Leben mit - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter
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Konzentriert bei der Arbeit<br />
hen. In der Gruppe müssen sie ihre <strong>Leben</strong>spläne<br />
nicht <strong>mit</strong> den <strong>Leben</strong>splänen<br />
nicht behinderter Jugendlicher vergleichen,<br />
sondern beschäftigen sich <strong>mit</strong><br />
Entwürfen und Vorstellungen, die ihnen<br />
entsprechen.<br />
Welche junge Frau <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
hat schon die Möglichkeit, sich so<br />
wie andere Jugendliche im selben Alter,<br />
fernab von ihren Eltern, auszuprobieren.<br />
Auch wenn man ihnen nicht denselben<br />
Freiraum einräumen kann wie ihren<br />
Altersgenossen, dennoch ist es ein Unterschied,<br />
ob die Eltern sie begleiten<br />
oder die Verantwortung durch andere<br />
Personen getragen wird. Diese Gelegenheit<br />
hatte die „Coole Hühnersisterbande“<br />
in Form einer Wochenendfreizeit,<br />
bei der das Thema Freundschaft näher<br />
beleuchtet wurde. Das Zusammensein<br />
über drei Tage hinweg war nicht nur ein<br />
aufregendes Abenteuer für die jungen<br />
Frauen, sondern gab der Gruppe außerdem<br />
einen engeren Zusammenhalt und<br />
viele neue Anstöße, die in den folgenden<br />
Gruppenstunden vertieft wurden.<br />
Seitdem konnte ein verstärktes Interesse<br />
aneinander beobachtet werden.<br />
Miteinander erlebte Fröhlichkeit und<br />
kleinere Krisen verbinden sie immer<br />
noch stark und für die eine oder andere<br />
war das Gefühl, dass nicht nur das Elternhaus<br />
ein Zuhause sein kann, sondern<br />
auch die Gruppe oder eine Freundschaft<br />
ein Platz ist, wo sie angenommen<br />
ist, eine neue und gute Erfahrung.<br />
Theorie in Alltagssituationen üben<br />
Scheinbar nebenbei werden bei jedem<br />
Treffen Alltagssituationen trainiert. Eine<br />
kleine, gemeinsame Mahlzeit wird<br />
hergestellt, die sie zum Teil selbst einkaufen<br />
bzw. selbst zubereiten. Ein ganz<br />
wichtiges Thema dabei ist die schlanke<br />
Linie. Also wird schon vorher besprochen,<br />
was gut für die Figur ist, was gesund<br />
und nahrhaft ist. Außerdem werden<br />
die Portionen schon vor Beginn der<br />
Mahlzeit abgesprochen und nicht überschritten.<br />
Manchmal bedarf es einer Erinnerung<br />
durch die Tischnachbarin,<br />
dass es nur eine Brezel für jeden gibt<br />
und der Apfel doch eine gute Alternative<br />
wäre, aber in der Regel funktionieren<br />
die selbst gewählten Auflagen.<br />
Vor den Ausflügen in die Stadt zum<br />
Einkaufsbummel, ins Museum oder ins<br />
Kino wird in der Gruppenstunde davor<br />
besprochen, welche Verhaltensweisen<br />
wichtig sein könnten und worauf diesmal<br />
speziell geachtet werden soll. Ganz<br />
elementare Dinge wie: „Was mache ich,<br />
wenn ich die Gruppe verliere?“, oder:<br />
„Wer möchte in welches Geschäft und<br />
darf/kann sich dort etwas kaufen?“ Dabei<br />
werden unrealistische Ideen, wie eine<br />
allzu lange Einkaufsliste, schon vorher<br />
besprochen und der Situation oder<br />
dem Geldbeutel angepasst.<br />
In der Gruppenstunde nach den Ausflügen<br />
werden meist noch einmal einige<br />
Situationen aufgegriffen und ganz differenziert<br />
zur Sprache gebracht, wie beispielsweise:<br />
„Wie kann ich angemessen<br />
PSYCHOLOGIE<br />
<strong>mit</strong> einem gut aussehenden, jungen<br />
Mann vom Nebentisch flirten?“ Diese<br />
Fragen können dann im Rollenspiel ausprobiert<br />
und geübt werden. Wobei die<br />
jungen Frauen, durch die Wahrnehmung<br />
der Gruppe, den Rollenwechsel<br />
und das wiederholte Üben, bei dem sie<br />
bewusst nachspüren können, schließlich<br />
selbst zu einem guten Ergebnis<br />
kommen, das ihnen unter Umständen<br />
schon beim nächsten Ausflug weiterhelfen<br />
kann.<br />
Abgesehen vom Spaß und der Fröhlichkeit,<br />
die die jungen Frauen in der<br />
Gruppe erleben, wird es in Zukunft noch<br />
endlos viele Themen geben, die sie beschäftigen.<br />
Sei es, dass sie den neuen<br />
Arbeitsvertrag <strong>mit</strong> den anderen Teilnehmerinnen<br />
feiern möchten, sich kichernd<br />
über ihre Sängeridole austauschen<br />
wollen oder ein paar Aspekte auf<br />
dem Weg zum Erwachsenwerden gemeinsam<br />
beleuchten.<br />
Zurück zur Gartenparty. Wie erleichtert<br />
fühlt man sich, entdeckt man<br />
einen weiteren Partygast, der offensichtlich<br />
ebenso unpassend gekleidet ist<br />
wie man selbst. Schnell gesellt man sich<br />
zueinander, fühlt sich nicht mehr so deplatziert,<br />
und der Abend ist gerettet.<br />
Das Gefühl der selbstverständlichen<br />
Zugehörigkeit verbindet und stärkt die<br />
jungen Frauen der „Coolen Hühnersisterbande“.<br />
Doch zugleich gibt die<br />
Gruppe ihnen die Chance, Neues zu lernen<br />
und ihren Horizont zu erweitern.<br />
Und wie schön wäre es, wenn sich<br />
die jungen Frauen auch außerhalb ihres<br />
engsten Umfeldes <strong>mit</strong> dem Gefühl bewegen<br />
könnten, ganz selbstverständlich<br />
dazu zu gehören. Zum Beispiel auf einer<br />
Gartenparty, auf der sie Menschen in<br />
Jeans und Abendkleidern treffen<br />
<strong>Leben</strong> <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> Nr. 50, Sept. 2005 29