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Die gelebte indigene Perspektive auf Entwicklung

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Indigenismo – Aufstieg und Fall einer Indianerpolitik<br />

Bedrohung im Prozess der <strong>Entwicklung</strong> hin zu einer modernen, nationalen und zivilisierten<br />

Kultur gesehen wurde (Stavenhagen 1988:28f).<br />

Alle BewohnerInnen der neuen Staaten wurden grundsätzlich zu ciudadanos<br />

(BürgerInnenn) erklärt; so wurde also auch den indianischen Gemeinschaften die<br />

rechtliche Gleichheit zugebilligt und es folgte eine offizielle Abschaffung der indianischen<br />

Rechtssysteme. <strong>Die</strong> Indios fanden entsprechend auch keine Erwähnung eines eigenen<br />

Status in den unabhängigen Verfassungen vor. Der erste Schritt ihrer Integration im Sinne<br />

einer Assimilation unter die jeweils nationale Gesellschaft war vollzogen. Ihre<br />

minderwertige wirtschaftliche Situation, die Diskriminierung und ihre politische<br />

Untergebenheit in der Nationalgesellschaft verhinderte allerdings die Teilnahme der<br />

Indígenas an den politischen und zivilen Freiheiten, die ihnen als gleiche BürgerInnen<br />

eigentlich zugestanden wäre (Stavenhagen 1988:23).<br />

Daneben bezog sich eine der wichtigsten rechtlich-politischen Fragen <strong>auf</strong> die aus der<br />

Kolonialzeit stammenden Landtitel, welche ihre Lösung in der Aufhebung der<br />

Kommunallandtitel fand. Argumentiert wurde diese Entscheidung mit der Unvereinbarkeit<br />

des neuen Status der Indígenas als vollwertige und gleiche BürgerInnen der Republiken<br />

mit den resguardos. <strong>Die</strong>se liberal-ideologische Privatisierung des Kommunallandes zur<br />

Schaffung von individuellen Landrechten „hatte für zahllose indianische Gemeinschaften<br />

in Lateinamerika vernichtende Folgen“ (Kuppe 1998:123). Eigentlich hätte das Land unter<br />

den Mitgliedern der ehemaligen resguardos <strong>auf</strong>geteilt werden sollen, doch zum einen<br />

erhielten die wenigsten Indianer einen offiziellen Landtitel und zum anderen wurden<br />

alsbald große Teile der Länder zu tierras baldías erklärt, Land „über welches niemals<br />

formelle Verfügung zur Begründung privater Rechte vorgenommen wurde. [Es] gilt als<br />

Staatsland, und seine Verwaltung kommt [...] ‚der Nation’ zu.“ (Kuppe 1994a:87; Bonfil<br />

1975:19).<br />

4.1.3. Missionierung als Zivilisierungsinstrument<br />

Mit Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich erstmals etwas heraus, das sich als<br />

konkrete Indianerpolitik bezeichnen lässt. <strong>Die</strong>se sah neben der Fortführung von Genozid<br />

die Aufgabe des staatlichen Gewaltmonopols vor. Zu jener Zeit wurden die religiösen<br />

Missionen zu staatlichen Institutionen eines legalisierten Ethnozids. In dieser<br />

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