong> gespannt<br />
Richtung Detmold <strong>und</strong> „Hermannsdenkmal“<br />
<strong>und</strong> dem dortigen<br />
zukünftigen Umgang mit<br />
der Schlacht, die als Geburtsst<strong>und</strong>e<br />
der deutschen Nation gilt. Ein<br />
Hinweisschild auf die wahre Varusschlacht<br />
wäre ein Anfang, immerhin<br />
sind es von Detmold nach<br />
Kalkriese keine anderthalb St<strong>und</strong>en<br />
mit dem Auto.