Leben mit - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter
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kompletten oder Teilen des Chromosoms<br />
21 zugrunde liegt. Das variable Erscheinungsbild<br />
des <strong>Syndrom</strong>s wird vor<br />
allem auf die unterschiedliche, in der<br />
Regel höhere, Gendosis und da<strong>mit</strong> Ausprägung<br />
der auf Chromosom 21 lokalisierten<br />
Gene in Zellen von Personen <strong>mit</strong><br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> zurückgeführt. Es wird<br />
vermutet, dass davon auch das <strong>Down</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong>-spezifische Tumorspektrum<br />
beeinflusst wird. Interessanterweise<br />
wurden in verschiedenen Karzinomen,<br />
einschließlich Brustkrebs, noch keine<br />
freien Trisomien 21 nachgewiesen, was<br />
deren Bedeutung für die Unterdrückung<br />
von Tumoren noch unterstreicht. Trotzdem<br />
treten hin und wieder Brustkrebserkrankungen<br />
auch bei Frauen<br />
<strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> auf. Hier wird vermutet,<br />
dass Teile des Chromosoms 21 in<br />
den Tumorzellen verloren gegangen<br />
sind.<br />
Das menschliche Chromosom 21<br />
wurde in den letzten Jahren vollständig<br />
analysiert und mehrere hundert Gene<br />
identifiziert. Darunter befinden sich<br />
auch solche Gene, bei denen Eigenschaften<br />
nachgewiesen wurden, die zur<br />
Unterdrückung von Tumoren führen<br />
(Tumorsuppressor-Gene). Allerdings<br />
stehen wir erst am Anfang, die Funktion<br />
von spezifischen (Chromosom 21)<br />
Genen zu erkennen, ihre Einbindung in<br />
Gen-Netzwerke zu verfolgen und letztlich<br />
ihre Rolle bei der Unterdrückung<br />
von Tumoren bei Menschen <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong> aufzuklären. Die methodischtechnischen<br />
Voraussetzungen für derartige<br />
Untersuchungen sind vorhanden.<br />
In der Arbeitsgruppe Tumorgenetik<br />
des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare<br />
Medizin (MDC) in Berlin arbeiten<br />
Karyogramm von Trisomie 21<br />
(Foto von Simone Heidemann,<br />
Christian-Albrechts-<br />
Universität Kiel)<br />
wir seit Jahren daran, die genetischen<br />
Grundlagen von Brustkrebs besser verstehen<br />
zu lernen. Im Verlaufe unserer<br />
Forschungen haben wir eine Reihe von<br />
Kandidatengenen identifiziert, deren<br />
Rolle bei der Entstehung von Brustkrebs<br />
umfassend geprüft wird. Als methodische<br />
Grundlage für das Auffinden solcher<br />
Gene diente uns u.a. die Einführung<br />
von zusätzlichen menschlichen<br />
Chromosomen in Brustkrebszellen, die<br />
danach viele Eigenschaften einer normalen<br />
Zelle zurückgewinnen. Aus dieser<br />
Situation heraus sind wir sehr daran<br />
interessiert, mehr über die Unterdrückung<br />
von Brustkrebs bei Frauen<br />
<strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> zu erfahren.<br />
Wir erhoffen uns von der Aufklärung<br />
der molekularen Grundlagen des Auftretens<br />
von Brustkrebs bei <strong>Down</strong>-Syn-<br />
Die beiden Autoren, Prof. Dr. Siegfried<br />
Scherneck und Dr. Burkhard<br />
Jandrig, interessieren sich vor allem<br />
– da es diese Angaben für Deutschland<br />
noch nicht gibt –, wo Brustkrebs<br />
bei Frauen <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> festgestellt<br />
wurde. Sie möchten die betreffenden<br />
Personen, Betreuer oder<br />
Familienangehörige bitten, diesbezügliche<br />
Angaben an die folgende<br />
MEDIZIN<br />
drom-Patientinnen ein tieferes Verständnis<br />
der zellulären Vorgänge in einem<br />
Tumor. Hier muss der einzigartige<br />
Schutzmechanismus, der sonst die Entstehung<br />
von Brustkrebs verhindert, verloren<br />
gegangen sein. Natürlich könnten<br />
diese Erkenntnisse aber auch Ausgangspunkt<br />
sein z.B. für die Entwicklung<br />
von therapeutischen Strategien für<br />
sowohl Patienten <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
(insbesondere bei erhöhter <strong>Leben</strong>serwartung)<br />
als auch für Patienten ohne<br />
<strong>Syndrom</strong>.<br />
Prof. Dr. Siegfried Scherneck<br />
Dr. Burkhard Jandrig<br />
PS: Beim Lesen von Abhandlungen zum<br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> fiel uns folgender Satz<br />
von Thomas J. Weihs (1914–1983) in<br />
die Hände, der in unsere Problematik<br />
hineinreicht:<br />
Zitat: „Hat vielleicht der mongoloide<br />
Mensch (Original – anders vielleicht<br />
Mensch <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>) auf geheimnisvolle<br />
Weise die Aufgabe übernommen,<br />
weniger eine Krankheit als<br />
ein Heil<strong>mit</strong>tel unserer Zeit zu sein.“<br />
Studie: Brustkrebs bei Frauen <strong>mit</strong><br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
Adresse zu senden:<br />
Prof. Dr. Siegfried Scherneck<br />
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare<br />
Medizin (MDC) Berlin-Buch<br />
Arbeitsgruppe Tumorgenetik<br />
Robert-Rössle-Straße 10<br />
13125 Berlin<br />
<strong>Leben</strong> <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> Nr. 50, Sept. 2005 39