Leben mit - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter
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MEDIZIN<br />
Brustkrebs bei Frauen<br />
<strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
Siegfried Scherneck und Burkhard Jandrig<br />
Das Tumorspektrum bei Menschen <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
erscheint äußerst spezifisch. Unter anderem ist es<br />
gekennzeichnet durch ein erhöhtes Risiko, vor allem<br />
im Kindesalter, an Leukämien zu erkranken.<br />
Dagegen ist das Risiko für das Auftreten von soliden<br />
Tumoren (Karzinomen) im Erwachsenenalter stark<br />
verringert.<br />
In diesem Artikel geht es um die Tatsache, dass Frauen<br />
<strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> ein im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung<br />
vielfach geringeres Risiko (~ zehnfach)<br />
haben, an Brustkrebs zu erkranken.<br />
In Deutschland erkranken laut Dachdokumentation<br />
Krebs des Robert-<br />
Koch-Instituts jährlich schätzungsweise<br />
47500 Frauen an Brustkrebs. Es handelt<br />
sich da<strong>mit</strong> um die häufigste<br />
Krebserkrankung der Frau in der Bundesrepublik<br />
Deutschland. Das Erkrankungsrisiko<br />
steigt ab dem 40. <strong>Leben</strong>sjahr<br />
stetig an, und im Laufe ihres <strong>Leben</strong>s<br />
wird bei fast jeder zehnten Frau<br />
Brustkrebs diagnostiziert. Ähnliche<br />
Zahlen werden auch von anderen Industrieländern<br />
berichtet.<br />
Wie entsteht Brustkrebs?<br />
Für die überwiegende Zahl der Brustkrebserkrankungen<br />
lässt sich keine alleinige<br />
Ursache für die Entstehung verantwortlich<br />
machen. Vielmehr wird davon<br />
ausgegangen, dass unterschiedliche<br />
Faktoren die Umwandlung einer normalen<br />
Zelle in eine Tumorzelle begünstigen<br />
können. Zu diesen so genannten<br />
Risikofaktoren zählen u.a. höheres <strong>Leben</strong>salter,<br />
Hormoneinfluss sowie Umwelt-<br />
und Ernährungsfaktoren.<br />
Obwohl über die genauen Ursachen<br />
der Entstehung von Brustkrebs noch<br />
wenig bekannt ist, gibt es kaum noch<br />
Zweifel daran, dass Brustkrebs im<br />
38 <strong>Leben</strong> <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> Nr. 50, Sept. 2005<br />
Grunde eine genetische Erkrankung<br />
darstellt. Etwa fünf bis zehn Prozent der<br />
Brustkrebsneuerkrankungen sind erblich<br />
und lassen sich auf Mutationen in<br />
den bisher bekannten Brustkrebsgenen<br />
BRCA1 und BRCA2 zurückführen. Das<br />
<strong>Leben</strong>szeitrisiko für BRCA1-Mutationsträger,<br />
an Brustkrebs zu erkranken,<br />
ist gravierend höher und beträgt nach<br />
gegenwärtigen Berechnungen 65 Prozent<br />
(BRCA1) bzw. 45 Prozent (BRCA2).<br />
Frauen, die aufgrund familiärer Häufung<br />
und Mutationen in diesen Genen<br />
ein erhöhtes Brustkrebsrisiko haben,<br />
wird ein engmaschiges Früherkennungsprogramm<br />
in speziellen und kompetenten<br />
Zentren angeboten.<br />
Brustkrebs bei Frauen <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong> ist selten<br />
Das Tumorspektrum bei Menschen <strong>mit</strong><br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> erscheint äußerst spezifisch.<br />
Unter anderem ist es gekennzeichnet<br />
durch ein gegenüber der Allgemeinbevölkerung<br />
um zehn- bis 20-fach<br />
erhöhtes Risiko, vor allem im Kindesalter,<br />
an Leukämien zu erkranken.<br />
Dagegen ist das Risiko für das Auftreten<br />
von soliden Tumoren (Karzinomen)<br />
im Erwachsenenalter stark ver-<br />
ringert (vgl. auch den Beitrag <strong>Leben</strong> <strong>mit</strong><br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>, Nr. 49, Mai 2005, S.<br />
20-21). Besonders auffällig ist, dass<br />
Frauen <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> ein im Vergleich<br />
zur Allgemeinbevölkerung vielfach<br />
geringeres Risiko (~ zehnfach) haben,<br />
an Brustkrebs zu erkranken. So<br />
war keine von 1278 untersuchten dänischen<br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>-Patientinnen an<br />
Brustkrebs erkrankt, obwohl statistisch<br />
sieben erwartet wurden. Ebenfalls erkrankte<br />
keine von 1012 <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>-Patientinnen<br />
in Finnland (von erwarteten<br />
vier). In einer Studie in den<br />
USA erkrankte eine <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>-Patientin<br />
an Brustkrebs bei erwarteten<br />
zwölf.<br />
Unter Ärzten und Experten wird diese<br />
Beobachtung sehr vielschichtig diskutiert.<br />
So wird u.a. darauf hingewiesen,<br />
dass Menschen <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
sowohl beruflich als auch privat weitaus<br />
weniger <strong>mit</strong> Krebs auslösenden Substanzen<br />
in Berührung kommen als andere<br />
Menschen. Es bleibt schwierig, <strong>mit</strong><br />
diesem Argument speziell das reduzierte<br />
Brustkrebs-Risiko zu begründen.<br />
Auch der Hinweis auf eine kürzere<br />
<strong>Leben</strong>serwartung von Personen <strong>mit</strong><br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> erscheint nicht schwerwiegend<br />
genug. Aktuelle Analysen haben<br />
gezeigt, dass die <strong>Leben</strong>serwartung<br />
von Europäern <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> von<br />
durchschnittlich neun Jahren (1929) auf<br />
60 Jahre (2004) gestiegen ist. Da<strong>mit</strong><br />
steigt auch das Risiko für Brustkrebs.<br />
Eine weitere Ursache wird in einer<br />
veränderten hormonellen Konstitution<br />
der Frauen <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> gesehen.<br />
Sie werden in der Regel selten<br />
schwanger, was nach Analysen von<br />
Frauen ohne <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> das Brustkrebs-Risiko<br />
erhöht. Sie erreichen aber<br />
auch früher die Menopause, was wiederum<br />
einhergeht <strong>mit</strong> einem geringeren<br />
Brustkrebs-Risiko.<br />
Insgesamt erklären diese Argumente<br />
nur unzureichend das stark reduzierte<br />
Brustkrebs-Risiko bei Frauen <strong>mit</strong><br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>. Deshalb wird gegenwärtig<br />
davon ausgegangen, dass dafür<br />
genetische Faktoren, wie eingangs<br />
schon für Frauen ohne <strong>Syndrom</strong> beschrieben,<br />
eine primäre Rolle spielen.<br />
Tumorsuppressor-Gene im<br />
Chromosom 21 identifiziert<br />
Wie allgemein bekannt ist, handelt es<br />
sich beim <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> um eine Genommutation,<br />
der eine Trisomie des