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Die gelebte indigene Perspektive auf Entwicklung

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Methode und Arbeitsweise<br />

Ein anderer Fall der Missachtung der Piaroa-Kultur sei vor etlichen Jahren vorgefallen.<br />

Damals habe ein Anthropologe (Jorge wusste den Wissenschafter nicht näher zu<br />

identifizieren) unerlaubterweise das traditionelle 11 Fest wárime gefilmt und das habe große<br />

Aufruhr erzeugt; denn es handelte sich dabei um eine geheime Zeremonie, die<br />

ausschließlich den Piaroa gehöre und auch nur für sie zugänglich sein sollte. Schließlich<br />

brachte er dieselbe Missachtung gegenüber einem Verhalten anthropologischer<br />

ForscherInnen zum Ausdruck, wie bereits im Fall von La Esmeralda beschrieben.<br />

Eine dritte Situation zur gleichen Thematik, spielte sich zu Beginn des Gesprächs mit dem<br />

Piaroa Juan Morillo ab. Er gab mir seinen Unmut darüber kund, dass er von anderen<br />

Piaroa, die in der Stadt gewesen waren, gehört habe, dass im Völkerkundemuseum von<br />

Puerto Ayacucho etwas ausgestellt wäre, das unter den Piaroa als geheim gelte und das vor<br />

allem Mädchen und Frauen nicht sehen dürften. Er könne die Missachtung ihrer Kultur<br />

nicht begreifen und fragte sich, warum AnthropologInnen so anmaßend sein könnten.<br />

Morillo wiederholte sich mehrmals und es kam mir wie ein Testen vor; als ob er nur dar<strong>auf</strong><br />

wartete, dass ich nachfragen würde, um welches Objekt genau es sich denn handelte oder<br />

dass ich anfing die Ausstellung desselbigen zu verteidigen. Ich wiederum erklärte meine<br />

Distanz gegenüber eines solchen Verhaltens und bekundete mein Verständnis darüber, dass<br />

die Betroffenen davon erschüttert seien. Danach folgte eines meiner interessantesten und<br />

informativsten Gespräche.<br />

Bin ich denn tatsächlich ‚anders’? Einerseits möchte ich das vehement bejahen, denn es lag<br />

mir während der Aufenthalte in den <strong>indigene</strong>n Dörfern nichts ferner als mich aktiv in das<br />

Verhalten und Leben der Besuchten derart einzumischen, dass ich ihnen meine Werte und /<br />

oder meine Verhaltensmuster hätte <strong>auf</strong>drängen wollen. Dass ich aber allein <strong>auf</strong> Grund<br />

meines Daseins und meiner Gespräche <strong>auf</strong> irgend eine Weise in die comunidad eindrang,<br />

war und ist mir durchaus bewusst. Es erleichtert mich jedoch, dass mir mein Verhalten und<br />

Dasein nie zum Vorwurf durch die ‚Erforschten’ gemacht wurde. Andererseits wiederum<br />

beobachtete ich das Verhalten und Leben der Mitglieder der besuchten Dörfer, führte<br />

11 Ich verstehe in dieser Arbeit unter ‚Tradition’ oder ‚traditionell/es’ jede Art von Tätigkeit, die zumindest<br />

über eine Generation, im Normalfall jedoch über mehrer Generationen hinweg übertragen, also ‚tradiert’<br />

wurde und <strong>auf</strong> Grund von inneren und äußeren Einflüssen Veränderungen unterliegt und somit dynamisch<br />

ist.<br />

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