25.09.2020 Aufrufe

Die Wirtschaft Köln - Ausgabe 05 / 2020

Mehr Wissen, besser entscheiden, erfolgreich unternehmen: Die Wirtschaft Köln bietet Ihnen mit exklusiven Einblicken in Branchen, Märkte und Betriebe sechs Mal jährlich einen spannenden Mix aus aktuellen Nachrichten der Kölner Wirtschaft, Unternehmensportraits und Interviews mit Entscheidern der Region.

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Corona |<br />

MIT IDEEN DURCH DIE KRISE<br />

MIT DEM „KINDERBÜDCHEN“<br />

IN DIE BERUFLICHE FREIHEIT<br />

Ein kleines Kinderparadies hat Johannes Keil mit seinem Kinderbüdchen geschaffen.<br />

Johannes Keil hat seinen Lebenstraum gefunden.<br />

Das spürt man im Gespräch sofort.<br />

Mit dem „Kinderbüdchen“, einer Minikita<br />

für unter Dreijährige, erfüllte sich für<br />

den 39-Jährigen endlich der lang gehegte<br />

Wunsch, mit Kindern zu arbeiten statt<br />

wie bisher mit Worten. Denn Keil war einige<br />

Zeit bei einer PR-Agentur beschäftigt.<br />

Ursprünglich wollte er es parallel laufen<br />

lassen. Auch aus finanziellen Sicherheitsgründen.<br />

Doch bevor sich Johannes Keil für<br />

die Kindertagespflege entschied, spielte er<br />

zunächst mit dem Gedanken, Lehrer im<br />

Quereinstieg zu werden. Schließlich würden<br />

Lehrer händeringend gesucht. Doch<br />

seine Fächerkombination mit Deutsch als<br />

Fremdsprache, Erziehungswissenschaft<br />

und Geschichte ist nicht gefragt, wie er<br />

feststellen musste.<br />

Dann wurde er auf die Möglichkeit, in der<br />

Kindertagespflege tätig zu werden, aufmerksam.<br />

Ein Bereich, in dem es noch große<br />

Lücken gibt, vor allem im Bereich der<br />

Betreuung für unter Dreijährige. Und diese<br />

Lücke beschloss Keil ab sofort in Ehrenfeld<br />

zu schließen. Er bildete sich fort<br />

und suchte geeignete Räume, die er an<br />

der Subbelrather Straße 465 schließlich<br />

fand. „63 Quadratmeter, drei Zimmer, Küche<br />

und Bad, das passte“, so Keil. Er richtete<br />

die frühere Wohnung so ein, dass daraus<br />

ein kleines Kinderparadies wurde.<br />

Am 13. März dieses Jahres beendete er seine<br />

bisherige Agenturtätigkeit, nachdem er parallel<br />

zu seinem Job zuvor ein halbes Jahr<br />

lang eine Fortbildung zur Kindertagespflege<br />

absolviert hatte. „Eigentlich wollte ich<br />

Ende März das ,Kinderbüdchen‘ öffnen.<br />

Doch dann kam Corona und alles verzögerte<br />

sich“, erzählt der 39-Jährige. <strong>Die</strong> Räume<br />

mussten durch die Stadt ja noch abgenommen<br />

werden. Erst durch das Gesundheitsamt,<br />

dann durch das Jugendamt. „<strong>Die</strong> aber<br />

durften während des Lockdowns nicht rausfahren“,<br />

so Keil, der zu diesem Zeitpunkt<br />

ein wenig verzweifelte. <strong>Die</strong> Miete für die<br />

Räume musste gezahlt werden, ohne dass<br />

Einnahmen generiert werden konnten. Eine<br />

denkbar schlechte Zeit für seine Idee. Er<br />

verfolgte sie trotzdem weiter.<br />

Finanziell vorgesorgt hatte er mit einem<br />

Gründungszuschuss und eigenen Ersparnissen,<br />

weil ihm klar war, dass er zu Beginn<br />

nicht sein volles Einkommen erwirtschaften<br />

würde. Er hatte einen Businessplan erstellt,<br />

aber zwischenzeitlich habe er schon<br />

Angst bekommen, wie es werden wird,<br />

wann er eröffnen kann und ob er dies überhaupt<br />

in absehbarer Zeit tun kann. „<strong>Die</strong>se<br />

Situation kam in meinem Plan halt nicht<br />

vor“, sagt der 39-jährige Vater.<br />

Am 18. Juni war es so weit, Johannes Keil<br />

konnte seine Minikita eröffnen. Seitdem<br />

blickt er zuversichtlicher in die Zukunft,<br />

Foto: Kinderbüdchen | Icons: Re Gara – stock.adobe.com<br />

auch weil er durchweg ein positives Feedback<br />

von Eltern erhält. „Das gibt mir ein<br />

gutes Gefühl“, sagt er. Seine ersten zwei<br />

Kinder betreut er bereits, drei weitere<br />

kommen in den nächsten Wochen hinzu.<br />

Mehr als fünf Kinder darf er in den Räumen<br />

nicht beaufsichtigen. „Aber das reicht<br />

völlig aus. Ich werde mein Einkommen erzielen,<br />

das ich zuvor auch als Freiberufler<br />

erwirtschaftet hatte“, sagt Keil zuversichtlich.<br />

Noch steht er ganz am Anfang und befasst<br />

sich noch nicht mit der Erweiterung<br />

seines Kinderbüdchens. Doch unmöglich<br />

wäre es nicht.<br />

Dass er mitten in der Krise völlig neu begonnen<br />

hat, war so nicht geplant gewesen.<br />

„Aber deswegen meinen Plan aufgeben,<br />

auf den ich seit über einem Jahr hingearbeitet<br />

habe“?, fragt er. Nein, das kam für<br />

ihn nicht infrage.<br />

Als Mann in der Tagespflege ist er eher<br />

noch ein seltenes Exemplar, das merkte er<br />

auch in der Fortbildung. Von insgesamt 19<br />

Teilnehmern waren nur vier Männer. Da<br />

habe auch anfangs eine gewisse Skepsis<br />

aufseiten der Eltern geherrscht, die aber<br />

konnte er in offenen Gesprächen ausräumen.<br />

Nie seien ihm deshalb Steine in den<br />

Weg gelegt worden, weder von den Eltern<br />

noch vonseiten der Stadt. „Das mag sicherlich<br />

auch daran liegen, dass dringend Kinderbetreuungsplätze<br />

vor allem in der jüngeren<br />

Altersgruppe benötigt werden. Und<br />

hier in Ehrenfeld sind viele junge Familien“,<br />

vermutet Keil. W<br />

Susanne Wächter<br />

Foto: Kinderbüdchen<br />

www.diewirtschaft-koeln.de 39

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