Leben mit - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter
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Etta Wilken<br />
Prof. Dr. Etta Wilken<br />
1968 Schulleiterin einer Sonderschule<br />
für körperbehinderte und für geistig behinderte<br />
Kinder in Göttingen. Da erfolgten<br />
erste Kontakte <strong>mit</strong> Schülerinnen und<br />
Schülern <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> sowie <strong>mit</strong><br />
deren Eltern. (In dieser Zeit habe ich<br />
auch angefangen, mich <strong>mit</strong> Gebärden<br />
zu beschäftigen und einen nicht sprechenden<br />
Schüler da<strong>mit</strong> zu fördern.)<br />
1971 erster kleiner Gesprächskreis <strong>mit</strong><br />
Eltern, die ein Baby oder ein Vorschulkind<br />
<strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> hatten<br />
1972 Hochschullehrerin an der Universität<br />
Hannover im Lehrgebiet Allgemeine<br />
und integrative Behindertenpädagogik<br />
1973 erfolgte die 1. Auflage des Buches<br />
„Sprachförderung bei Kindern <strong>mit</strong><br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>“ (<strong>mit</strong>tlerweile in 9. Auflage)<br />
1975 erstes Sonnenberg-Seminar für<br />
Eltern <strong>mit</strong> ihren behinderten Kindern,<br />
dann jedes Jahr über Pfingsten Seminare<br />
für Eltern von Kindern <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong><br />
Seit 1989 jährlich drei Elternseminare<br />
in der Bundesvereinigung der <strong>Leben</strong>shilfe<br />
in Marburg für Eltern von Kindern<br />
<strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> (In den ersten Jahren;<br />
Nach den ersten Jahren; In den<br />
späteren Jahren)<br />
Forschungsschwerpunkte:<br />
Förderung von Kindern <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-Syn-<br />
drom; integrativer Unterricht für Kinder<br />
<strong>mit</strong> Behinderung; Frühförderung;<br />
Unterstützte Kommunikation<br />
Seit 1990 intensive Beschäftigung <strong>mit</strong><br />
der Gebärden-unterstützten Kommunikation<br />
– GuK ist heute ein sehr verbreitetes<br />
Verfahren, besonders in der Frühförderung<br />
von Kindern <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
Publikationen:<br />
Verschiedene Bücher und viele Artikel<br />
in Fachzeitschriften und Beiträge für<br />
Bücher, u.a. zu folgenden Themen:<br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>, Frühförderung, Unterstützte<br />
Kommunikation, Waldorfpädagogik<br />
und Integration<br />
1. Was ist aus Ihrer Sicht, auf Ihrem<br />
Fachgebiet, in den letzten Jahren für<br />
Menschen <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> besser<br />
geworden? Welche Fortschritte?<br />
1. Was ist denn ein <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>?<br />
Es war 1971 in einer deutschen Universitätsstadt.<br />
Ein kleiner Junge war geboren<br />
und der Vater erhielt die Diagnose,<br />
sein Sohn leide an Mongolismus, einer<br />
schweren, unheilbaren geistigen Behinderung.<br />
Bevor der Vater seiner Frau die<br />
Diagnose <strong>mit</strong>teilte, wollte er sich selbst<br />
genauer informieren. Deshalb ging er in<br />
eine große Universitätsbuchhandlung<br />
und fragte nach Literatur zum „Mongolismus“.<br />
Als Antwort erhielt er: „Gehen<br />
Sie bitte in die erste Etage, dort ist die<br />
Abteilung für Asiatika.“<br />
Noch in den siebziger Jahren war in<br />
Deutschland die Bezeichnung Mongolismus<br />
auch in der wissenschaftlichen<br />
Fachliteratur üblich (z.B. C. Wunderlich:<br />
Das mongoloide Kind, 2. Auflage 1977).<br />
Als die erste Auflage meines Buches<br />
„Sprachförderung bei Kindern <strong>mit</strong><br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>“ 1973 erschien, musste<br />
ich noch ausführlich begründen, warum<br />
ich die bis dahin übliche und allgemein<br />
verständliche Bezeichnung Mongolismus<br />
ablehnte (vgl. Wilken, 1973, S. 7 ff.).<br />
Heute dagegen hat sich der Begriff<br />
„<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>“ durchgesetzt – und<br />
<strong>mit</strong> ihm hat sich auch das alte negative<br />
und stereotype Bild von Menschen <strong>mit</strong><br />
dieser genetischen Besonderheit günstig<br />
verändert.<br />
Die Information neu betroffener Eltern<br />
ist heutzutage recht gut, auch wenn<br />
das leider nicht immer zutrifft – hier<br />
WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT<br />
sind noch weitere Anstrengungen nötig!<br />
Aber verglichen <strong>mit</strong> früher konnten erhebliche<br />
Verbesserungen erzielt werden:<br />
Es gibt verschiedene Hefte zur<br />
Erstinformation, Videos und auch Gesprächsangebote<br />
regionaler Selbsthilfegruppen.<br />
Das Deutsche <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
<strong>InfoCenter</strong> bietet kompetente Beratung<br />
und Unterstützung zumal bei speziellen<br />
Fragen und Problemen und es hat hervorragendes<br />
Informationsmaterial publiziert<br />
und im deutschen Sprachraum<br />
verbreitet.<br />
Die begleitende gesundheitliche Betreuung<br />
von Kindern <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
konnte durch vielfältiges Infomaterial<br />
sowie durch vorliegende Fachliteratur<br />
erheblich verbessert werden (vgl.<br />
Storm: Das <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>, 1995). Für<br />
Erwachsene und ältere Menschen <strong>mit</strong><br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> müssen jedoch entsprechende<br />
Konzepte und therapeutische<br />
Maßnahmen noch differenzierter entwickelt<br />
und angeboten werden.<br />
2. Wie sehen Sie die Zukunft, welche<br />
Chancen und Möglichkeiten?<br />
Aber auch, was macht Ihnen Sorgen,<br />
wo gibt es Ihrer Meinung nach<br />
Handlungsbedarf? Was soll Schwerpunkt<br />
der Arbeit sein?<br />
2. Ich akzeptiere mein Kind so,<br />
wie es ist!<br />
Es war vor einiger Zeit während eines<br />
Seminars <strong>mit</strong> Eltern von Kindern <strong>mit</strong><br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> im Kindergarten- und<br />
Vorschulalter. Die Eltern diskutierten,<br />
welche Therapien sie durchführen und<br />
welche weiteren Angebote sie ihrem<br />
Kind machen, als eine Mutter fast aggressiv<br />
feststellte, dass sie diesen<br />
ganzen Förderstress nicht mehr <strong>mit</strong>machen<br />
wolle. Sie akzeptiere ihr Kind so,<br />
wie es ist.<br />
Doch wie ist ein Kind <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
wirklich? Welche Unterstützung<br />
benötigt es, um sein individuelles Potenzial<br />
günstig entfalten zu können?<br />
Wir wissen heute mehr über die Entwicklung<br />
von Kindern <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
und über ihren speziellen Förderbedarf.<br />
Das ermöglicht uns besser, individuelle<br />
und syndromtypische Aspekte<br />
bei der Förderung zu berücksichtigen.<br />
Darin liegen wesentliche Chancen!<br />
Ein großes Problem ist jedoch der<br />
boomende Therapiemarkt: Da werden<br />
spektakuläre therapeutische Erfolge be-<br />
<strong>Leben</strong> <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> Nr. 50, Sept. 2005 19