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rik Februar/März 2021

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HISTORISCHES GEDENKEN AUSSERHALB DES BUNDESTAGES<br />

Beim Festakt zum zehnjährigen Bestehen des Denkmals für die im<br />

Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen in Berlin-Tiergarten<br />

am 3. Juni 2018 hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine<br />

historische Rede gehalten und die Opfer der Homosexuellenverfolgung<br />

im Namen der Bundesrepublik erstmals um Vergebung gebeten:<br />

„Mehr als 20 Jahre lang wurden zehntausende Männer in der<br />

Bundesrepublik noch nach dem Paragraphen 175 verhaftet, verurteilt<br />

und eingesperrt. [...] Die Würde von Homosexuellen, sie blieb antastbar.<br />

Zu lange hat es gedauert, bis auch ihre Würde etwas gezählt hat<br />

in Deutschland. [...] Als Bundespräsident ist mir heute<br />

eines wichtig: Ihr Land hat Sie zu lange warten lassen.<br />

Wir sind spät dran. Was gegenüber anderen<br />

Opfergruppen gesagt wurde, ist Ihnen bisher<br />

versagt geblieben. Deshalb bitte ich heute um<br />

Vergebung – für all das geschehene Leid und<br />

Unrecht, und für das lange Schweigen, das<br />

darauf folgte.“<br />

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier<br />

FOTO: DEUTSCHER BUNDESTAG / ACHIM MELDE<br />

GESELLSCHAFT 17<br />

KOMMENTAR:<br />

DAS REICHT NICHT!<br />

Der Bitte des Bundespräsidenten um Vergebung zu entsprechen,<br />

fällt Opfern, deren Existenzen vernichtet wurden,<br />

und deren Angehörigen und Erben sicher nicht einfacher,<br />

wenn jedem gesetzgeberischen Fortschritt in Richtung<br />

Würde und Gleichberechtigung ein langer zäher Kampf<br />

gegen die Schäubles und Seehofers dieser Republik vorangeht.<br />

Man denke nur an die jüngst unsägliche Weigerung im<br />

Rahmen der Schaffung eines dritten Geschlechtseintrages,<br />

gleich das verfassungswidrige Transsexuellengesetz zu<br />

streichen und durch ein selbstbestimmtes Personenstandsrecht<br />

zu ersetzen. Oder an den mühsamen und<br />

langen Weg zur Aufhebung des gesetzlichen Eheverbots<br />

für Homosexuelle, mit ihren Einschränkungen für lesbische<br />

Mütter hierzulande, in Österreich mit einem Ausschluss<br />

binationaler Paare. Die Liste ist lang.<br />

Von der katholischen Kirche über die CDU/CSU bis hin zur<br />

AfD gibt es nach wie vor Kräfte, die Menschenrechte nur so<br />

lange hochhalten, wie sie ihnen Vorteile bringen und Privilegien<br />

nicht einschränken. Wenn doch, haben sie offenbar<br />

diebische Freude daran, ihre traditionellen und/oder durch<br />

die Mehrheitsgesellschaft automatisch zugebilligten<br />

Privilegien bis aufs Messer zu verteidigen.<br />

Ein Blick auf die Homosexuellenverfolgung und ihre<br />

Überwindung könnte den Geist öffnen: Gleiche<br />

Rechte und Gleichberechtigung schaffen letztere<br />

Privilegien gar nicht ab, sie billigen sie nur auch<br />

anderen zu.<br />

*Christian Knuth

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