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Die gelebte indigene Perspektive auf Entwicklung

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Wer sind die <strong>indigene</strong>n Völker?<br />

Während Wernhart (1998:85-94) in seiner Auseinandersetzung mit dem Ethnosbegriff<br />

seine operable Verwendung betont, ohne eine Abgrenzung zum Begriff des ‚Indianischen’<br />

vorzunehmen, steht bei Mires (1992:16-23) die Schwierigkeit einer klaren Trennlinie<br />

zwischen beiden Termini im Vordergrund seiner Begriffsanalyse.<br />

Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass es sich bei beiden um ein begriffliches<br />

Konstrukt handelt, wobei sich die Ethnie als wissenschaftliche und der Indianer als<br />

gesellschaftspolitische Erfindung bezeichnen lässt. Beide Kategorien sind also zunächst<br />

durch eine Klassifizierung von außen charakterisiert und haben demnach zugleich eine<br />

realitätsfremde, vereinfachende und homogenisierende Wirkung.<br />

Bonfil (zit. in Mires 1992:16) bezeichnet Ethnie als eine anwendbare Kategorie zur<br />

Identifizierung spezifischer sozio-kultureller Einheiten. <strong>Die</strong>se sehr weite Charakterisierung<br />

lässt sich mit Hilfe von Wernhart (1998:86f) konkretisieren. Für diesen Autor stellt Ethnos<br />

einen Rahmenbegriff dar, dessen demographische Variationsbreite er nicht eingrenzt, wenn<br />

er schreibt, dass der Begriff „von ganz kleinen Lokalgruppen bis hin zu großen<br />

Gemeinschaften reichen kann.“ (Wernhart 1998:87). Spezifische kulturelle<br />

Manifestationen oder Äußerungen, die allerdings nicht als statisch, sondern als<br />

veränderlich und prozesshaft <strong>auf</strong>zufassen sind, sind untrennbar mit der Ethnie verbunden.<br />

Der besagte Autor drückt sich diesbezüglich folgendermaßen aus:<br />

„Mensch und Kultur sind als eine Einheit anzusehen, und mehrere Menschen, die sich durch<br />

gleiche kulturelle Äußerungen zu einer Wir-Gruppe bekennen, sind als Ethnos zu bezeichnen.<br />

(...) Von einem Ganzen kann nicht gesprochen werden, da das Ethnos keine abgeschlossene<br />

Einheit darstellt, sondern mit anderen Gruppen (auch Ethnien) in Kontakt steht.“ (Wernhart<br />

1998:86).<br />

<strong>Die</strong> regional zentrale Kategorie ethnologischer Forschung in Südamerika wiederum ist<br />

nicht die Ethnie, sondern das von Steward und Faron geprägte Konzept der „sozio-<br />

linguistischen Gruppe“. Mit diesem Begriff werden Gruppen bezeichnet, die eine<br />

gemeinsame Sprache sprechen und ein soziales sowie kulturelles Gefüge miteinander<br />

teilen. Wesentlich beeinflusst wurde die Entstehung dieses Konzeptes durch das<br />

„Handbook of South American Indians“, in welchem Steward seine zentralen Thesen zu<br />

den Kulturregionen Südamerikas darlegte. So ist auch zu erklären, dass die spezifischen<br />

kulturellen Merkmale von sozio-linguistischen Gruppen durch ihre Zugehörigkeit zu einer<br />

Kulturregion oder einem kulturellen Typus definiert ist (Steward und Faron 1959:16-21).<br />

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