Leben mit - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter
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POSTERKAMPAGNE<br />
Dürfen „die appels“ auch auf das Bild?<br />
Fotoshooting <strong>mit</strong> Felicitas und Tassilo Woll<br />
Endlich das erste Fotoshooting! Fast<br />
hatten wir den Mut schon aufgegeben,<br />
entweder waren die Promis nicht<br />
greifbar oder konnte der Fotograf nicht.<br />
Aber Mitte Juni gab es gleich zwei Fototermine<br />
innerhalb einer Woche.<br />
Das erste Fotoshooting für unsere<br />
Kampagne war das <strong>mit</strong> Felicitas und<br />
Tassilo Woll. Wir hatten uns sehr gefreut,<br />
als sich Felicitas meldete und<br />
spontan erklärte, sie würde gern bei unserer<br />
Posteraktion <strong>mit</strong>machen – natürlich<br />
am liebsten zusammen <strong>mit</strong> ihrem<br />
kleinen Bruder Tassilo. Perfekt, fanden<br />
wir.<br />
Irgendwo außerhalb Kassel, wo die<br />
Familie Woll ziemlich abgelegen auf<br />
dem Land wohnt, trafen wir uns, der Fotograf<br />
Darius Ramazani und seine Assistentin,<br />
eine Visagistin und eine Stylistin.<br />
Auch Olivier Diehr, einer unserer Kreativen<br />
von Heye, war bei diesem ersten<br />
Shooting <strong>mit</strong> dabei, gab es doch wichtige<br />
Dinge <strong>mit</strong> dem Fotografen zu besprechen.<br />
Und weil wir alle schon am Vorabend<br />
dort waren, konnten wir uns<br />
auch über <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> unterhalten.<br />
Ich freute mich über das Interesse der<br />
anderen. Auch die Tatsache, dass sie alle<br />
diesen Job kostenlos machten, zeigte,<br />
dass ihnen am Thema etwas lag.<br />
Bevor am nächsten Morgen <strong>mit</strong> dem<br />
eigentlichen Shooting angefangen werden<br />
konnte, musste eine Reihe Vorbereitungen<br />
getroffen werden. Eine Wand<br />
aus weißem Papier wurde aufgebaut,<br />
Lampen hingestellt und aufgehängt, die<br />
Visagistin baute ihren Schminktisch auf,<br />
die Stylistin brauchte ein ganzes Zimmer<br />
für die Klamotten und stellte immer<br />
neue Kleiderkombinationen zusammen.<br />
Felicitas musste mal dies, mal das anziehen,<br />
wurde geschminkt und frisiert<br />
und das alles bei der Hitze – fast 30 Grad<br />
war es an dem Tag heiß. Graciella, eine<br />
Schwester von Felicitas und Tassilo, versorgte<br />
uns alle <strong>mit</strong> Essen und Trinken.<br />
Ja, und dann war da Tassilo, der<br />
während dieser ganzen Zeit bei Laune<br />
gehalten werden musste, z.B. <strong>mit</strong> Hilfe<br />
seiner beiden Lieblingskasperles, die er<br />
liebevoll „appels“ nennt, oder <strong>mit</strong> einer<br />
Mundharmonika oder <strong>mit</strong> einer ganz<br />
speziellen Musikkassette ...<br />
Alle diese Utensilien brauchte er<br />
auch beim Fotoshooting, denn ihm<br />
konnte man natürlich nicht sagen:<br />
„Setzt dich mal hin, kuck mal in die Kamera,<br />
bisschen links, rechts ...“ Das<br />
funktionierte so nicht. Felicitas musste<br />
sich allerlei Tricks einfallen lassen, um<br />
Tassilo bei der Stange zu halten. Und<br />
Darius musste sehr geduldig sein und<br />
flexibel <strong>mit</strong> seiner Kamera. Da mussten<br />
Pausen eingelegt werden, gerade als<br />
man dachte, jetzt, jetzt haben wir es<br />
gleich. Denn dann fiel Tassilo ein, er<br />
könne doch mal aus dem Raum gehen,<br />
die Tür hinter sich zumachen, dann wieder<br />
anklopfen, auf ein „Herein“ warten<br />
und wieder hineinkommen, nicht als<br />
Tassilo, sondern als Opa, „ich Opa!“. Es<br />
dauerte dann eine Weile, bis sich der<br />
Opa davon überzeugen ließ, dass er jetzt<br />
wieder Tassilo sei.<br />
Als ihm aufgefallen war, wie man<br />
sich in die Papierwand hineinfallen lassen<br />
konnte, <strong>mit</strong> der Folge, dass die<br />
Wand dann ein schönes Loch hatte, war<br />
er kaum mehr zu halten ...<br />
Aber am Schluss war es geschafft<br />
und alle waren zufrieden. Und wenn<br />
man jetzt das schöne Poster sieht, weiß<br />
ich, das stimmt so: Ein kleiner Bruder<br />
<strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> ist manchmal echt<br />
die Hölle, aber ... meistens ist er zum<br />
Knuddeln!<br />
Ich hatte viel Zeit, mich <strong>mit</strong> den Eltern<br />
von Felicitas und Tassilo zu unterhalten,<br />
waren wir beim Shooting eher<br />
Störfaktoren und durften uns nicht einmischen.<br />
Der Familie Woll danke ich für ihre<br />
Gastfreundlichkeit und ihre unkomplizierte,<br />
selbstverständliche Art, uns bei<br />
der Posteraktion zu unterstützen.<br />
Vor allem natürlich Dank an Felicitas<br />
und Tassilo. Ihr wart Spitze!<br />
<strong>Leben</strong> <strong>mit</strong> <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> Nr. 50, Sept. 2005 7